0887 - Die Verschollenen
sogar befugt gewesen, ihm eine Rückkehr ins Torgnisch-System zu verweigern, und das wäre für ihn - wie für jeden anderen Wyn-ger auch - schlimmer gewesen als eine Degradierung.
„Ich hoffe es", entgegnete der Kryn und schaltete ab.
Kaistell blickte zornig auf den Bildschirm, der sich vor ihm erhob. Am meisten ärgerte ihn, daß er machtlos gegen den Kryn war.
Er warf die Haltegurte ab und stand auf. Forschend blickte er sich in der Zentrale um. Die anderen Offiziere wichen seinen Blicken aus. Jeder von ihnen wußte, daß er ungerecht behandelt worden war. Und jeder fürchtete sich, nun von ihm angefahren und ähnlich ungerecht behandelt zu werden.
„Keine Sorge", sagte Kaistell mit bebender Stimme. „Ich habe mich in der Gewalt. An Ihnen werde ich meinen Zorn nicht auslassen."
Einige der Offiziere hoben den Kopf und blickten ihn prüfend an. Ihre Mienen entspannten sich.
„Ortung", rief einer der Offiziere.
Im ersten Moment hielt Kaistell diese Meldung für einen schlechten Scherz, mit dem der Offizier versuchte, ihn aufzuheitern. Er fuhr herum und öffnete den Mund zu einer geharnischten Bemerkung, als er den Ortungsreflex auf dem Bildschirm sah. Die Worte erstarben ihm auf den Lippen.
Eilig setzte er sich wieder und tippte einige Daten in den Computer. Vor ihm auf den Monitorschirmen erschienen Schriftbilder. Sie zeigten ihm an, wann und in welchem Sektor mit anfliegenden Raumschiffen zu rechnen war.
Das geortete Raumschiff paßte nicht ins System!
„Es ist ein fremdes Raumschiff", erklärte der Ortungsoffizier. Dann korrigierte er sich: „Nein, fremd ist falsch. Es ist ein Schiff unserer Bauart, aber es muß uralt sein."
Kaistell setzte sich neben dem Ortungsoffizier in einen freien Sessel. Er zwang sich zur Ruhe und hielt die Worte zurück, die sich ihm auf die Lippen drängten. Immer wieder hämmerte er sich ein, daß dies seine große Chance war, die er auf keinen Fall vertun durfte. Die geringste Voreiligkeit konnte bereits alles verderben.
Nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß der Ortungsoffizier richtig beobachtet hatte, wechselte er zum Funkleitstand über. Die Funkoffiziere blickten ihm entgegen und erwarteten seine Befehle.
„Anfunken", sagte er. „Ich will wissen, wer das ist."
Anhand der Ortungsinstrumente stellte er fest, daß das fremde Ojekt verzögerte. Das wertete er als eindeutigen Beweis dafür, daß es das Torgnisch-System als Ziel anstrebte. Er führte eine Kursberechnung durch, teilte das Ergebnis seinen Offizieren jedoch noch nicht mit, weil er sich nichts aus der Hand nehmen lassen wollte.
Wenn das andere Raumschiff diesen Kurs beibehielt, würde es in die Verbotene Zone fliegen.
So etwas war ihm während seiner Laufbahn als Kommandant noch nicht passiert.
„Sie melden sich, Kaistell", rief der Funkleitoffizier.
Kaistell schob einen der Offiziere zur Seite und setzte sich selbst hinter eines der drei Mikrophone.
„Wer sind Sie?" fragte er rundheraus. „Hier spricht Kommandant Kaistell von der 3-AITHOR als vorgeschobene Autorität des Torgnisch-Systems. Identifizieren Sie sich und begründen Sie Ihren Kurs."
Vor ihm auf den Bildschirmen erschien das scharfgeschnittene Gesicht eines Fremden mit roten Augen, kupferfarbenen, kurzgeschorenen Haaren und einer überaus glatt und geschmeidig wirkenden Haut, die einen lindgrünen Schimmer hatte. Er hatte nie ein Wesen von derartigem Äußeren gesehen, und doch kam es ihm irgendwie bekannt und vertraut vor.
Die Antwort des Fremden war wie eine kalte Dusche für ihn.
„Sollte es möglich sein, daß Sitte und Anstand im Verlauf der Zeiten derartig verfallen sind, daß man es sich erlaubt, uns eine subalterne Figur entgegenzuschicken?" fragte der Fremde in kaum verständlicher Sprache. Kaistell hätte fraglos kein Wort verstanden, wenn die positronischen Übersetzungen nicht eingeschaltet gewesen wären, wie es selbstverständlich war, wenn man Kontakt mit Unbekannten aufnahm. Immerhin erfaßte er, daß der Fremde in einem wyngetischen Dialekt sprach.
Das Blut schoß ihm in die Wangen. Er hatte den Verweis durch den Kryn noch nicht verkraftet und mußte nun bereits die nächste Demütigung hinnehmen.
„Ich habe eine klare Forderung gestellt", erwiderte er in betont scharfern Ton. „Antworten Sie. Identifizieren Sie sich, oder wir werden Sie mit einer ganzen Flotte angreifen und vernichten. Ich bin gezwungen, Sie als Feindobjekt einzustufen, wenn Sie mir nicht augenblicklich Ihre Identifikation
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