0887 - Das Horror-Pendel
haben.«
»Dabei liebe ich Geisterbahnen.«
Sie lachte, so daß zwei Goldzähne funkelten. »Herrlich. Da sind Sie genau richtig.«
»Wieso?«
»Vier Geisterbahnen sind auf dem Dom vertreten, wenn ich mich nicht täusche. Es können auch drei sein, ist ja egal. Aber sie kommen auf Ihre Kosten, glauben Sie mir.«
»Man hat mir von einem Psycho-Haus erzählt.«
»Ja, das gibt es auch.«
»Kennen Sie es?«
Die Frau wrang ihre Lappen aus. »Nun ja, nicht direkt. Ich selbst war noch nicht drin. Es ist auch keine Geisterbahn, aber eine Bekannte war ganz begeistert davon.«
»Ist es so schaurigschön?«
»Kann man sagen. Sie sitzen ja nicht in einem Wagen und werden gefahren, Sie müssen sich oft durch stockfinstere Gänge tasten und werden immer dann, wenn Sie nicht damit rechnen, erschreckt.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte sich.
»Oh, da sind Kunden…«
»Danke für den Rat.«
»Bitte, bitte, gern geschehen.«
»Der Fisch war super.«
»Bei mir immer.«
Harry mußte lächeln. Diese Frau hatte ihm gefallen. Sie war von echtem Schrot und Korn, die hätte sogar auf die Bühne des Ohnsorg-Theaters gepaßt.
Der Dom lag zwar nicht allzu weit entfernt, aber Harry wollte trotzdem nicht zu Fuß gehen, deshalb hielt er Ausschau nach einem Taxi. Lange brauchte er hier, nahe der Eibbrücken nicht zu suchen, und der Fahrer nickte, als er das Fahrziel hörte.
»Da haben Sie sich aber eine gute Zeit ausgesucht.«
»Warum?«
»Sie brauchen sich nirgendwo anzustellen.«
»Das glaube ich auch.« Harry lachte. »Ist ja auch schlimm, wenn man bei einem solchen Wetter warten muß.«
»Da trinken Sie am besten einen Grog, damit läßt sich auch die längste Wartezeit aushalten.«
»Sie sind Kenner, wie?«
Der Fahrer schabte über sein kurzgeschorenes Haar. »Na ja, irgendwo schon. Wer so lange durch die Stadt fährt wie ich, kennt natürlich alle Feinheiten und auch Tücken.«
»Auch die, die den Dom betreffen?«
»Klar doch.«
»Wie sie hören, bin ich fremd hier. Was muß man eigentlich auf dem Dom erlebt haben?«
»An Karussells oder so?«
»Genau.«
Sie hielten vor einer roten Ampel. »Das Riesenrad ist natürlich Pflicht. Da haben Sie einen wunderbaren Blick über die Stadt. Einmalig sage ich Ihnen.«
»So hoch wollte ich an sich nicht hinaus. Ich bleibe lieber auf dem Boden. Jemand hat mir da von einer besonderen Attraktion erzählt. Es soll da ein Psycho-Haus geben.«
»Stimmt.«
»Sie sagen das so trocken.«
Die Ampel sprang um, das Taxi setzte sich wieder in Bewegung.
»Na ja, ich habe keinen Draht zu diesen Dingen, wenn Sie verstehen. Das ist alles nicht echt, das ist Illusion, da machte man Ihnen oder dem Besucher etwas vor.«
»Kennen Sie denn das Haus?«
»Ich war mal drin, mit Verwandten vom Land. Ist nicht schlecht, alles wurde gut gemacht, aber ich kann darauf verzichten.«
»Mai sehen.«
Der Fahrer zog seinen schmalen Mund noch breiter, als er Harry anlächelte. »Sie scheinen wohl ein Faible für Grusel zu haben.«
»Mich interessieren Geisterbahnen.«
»Dann haben Sie auf dem Dom die freie Auswahl.« Er deutete nach vorn. »Eine tolle Kulisse, nicht?«
Das war sie in der Tat. Harry Stahl zeigte sich beeindruckt. Er sah das gewaltige Riesenrad, das wie ein riesiges Auge alles andere überragte. Er entdeckte auch die Aufbauten der Achterbahn mit ihren dreifachen Loopings, und darunter zeichneten sich die Dächer der zahlreichen anderen Attraktionen ab. Dies alles war auf einem großen Gelände aufgebaut worden, mit breiten Straßen und Wegen zwischen den einzelnen Buden, damit auch die Besucher Platz genug hatten.
»Ich fahre direkt bis zum Eingang vor!« entschied der Fahrer.
»Danke, das ist nett. Eine Frage noch. Wie komme ich am schnellsten zu diesem Psycho-Haus? Damit möchte ich nämlich anfangen.«
»Kein Problem. Sie brauchen nicht weit zu gehen. Halten Sie sich rechts.«
»Wunderbar.«
Sie stoppten wenig später. Harry zahlte die Gebühr, gab ein Trinkgeld, und der Fahrer wünschte ihm noch viel Spaß. »Danke, den werde ich wohl haben.« Stahl stieg aus und schlug die Tür zu.
Gut geschauspielert, dachte er.
Ob er tatsächlich viel Spaß haben würde, stand noch längst nicht fest.
Der Wagen rollte davon. Stahl blieb für einige Sekunden stehen und schaute sich die Bauten aus der Nähe an. Der Anblick des Riesenrads erinnerte ihn auch jetzt wieder an den Wiener Prater. Es drehte sich sehr langsam und gemächlich. Um diese Zeit waren nur die
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