0888 - Bis die Würmer dich zerfressen
krochen am Kinn und am Hals entlang nach unten, und es war zu sehen, daß sich der Pfarrer aus eigener Kraft nicht mehr auf den Beinen halten konnte.
Suko und ich stützten ihn gemeinsam. Wir hatten ihn zwischen uns in die Mitte genommen. Wir hörten ihn jammern und keuchen, und er bewegte sich auch voran. Seine Schritte waren schleifend und langsam, und Würmer krochen auch weiterhin aus seinem Mund.
Sogar aus den Nasenlöchern drangen sie. Als ich das sah, spürte ich einen unwahrscheinlichen Haß auf diesen verfluchten Amero. Ihm war dieses Grauen zu verdanken.
Ich holte ebenfalls tief Luft und hatte schon das Gefühl, Würmer auf der Zunge zu schmecken.
Das war Unsinn, aber bei de Luca stimmte es.
Zudem wußte er, was er getan hatte. Er hätte sich nicht sonst als Verräter bezeichnet. Er hatte seinen Glauben, er hatte die Kirche verraten, er hatte sogar dafür gesorgt, daß Amero in die Kirche hineingehen konnte, denn es gab keine Kreuze oder andere Symbole mehr, die ihm den Eintritt verwehrt hätten.
Wir schleppten ihn über den Friedhof. Jeder Schritt bereitete ihm Qualen.
Wir mußten ihn zu einem Ort bringen, wo wir mit ihm reden konnten.
Er wußte einiges, er würde uns über Amero aufklären, und wir mußten auch versuchen, ihn von dieser magischen Wurmpest zu befreien, was allerdings nicht einfach sein würde.
Der Abbé hatte uns bereits gehört und kam uns entgegen. Er sah, in welch einer Lage sich der Geistliche befand, und auch bei ihm zeichnete der Schreck sein Gesicht.
»Mein Gott…«
»Wir gehen in die Sakristei«, schlug ich vor.
Der Abbé handelte schnell. Er öffnete die Kirchentür. Wieder einmal durchliefen wir den Bau, und diesmal blieb der Abbé an unserer Seite.
»Was ist mit Heinz Hollmann?« fragte ich.
»Er schläft.«
»Bitte?«
»Ja, er war so erschöpft, daß er die Augen nicht mehr aufhalten konnte. Soll ich ihn wecken?«
»Nein, nein laß ihn schlafen. Zu Amero wird er uns doch nicht führen können.«
Daß wir mit ihm durch seine Kirche gingen, bekam der Pfarrer nicht mit.
Er schlurfte zwischen uns her, hielt den Kopf gesenkt und schaute auf den dunklen Boden.
Der Abbé war vorgegangen. Wir hörten ihn in der Sakristei. Dort schaltete er auch das Licht ein und wartete auf uns. Nicht einen Blick gönnte der Pfarrer dem Altar. Er hatte ihn vergessen, er war nicht mehr existent, das war ein anderes Leben gewesen, nicht mehr das jetzige.
Als wir den kleinen Raum betraten, hatte der Abbé bereits einen Stuhl zurechtgestellt, auf dem de Luca Platz finden konnte. Das Licht irritierte ihn für einen Moment. Mit dem Übergang vom Dunkel ins Helle kam er nicht zurecht, und er stöhnte plötzlich auf, als sein Blick auf das an der Wand hängende Kreuz fiel. Er mochte es nicht, er schüttelte den Kopf, er stemmte sich gegen unsere Griffe, was ihm nichts einbrachte, denn wir drehten ihn herum und sorgten auch dafür, daß er sich auf den bereitgestellten Stuhl setzten konnte.
Dort blieb er hocken, die Beine ausgestreckt, die Augen halb geschlossen, das Gesicht schweißnaß, die Arme zu beiden Seiten des Körpers nach unten hängend, und aus seinem halb geöffneten Mund drang der Atem stoßweise.
Würmer klebten an seiner Kleidung. Sie waren unterschiedlich groß.
Manche hatten die Länge eines Fingers, andere waren nur halb so groß.
Ein Wurm schob sich noch aus seinem rechten Mundwinkel hervor. Suko klaubte ihn weg, warf ihn zu Boden und zermalmte ihn mit der Hacke. Ein Fleck blieb zurück.
Ich stand praktisch in der Mitte. Der Abbé und Suko links von mir. Bloch schaute den Pfarrer prüfend an, bevor er sagte: »Daß er unter Ameros Einfluß steht, ist zu sehen. Darin sind wir uns einig. Aber wie soll es weitergehen? Willst du ihm diesen Dämon mit deinem Kreuz austreiben, John?«
»Daran habe ich gedacht.«
Schweigen.
Jeder von uns dachte wohl darüber nach, daß es nicht einfach und für den Pfarrer auch gefährlich werden würde, aber wir mußten von ihm wissen, wie es möglich gewesen war, in diesen Zustand hineinzugeraten. Das war nicht so ohne weiteres geschehen, da mußte ein Grund vorhanden gewesen sein. Hieß er Amero, oder hatte diese Unperson noch andere Helfer auf seiner Seite?
Der Pfarrer öffnete die Augen. »Ich bin ein Verräter. Ich bin ein Verräter…«
»Nein, das sind Sie nicht!« widersprach ich. »Sie haben sich nur beeinflussen lassen. Sie haben Amero unterschätzt, aber das läßt sich reparieren, wenn Sie verstehen.«
»Wie… wieso
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