0888 - Angriff auf die Vampirstadt
Vampir nie verloren, auch wenn sie ihm nicht mit so offenem Hass begegnete wie der Silbermond-Druide Gryf. Obwohl sie nachher selbst mit Fu Longs Vampirsoldaten Seite an Seite gekämpft hatte, war sie sichtbar erleichtert gewesen, als sich der Vampir mit seiner Familie nach Choquai zurückgezogen hatte.
Choquai. Zamorras Magen krampfte sich zusammen, wenn er nur an die goldene Stadt der Vampire dachte. Er wusste nicht einmal, wie lange er in Kuang-shis Reich gelebt hatte. Da der Dämonenjäger körperlich nicht mehr alterte, seit er das Wasser aus der Quelle des Lebens getrunken hatte, war die Zeit in der Vampirstadt auch äußerlich völlig spurlos an ihm vorüber gegangen. Das einzige, an das sich Zamorra noch erinnern konnte, war sein letztes Gespräch mit Fu Long in Kuang-shis Thronsaal.
Werden wir uns wiedersehen?
Ich glaube nicht, mein Freund. Aber zum Abschied habe ich noch ein Geschenk für dich.
Dann hatte Fu Long mit beiden Händen Zamorras Kopf ergriffen und seine Erinnerungen an alles blockiert, was zuvor geschehen war. Und der Dämonenjäger hatte instinktiv gespürt, dass' es gut so war. Es gab Wissen, das besser für ewig begraben blieb.
Nicole riss den Parapsychologen aus seinen Grübeleien. »Selbst wenn es eine gute Idee wäre, wie würdest du Fu Long erreichen wollen? Ich glaube kaum, dass der in seinem mythischen Vampirreich ein Telefon hat.«
»Ich könnte mit Merlins Stern ein Weltentor schaffen.«
»Ja, aber wohin? Wir wissen nicht einmal ansatzweise, wo Choquai liegt und wie wir es anpeilen können.«
Zamorra trank den letzten Schluck Kaffee. Das bittere Gebräu war längst kalt geworden. Aber immerhin fühlte sich der Dämonenjäger inzwischen wieder etwas mehr unter den Lebenden.
»Auch wieder wahr. Aber irgendwas müssen wir tun. Oder willst du hier sitzen und Däumchen drehen, während irgendwo vielleicht ein blutrünstiger Götterdämon seine Rückkehr in unsere Welt vorbereitet?«
Nicole zog die Augenbrauen hoch. »Wohl kaum. Also gut, schauen wir mal, was das Internet an Neuigkeiten aus der Welt des Schaurigen und Bizarren zu bieten hat.«
Nicole wollte sich gerade dem Computerbildschirm zuwenden, als eine unharmonische Tonfolge ertönte. Zamorra kannte das wenig ohrenfreundliche Signal nur zu gut. Ihr persönlicher Computerspezialist Olaf Hawk hatte es vor einiger Zeit für den Fall eingerichtet, dass eine mit wichtig gekennzeichnete Mail von Pascal Lafitte eintrudelte.
Lafitte wohnte in dem Dorf unterhalb des Châteaus und durchforstete für die Dämonenjäger regelmäßig Zeitungen und Internetseiten aus aller Welt nach Hinweisen auf paranormale Aktivitäten. Eine als wichtig deklarierte Nachricht bedeutete, dass Lafitte auf etwas wirklich Außergewöhnliches gestoßen war, das keinen Aufschub duldete.
Sofort war Zamorra bei Nicole und blickte ihr über die Schulter. Gemeinsam lasen sie das Dossier, das der Dorfbewohner für sie zusammengestellt hatte. Dann sah Nicole ihren Lebensgefährten und Kampf partner fassungslos an. Die schöne Französin war bleich geworden, ihre Lippen formulierten nur ein Wort.
»Tulis-Yon?«
***
Einige Tage zuvor
Lucifuge Rofocale war kein besonders großmütiger Herrscher. Und von all seinen Untertanen waren die teuflischen Archivare wahrscheinlich diejenigen, die er am meisten verachtete. Die Welt schien für diese wolfsartigen Kreaturen nur aus Büchern und verstaubten Dokumenten zu bestehen. Was in ihnen nicht zu finden war, fand für sie nicht statt.
Satans Ministerpräsident hatte keine Ahnung, wie es zu dieser bizarren Laune der höllischen Evolution hatte kommen können. Aber er musste zugeben, dass diese sonderbaren Dämonen manchmal recht nützlich waren, kramten sie doch mit größter Akribie Geheimnisse hervor, die andere am liebsten für immer und ewig begraben hätten.
Und jetzt sollten sie ihm helfen, das Problem Stygia zu lösen. Es war schlimm genug, dass die machtgierige Fürstin der Finsternis seit Jahren an seinem Thron sägte. Doch jetzt brachte sie mit ihren Eskapaden sogar die Schwefelklüfte selbst in Gefahr. Es war noch nicht lange her, dass es dem Jäger Jean Fournier durch ihre Schuld beinahe gelungen wäre, die Existenz der Hölle öffentlich zu beweisen. Im Fernsehen. [2]
Das musste ein Ende haben, ein für allemal. Deshalb hatte Satans Ministerpräsident den teuflischen Archivaren einen klaren Auftrag gegeben: »Sucht mir etwas, mit dem ich Stygia vernichten kann!«
Die Wolfsköpfigen erwarteten ihn
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