0888 - Bis die Würmer dich zerfressen
Warnungen in meinem Gehirn, aber ich bekam keine konkrete Botschaft. Die Gefahr ist vorhanden, nur hat sie sich auf ein bestimmtes Zentrum konzentriert. So gesehen ist sie allgegenwärtig in Los Cantos.«
»Wie können wir ihr begegnen?« fragte ich.
»Das weiß ich nicht.«
Mir wollte das nicht gefallen, und ich schüttelte den Kopf. »Es muß doch etwas geben, das wir angreifen können. Ich habe in diesem Castell Amero gesehen, die Wurmgestalt. Er ist…«
»Die Zentrale, John«, sagte der Abbé. »Von ihm geht es aus. Er ist der Herrscher, und er ist zugleich der Parasit, der es geschafft hat, den Ort zu überfallen und in Besitz zu nehmen.«
»Dann ist er hier?«
Bloch hob die Schultern. »Das weiß ich nicht genau. Zumindest ist die Gefahr hier oder sein Einfluß.«
»Den dann auch der Priester gespürt haben muß.«
»Das ist durchaus möglich.«
»Vielleicht lebt er nicht mehr«, murmelte Suko. Keiner von uns widersprach.
Wir standen in der Dunkelheit der Nacht und waren schon ratlos.
Dabei hatten wir einen Verletzten im Wagen, der behandelt werde mußte. Ob es hier in Los Cantos einen Arzt gab, war mehr als fraglich, ich glaubte nicht daran, zumindest aber gab es einen kleinen Friedhof an der Rückseite der Kirche.
Ich schlug vor, den Pfarrer zu suchen. Da wir irgendwo mit der Suche beginnen mußten, entschieden wir uns dafür, erst einmal den Friedhof zu durchstreifen.
»Ich werde nicht mitgehen«, sagte Bloch. Er deutete auf den Wagen.
»Jemand muß in seiner Nähe bleiben. Es ist durchaus möglich, daß Amero es zum zweitenmal versucht und ihn angreift.«
Wir waren einverstanden.
»Wenn etwas sein sollte, ruft!«
»Wird gemacht, Abbé.«
Als wir gingen, hörten wir ihn leise beten…
***
Schon nach wenigen Schritten stellten wir fest, daß der Wind stark aufgefrischt hatte. Wir hatten es nur nicht bemerkt, weil uns die Mauer der Kirche den nötigen Schutz gegeben hatte. Das war auf der anderen Seite nicht mehr der Fall. Da hatte der Wind freie Bahn und blies in unsere Gesichter.
Die Luft schmeckte nach Staub. Sie war gleichzeitig klar und kalt. Es würde bald schneien, das stand auch fest. In der Ferne bildete die Landschaft eine düstere Kulisse.
Es war in der Höhe nicht besonders klar. Den Mond sahen wir nur als verschwommenen Fleck, und auch die Sterne hielten sich vornehm zurück.
Der Hintergrund interessierte uns nicht. Vor uns lag der kleine Friedhof, und der war wichtiger.
Nicht zum erstenmal befand ich mich auf einem Dorffriedhof in Spanien.
Da kannte ich mich schon aus und hatte auch manch böse Überraschung erlebt. Sie glichen sich irgendwo alle. Sie waren gepflegt. Die Grabsteine und Kreuze mit den Bildern der Verstorbenen zeugten von dem großen Respekt, den die Lebenden den Toten entgegenbrachten.
Das Gelände des Friedhofs fiel etwas ab, nicht seht steil, aber die Gräber standen schon an einem Hang.
Wir hatten unsere Leuchten hervorgeholt. Die dünnen Finger strichen durch die Finsternis, sie erfaßten die Gräber, die Grabsteine, die Kreuze, die Engel und Figuren, mit denen die letzten Ruhestätten geschmückt waren. Blumen und Weihwasserbecken waren ebenfalls vorhanden, aber auch die typischen Grabpflanzen. Die Wege zwischen den Gräbern waren gepflegt. Auf den breiteren schimmerte heller Kies, die schmalen waren mit dunklen Steinen belegt.
Ein normaler Dorffriedhof beim ersten Hinsehen, wie auch Suko meinte.
»Sollten wir ihn nicht trotzdem durchsuchen?« fragte er anschließend.
»Wen willst du finden?«
»Ich weiß es nicht. Wenn der Abbé recht hat, dann muß Amero diesen Ort schon unter seiner Kontrolle haben. Die Kirche ist leergeräumt von Gegenständen, die er nicht mag. Also ist bereits auf dem Weg…«
Ich nickte gedankenverloren und fragte leise: »Wer ist er, Suko? Wer ist er?«
»Das mußt du doch besser wissen. Du hast ihn schließlich gesehen. Im Gegensatz zu mir.«
»Ja, ich sah ihn auch. Ich sah eine menschliche Gestalt, einen Umriß, aber diese Gestalt oder dieser Umriß gehörten keinem normalen Menschen. Es war eine Unperson, deren Körper sich aus zahlreichen Würmern zusammensetzte. Der Herr der Würmer, wie auch immer. Dieser verdammte Amero hat es geschafft und…«
»Sei ruhig!«
Ich verstummte mitten im Satz und sah, daß Suko auf sein Ohr deutete.
Er hatte also etwas gehört.
Auch ich konzentrierte mich. Wir lauschten in die Dunkelheit und in die Stille hinein. Auf den Schwingen des Windes wurde ein unheimlich klingendes
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