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0889 - Eishauch des Todes

0889 - Eishauch des Todes

Titel: 0889 - Eishauch des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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weiß.«
    Bei der Vorstellung, ein paar hundert Jahre lang einen pubertierenden Drachen um sich zu haben, überlief Zamorra ein eiskalter Schauer. Denn so segensreich es vorhin gewesen war, so chaotisch konnte es zu anderen Zeiten zweifellos werden. Er stellte es sich in etwa so vor wie seine eigene Pubertät - nur um einige Zehnerpotenzen verstärkt. »Das mit dem Gold klingt gut - vielleicht solltest du auch der Einfachheit halber einfach ein paar Millionen auf meine Kreditkarte hexen.«
    Lady Patricia lachte glockenhell; man sah sie nur noch selten unbeschwert fröhlich, seit ihr Sohn in den Mittelpunkt einiger haarsträubender Ereignisse geraten war. »Du hast den Schock von Nicoles Verletzung offenbar überwunden.«
    »Lassen wir sie schlafen«, schlug der Meister des Übersinnlichen vor. »Ich habe da draußen am Pool ein Rätsel liegen, das ich untersuchen muss. Was in aller Welt ist das für eine Kreatur?«
    »Pinocchio«, sagte Rhett.
    Zamorra stutzte - auf diese Assoziation war er noch gar nicht gekommen. »Eine Holzpuppe, die lebendig wird? Aber meines Wissens nach hat Pinocchio nie wie ein Mensch ausgesehen.«
    »Aber er wollte immer ein richtiger Junge sein«, meinte Rhett. »Etwas, das dieser Puppe offenbar gelungen ist. Ein richtiger Junge…«
    Und kein Monster , dachte Zamorra. Er erinnerte sich an die letzten Worte der Puppe, die er per Zeitschau erfahren hatte, ehe sie sich selbst das Messer in die Brust stieß und sich damit tötete. »Ein interessanter Vergleich… wir werden sehen, ob er tatsächlich zum Teil der Wahrheit entspricht.«
    Der Parapsychologe bat die anderen, ihn bei der Untersuchung der Puppe alleine zu lassen. Denn dass sie letztlich nicht so harmlos war wie Pinocchio, das hatte der brutale Mordanschlag mehr als deutlich bewiesen.
    Er hob die Puppe auf und trug sie in den Raum des Châteaus, den er sein Zauberzimmer nannte. Er hielt ihn frei für allerlei magische Experimente. Er wies insofern ideale Bedingungen auf, weil er dort eine Menge magischer Ingredienzien aufbewahrte, von einfacher in Weihwasser getränkter Kreide bis hin zu komplizierten Kräutersuds und diversen getrockneten Insekten - Zamorra kannte sich in den magischen Überlieferungen vieler Völker und Kontinente einigermaßen gut aus.
    Außerdem befanden sich Kopien vieler Zauberbücher im Raum, so dass er leicht die eine oder andere Beschwörung nachschlagen konnte.
    »Werden wir mal sehen, worauf du reagierst«, sagte Zamorra und griff nach einem Regal, in dem er Amulette und Zaubersteine aus allen Ländern aufbewahrte. »Wenn du nicht schwarzmagisch bist, stammst du vielleicht aus einem gänzlich anderen Kulturkreis.«
    Er versuchte es mit asiatischen Gemmen und gewundenen Alraunenwurzeln aus Afrika - vergeblich.
    Er wandte indische Praktiken an - umsonst.
    Er durchlief sämtliche Kulturen und Hexereien aus allen Epochen -keine Reaktion.
    Das Holz der Puppe blieb schlicht und einfach Holz. Nichts wies darauf hin, dass es je gelebt hatte.
    Nach vielen Stunden bemerkte der Meister des Übersinnlichen jedoch eine sehr mysteriöse Entwicklung. Zuerst hielt er es für eine Täuschung, doch als er seine Finger an die toten Wangen legte und sich frühere Eindrücke ins Gedächtnis rief, war er sicher: das seltsame Leben wich weiter aus der Puppe.
    Sie verlor auch in ihrer äußersten Schicht die Geschmeidigkeit und den Eindruck von Fleisch und Haut… und wurde immer mehr zu einem puren Holzklotz.
    Vorsichtig tippte er mit dem Nagel des rechten Zeigefingers auf den Augapfel; er war starr und hart. Und er wirkte auf eine schwer zu definierende Weise viel künstlicher als zuvor. »Wie eine Schnitzerei«, murmelte er.
    »Und wer schnitzt gerade dich?«, fragte Nicole.
    Zamorra schreckte auf. Er hatte sie nicht kommen hören, so sehr war er in Gedanken versunken gewesen. »Was? Du… du bist wach? Wie geht es dir?«
    »Prima.« Sie tippte auf ihr Shirt, unter dem sich ein dicker Verband abzeichnete, der sich quer über den Brustkorb zog. »Du müsstest das neckische Accessoire sehen, das mir der Doktor verpasst hat! Sexy, sexy, sag ich dir…«
    Da erst nahm Zamorra den Inhalt von Nicoles ersten Worten wahr. »Was hast du eben gesagt?«
    »Sexy.« Sie lächelte.
    »Vorher! Du findest, die Puppe sieht aus wie… ich?«
    »Naja, ein bisschen jedenfalls. So als hätte es jemand versucht und nicht richtig hinbekommen.«
    Da klickte es bei Zamorra. Wie hatte die Puppe gesagt?
    Nur er muss sterben. Wegen mir. Weil er er

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