089 - Das Heer des Untoten
doch Taffy, oder Mr. Hunter?" sagte Mrs. Bedford plötzlich. „Sagten Sie nicht selbst, daß Sie den Vers von der Alten erhalten haben?"
Alle starrten Dorian an. Der Dämonenkiller nickte.
„Darüber denke ich nach, seit ich den Reim gelesen habe. Ich dachte in der Tat, ich sei Taffy. Ich dachte, die Uhr, die ich damals aus dem Haus genommen habe, könnte das Stück vom Ochsen sein. Ich war ein Welscher und ein Dieb. Ich habe mich viel mit okkulten Dingen beschäftigt. Deshalb unterschätze ich die Kräfte der Hexe nicht…"
„Sie glauben daran? An Hexen? Sie halten sie für eine…" unterbrach ihn Mrs. Bedford.
„Wir wissen alle, daß sie eine ist. Wir haben alle ihre Macht schon einmal gespürt. Sonst wären wir nicht hier", erklärte Jeffers mit Nachdruck. „Machen wir uns wenigstens in diesem Punkt nichts vor."
Schweigen folgte diesen Worten.
„Weshalb glauben Sie jetzt nicht mehr, daß Sie Taffy sein können?" fragte Mr. Bedford in die Stille. „Ist es Ihnen nicht aufgefallen?" Dorian Hunter deutete auf das Buch. „Sie hat den Reim anders gesagt, als er im Buch steht. Was Taffy mitnahm, ist nicht mehr ein Stück des Ochsen, sondern eine Seele… "
„Ihre Lebensuhr", unterbrach ihn Jeffers.
„Möglich", gab Dorian zu. „Aber ich bezweifle, daß ich mit diesem kleinen Diebstahl die größte Schuld von uns allen auf mich geladen haben soll. Wie wäre es, wenn jeder erzählt, was er bei seinem ersten Besuch in diesem Haus erlebt hat?"
„Ein akzeptabler Vorschlag", stimmte Jeffers zu. „Aber…"
Er brach ab, als ein schriller Schrei vom See herüberklang.
„Mrs. de Mille!" entfuhr es Jeffers.
Ein zweiter Schrei folgte, näher diesmal. So schrie nur jemand vor Entsetzen und Todesfurcht.
Der Dämonenkiller lief aus dem Zimmer. Als er die Haustür erreichte, wurde sie bereits aufgestoßen. Mrs. de Mille stolperte mit aschfahlem Gesicht in die Halle. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie rang nach Atem und klammerte sich an Dorian fest.
„Was ist?" rief Jeffers hinter ihnen.
Die Frau deutete stumm durch die offenstehende Tür. Aber in den dichten Schleiern des Regens war nichts zu erkennen. Oder doch? Dorian glaubte, einen Schatten zu sehen, der einen Augenblick verhielt und dann verschwand. Aber die Phantasie mochte ihm einen Streich gespielt haben.
„Schließen Sie die Tür, Jeffers", bat er und hob die zitternde, durchnäßte Gestalt hoch, um sie zurück ins Zimmer zu tragen. Er legte sie auf eine Bank, wo Williams sich um sie kümmerte. Die Bedfords standen erschrocken dabei.
Nach einem Augenblick erholte sich Mrs. de Mille soweit, daß sie stammelnd berichten konnte. Sie hatte eine Gestalt gesehen, die auf sie zukam, eine grauenvolle Gestalt, die gräßliche Laute von sich gab und aus dem See gekommen war.
„Aus dem See?" entfuhr es Mr. Bedford. Sein Gesicht war bleich.
Er ging zum Fenster, und seine Frau folgte ihm. Auch Jeffers starrte hinaus.
„Ich habe schon lange keinen solchen Regen erlebt", murmelte er. „Man sieht keine zwei Schritte weit. Sie kann sich auch getäuscht haben."
„Nein! Nein!" keuchte Mrs. de Mille. „Ich habe mich nicht geirrt!"
Dr. Williams versuchte, sie zu beruhigen.
„Jetzt sind Sie jedenfalls in Sicherheit. Sobald es etwas aufhört zu regnen, werden wir uns draußen gründlich umsehen. Jetzt bleiben Sie erst mal ruhig wie wir alle und warten ab. Wenn wir einen klaren Kopfbehalten, werden wir schon aufklären, was hier vorgeht. Wenn wir alle hysterisch durch die Gegend laufen, können wir das sicher nicht. Also, ich schlage vor, wir gehen alle auf die Zimmer, die uns zugeteilt werden. Keinem wird es schaden, ein wenig nachzudenken, vor allem darüber, warum er hier ist. Sobald dieses Unwetter vorüber ist, sehen wir weiter."
„Sollten wir nicht lieber zusammenbleiben?" meinte Mr. Bedford.
Das Mädchen trat ein, und die Gespräche verstummten. Diesmal nahm sie die Bedfords und Jeffers mit.
„Bedford benimmt sich ein bißchen eigentümlich", brummte Williams. „Finden Sie nicht?"
„Er weiß mehr, als er eingesteht", erwiderte Dorian. „ Er hat Angst, und er weiß, warum er Angst hat."
„Was hindert uns daran, einfach zu gehen?" fragte Williams nachdenklich.
„Was Mrs. de Mille gehindert hat", erklärte Dorian. Er war ziemlich sicher, daß sie etwas gesehen hatte - etwas, das da draußen lauerte.
„Sie meinen…" entfuhr es Williams.
„Ich glaube, daß es stimmt, was das Mädchen gesagt hat: daß wir hier im Haus am sichersten
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