089 - Lebende Leichen

Titel: 089 - Lebende Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent

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Tentscherts Frau ist in Ohnmacht gefallen, als ich es ihr sagte. Aber das Dienstmädchen hat mir erzählt, daß Herr Tentschert heute nachmittag gegen sechs an einem Herzschlag verschieden ist. Sie haben gleich Dr. Abel geholt, der zwei Häuser weiter wohnt. Aber es war nichts mehr zu machen. Sie hatten den Toten in einem Zimmer neben der Haustür aufgebahrt. Niemand hat gemerkt, wie er fortging. «
    » Hier liegt was! « sagte der junge Mann, der den toten Papierhändler die Telefonzelle betreten sah. Er hob etwas Weißes, Längliches vom Gehweg auf.
    » Zeigen Sie mal her! Sie, das ist doch eine Kinnbinde, wie man sie den Toten umbindet. «
    Mit einer Gebärde des Entsetzens schleuderte der junge Mann die Binde weit von sich. Eine Frau in der kleinen Menschengruppe hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu und begann zu schreien.
    Im Schatten der Pestsäule auf der anderen Seite des Platzes stand eine Gestalt mit über der Brust gekreuzten Armen. Es war ein alter Mann mit weißem, kurzem Vollbart und schlohweißen Haaren. Er sah unbeweglich zu der erleuchteten Telefonzelle hinüber, zu den Menschen davor und zu dem Toten auf dem Gehweg.
    Langsam begannen sich seine Lippen zu bewegen, sie formten leise Worte: » Er wollte telefonieren … vielleicht … vielleicht triumphiere ich doch noch! «

    ●

    Larry Brent erfuhr von diesem sechsten Fall eines Wiedererwachens erst am nächsten Tag.
    Beim Frühstück auf dem Schloß wußte er davon noch nichts. Anschließend hatte ihn Kurt Parsini zu einem ausgedehnten Spaziergang eingeladen.
    Auch Yvette nahm am Frühstück teil. Sie war strahlender Laune. Während Larry Brent sein Ei aß, stellte er Kurt Parsini die Frage, für die er am Abend vorher noch keine Gelegenheit gehabt hatte.
    » Sag mal, bist du manchmal auch nachts in Moolstadt? «
    Der Baron sah etwas überrascht auf. » Sehr selten. Was sollte ich auch nachts in dem Nest. Warum fragst du? «
    » Nicht wichtig. Ich glaube mich nur zu erinnern, daß ich vorgestern euren Sportwagen auf dem Marktplatz in Moolstadt gesehen habe? «
    » Vorgestern? Was war da los? Da war ich den ganzen Abend zu Hause. Aber du bist doch noch spazieren gefahren, Yvette! Warst du in Moolstadt? «
    Sie zögerte eine Sekunde mit der Antwort. Dann lächelte sie zurück. » Stimmt, ich war in Moolstadt. Auf dem Marktplatz habe ich ein paar Minuten gehalten. Das Rathaus mit seinem Turm und der Sternenhimmel, das sah gut aus. Ich dachte mir noch, daß es doch viel wichtiger ist, mit dem Auge zu malen als abstrakt, also nur durch den Kopf. «
    » Womit du sicher recht hast, Liebling « , sagte Kurt Parsini, » aber bitte sei vorsichtig bei deinen nächtlichen Streifzügen, du weißt, was auf dem Spiel steht! «
    Kurz darauf brachen Larry Brent und sein Gastgeber zu einem Spaziergang auf.
    Ihr Weg führte sie zunächst über die Anhöhe in einen Wald. Nach zehn Minuten öffneten sich vor ihnen die steilen Wände eines stillgelegten Steinbruchs.
    » Genaugenommen « , sagte Kurt Parsini, » ist das kein Steinbruch, sondern ein Bergwerk. Schiefer. Aber die Zugänge zu den Stollen sind seit langem verschüttet. Es kommt außer uns kaum noch jemand in diese Gegend. Übrigens gehört das Terrain hier nicht mehr zum Schloß, sondern zu Moolstadt. «
    Sie gingen weiter. Und wieder führte ihr Gespräch zu den wiedererwachten Toten. Sie wußten noch nicht, daß es in dieser Nacht den sechsten Fall gegeben hatte.
    » Ich versuche, Ordnung in die Vorkommnisse zu bringen « , erklärte Larry, » ich studiere, was sie voneinander unterscheidet und was sie miteinander gemeinsam haben. «
    » Zum Beispiel? « fragte der Baron.
    » Nun, gemeinsam haben sie die Zeit, die zwischen dem Eintritt des Todes und dem Wiedererwachen verstreicht, nämlich vier bis sechs Stunden. Gemeinsam haben sie ferner, daß die Wiedererwachten offenbar ihr Leben dort fortsetzen wollen, wo es der Tod unterbrochen hatte. Gemeinsam haben sie außerdem …«
    Larry schwieg.
    Kurt Parsini wartete einige Sekunden, dann fragte er: » Na, was ist los? Was hast du? «
    Larry Brent fuhr sich mit der Hand über die Stirn. » Entschuldige, mir ist eben noch was eingefallen, an das ich nicht gedacht habe, obwohl wir beim Bürgermeister sogar davon gesprochen haben. Merkwürdig. «
    » Und was ist das? «
    » Ich kann es dir leider nicht sagen, Kurt, ich benötige erst noch volle Klarheit über diesen Punkt. Er wäre, wenn er zutrifft, von weittragender, ja erschreckender Bedeutung. Kann