0888 - Bis die Würmer dich zerfressen
bestehen.«
»Verständlich.«
Suko schaute auf die Uhr. Er war leicht beunruhigt und gab dies indirekt zu verstehen. »Ich werde mal nach dem Pfarrer schauen, wenn ihr nichts dagegen habt.«
»Tu das.«
Der Inspektor verschwand, und Heinz Hollmann wollte wissen, ob was nul dem Pfarrer wäre.
»Bisher noch nicht. Wir haben ihn nur nicht gefunden. In seinem Haus brennt kein Licht.«
»Dann wird er doch schon zu Bett gegangen sein.«
»Das wollen wir ja überprüfen.«
»Meinen Sie denn, daß er eine gewisse Rolle in diesem Fall spielt, John?«
»Ich weiß es nicht, aber ich glaube, daß dieser Fall nicht nur auf das verfallene Castell beschränkt bleibt. Ich kann mir denken, daß zumindest der Geistliche von Los Cantos mehr weiß. Er konnte uns auch sehr gut den Weg beschreiben, aber das ist kein objektives Kriterium.«
Suko und der Abbé kehrten zurück. Wir erfuhren, daß sie den Pfarrer nicht gefunden hatten. »Wir haben geschellt«, sagte Bloch, »aber es öffnete niemand. Und so tief kann keiner schlafen, daß er den scheppernden Klang der Glocke überhört hätte.«
»Hast du schon in der Kirche nachgeschaut?« wollte Suko wissen.
»Nein.«
»Das sollten wir tun.«
»Ich bleibe hier bei unserem Gast«, sagte Bloch, »jetzt seid ihr mal an der Reihe.«
Wir waren einverstanden, und Suko bemerkte sehr treffend, als er neben mir herging: »Die Nacht ist noch nicht zu Ende, John. Sie kann noch lang lang werden.«
»Willst du dich nicht deutlicher ausdrücken?«
»Nein, laß mal.«
Ich blieb vor der schmalen Kirchentür stehen. Sie war ein dunkler Fleck in der hellen Mauer. Vor der Tür lagen Steinplatten, die den körnigen Kies unterbrachen.
Es war noch kälter geworden. Wie ein unendliches, dunkles Segel bedeckte die Finsternis den Himmel. Nichts rührte sich in unserer Nähe.
Der Wind war fast eingeschlafen. Wie kalte Fingerspitzen streichelte er unsere Haut. Straßenlampen grüßten wie verlorengegangene Seele.
Weiter entfernt, wo sich die Straße durch die Bergwelt schlängelte, sahen wir nicht ein Scheinwerferpaar, das in die Dunkelheit stach. Los Cantos war wirklich ein verlassener Ort. Uns kam er vor, als würde er am Ende der Welt liegen.
Suko deutete auf die Klinke aus schwerem Gußeisen. »Was immer du auch gedacht hast, Alter, du solltest das Naheliegende nicht vergessen. Zu viel Zeit haben wir auch nicht.«
»Ja, ja, schon gut.« Ich öffnete die Tür und lauschte den fast menschlich klingenden Geräuschen, die von quietschenden Angeln stammten, als diese sich bewegten. Im Vorraum brannten einige Kerzen.
Die Tür zogen wir nicht ganz zu. Durch den Spalt wehte der Wind wie ein kalter Geist.
Nebeneinander gingen wir her. Leise, unsere Schritte waren kaum zu hören. Wir bewegten unsere Köpfe, ich schaute nach links, Suko zur anderen Seite hin.
»Etwas stimmt hier nicht«, murmelte er.
»Wieso?«
»Ich kann es dir nicht erklären, aber ich habe den Eindruck, daß sich hier in der Kirche seit unserem ersten Besuch einiges verändert und geändert hat.«
Seine Worte hatten auch mich mißtrauisch gemacht, denn ich kannte meinen Freund. Aus Spaß oder nur, um mich zu beunruhigen, sagte er so etwas nicht. Aber mir war wirklich nichts aufgefallen. Noch nicht. Das änderte sich, als wir vor dem Altar stehenblieben.
Die Kerzen darauf gaben genügend Licht, um auch die Wand dahinter sehen zu können. Es entstanden große Schatten, doch ein Schatten stammte nicht vom Licht der Kerzen!
Suko sprach aus, was ich dachte. »Hat dort nicht ein Kreuz gehangen, John?«
»Ich bin mir da ziemlich sicher.«
»Und jetzt ist es weg. Warum?«
Ich hob die Schultern, ließ ihn stehen und schaute mir die linke Wand an.
Wenn ich mich recht erinnerte, hingen dort nicht nur Bilder, ich hatte auch Kreuze gesehen.
Hatte, aber jetzt waren sie verschwunden!
Auf der anderen Seite schaute sich Suko die Wand an. Er leuchtete sie sogar mit seiner kleinen Lampe an, und vor dem Altar trafen wir wieder zusammen.
»Kein Kreuz mehr.«
Ich deutete nach vorn. »Und auch kein Tabernakel. Jemand hat alles zur Seite geschafft.«
»De Luca?«
»Wer sonst?«
»Aber warum?« flüsterte Suko. »Verflixt noch mal, warum hat er das getan?«
Ich zog den Mund schief. »Das mußt du nicht mich fragen, sondern ihn.«
»Ja, falls oder wenn wir ihn gefunden haben.« Er ließ mich stehen. »Ich sehe mich mal in der Sakristei um.«
»Tu das.«
Mein Freund verschwand. Sein Vorsatz war zwar löblich, doch ich glaubte nicht
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