0891 - Fu Longs Rückkehr
jemals zu offener Unzufriedenheit gekommen war. Es hatte für alle, auch für die Sklaven, genug zu essen und ein Auskommen gegeben, und das war in den meisten Zeiten ein guter Grund für Menschen gewesen, hier zu leben.
Mit der Machtübernahme des neuen Herrn hatte sich das wie so vieles geändert. Die Flughunde hatten immer noch eine gewisse Wächterfunktion, aber ihnen wie allen anderen magischen Wesen war es verboten, einander ohne guten Grund anzugreifen. Fu Long gestattete zwar in der Regel nicht, dass sie ihrer wahren Bestimmung folgen und die Gefangenen zerfleischen konnten, aber die Flughunde waren nicht besonders gescheit und gaben die Hoffnung auf eine gute Mahlzeit Menschenfleisch nicht auf.
Dennoch beschränkten sie sich nun darauf, die Unbekannte, die sich hier in den Gassen nichtsdestotrotz hervorragend auszukennen schien, mit den Augen zu verfolgen. Sie schien etwas zu suchen, oder zumindest auf jemanden zu warten. Sie drückte sich in den Schatten der Gebäude herum und sah immer wieder auf die enge und nur schlecht beleuchtete Gasse hinaus. Die Flughunde beobachteten sie noch eine Weile, aber als sich nichts tat, begannen sie sich zu langweilen und sie flogen davon.
***
Jetzt war die junge Frau allein. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem hübschen Gesicht aus, als ein junger Chinese vorsichtig die Gasse betrat. Sie trat aus dem Schatten des Eingangs, in dem sie gestanden hatte, hinaus und ging auf den attraktiven Unbekannten zu.
»Da bist du ja endlich. Ich hatte schon gefürchtet, dass du nicht kommen würdest.«
Der junge Mann sah sich vorsichtig um.
»Ich habe daran gedacht, nicht zu kommen«, sagte der junge Chinese mit glühenden Augen. »Was du vorgeschlagen hast, ist hier in Choquai nicht üblich.«
»Aber genau das widerspricht eurer Natur. Ihr seid Vampire! Ihr lebt von Menschenblut, das ist eure Bestimmung! So wie ihr kann man nicht leben.«
Der junge Mann antwortete nicht, sondern griff nach dem Mädchen und zog es mit einem heftigen Ruck an sich. Er entblößte seine langen Fangzähne und strich mit ihnen über den verlockend weißen Hals, den ihm die Kleine darbot. Sie legte sogar den Kopf noch ein Stück weiter in den Nacken, anscheinend, damit er noch besser zubeißen konnte.
Er hatte sich das lange gewünscht… und hatte beinahe vergessen, wie aufregend der Moment vor dem Biss war.
Und dieses Mädchen hier, das er noch nie gesehen hatte, bot sich ihm freiwillig dar!
Der Vampir wusste, das war es, was er so lange vermisst hatte - und das es sich lohnen würde, wieder in die richtige Welt zu gehen. Wieder ließ er seine Eckzähne über die bläuliche Ader gleiten, unter der das Blut leise pochte.
Noch für einen Moment konzentrierte er sich auf diesen Anblick, genoss die Vorfreude und…
Es war das Letzte, was er sah.
***
Das klappt ja wie am Schnürchen, freute sich Lucifuge Rofocale und ließ den bewusstlosen Vampir auf den Boden seines Verstecks gleiten.
Tot hätte ihm der Vampir nichts genutzt, Tote bluteten nicht. Doch er hatte ihn und die anderen, die er bereits in seine Gewalt gebracht hatte, unter einen Bann gestellt, der sie konservierte und wie in einem Kokon aufbewahrte, wie eine Spinne dies bei ihrer Beute tat. Und ich werde diese Elenden auch aussaugen, wie dies eine Spinne tut.
Er selbst hielt sich bereits seit etwa einer Woche in Choquai auf.
Er hatte in seinem Domizil in den Schwefelklüften einige Zeit darüber nachgedacht, ob er es nicht noch einmal mit einem Großangriff auf diese Stadt versuchen sollte. Fu Long, dieser erbärmliche Blutsauger, hatte es eigentlich nicht besser verdient, als dass er die volle Macht des Ministerpräsidenten LUZIFERs zu spüren bekam. Die Blutopfer für den zweiten Hong Shi hätte es damit quasi als Geschenk dazugegeben. Lucifuge Rofocale dachte kurz daran, dass er so bei den Opfern und der Herstellung eines zweiten Blutsteins sicher mehr Spaß gehabt hätte - hätte er doch in aller Öffentlichkeit zusehen können, wie die Opfer qualvoll verbluteten. Etwas, dass die Harmonie in dieser Stadt in etwas verwandelt hätte, was Menschen und Dämonen in der Regel überhaupt erst zu wahrer Blüte brachte - Hass, Folter und Angst.
Doch die Ereignisse in der Weißen Stadt Armakath hatten Lucifuge Rofocale vorsichtig gemacht.
Der Kokon um die Weiße Stadt hatte unversehens und unerwartet seine magischen Kräfte geschwächt. Eine Erfahrung, auf die Lucifuge Rofocale gern verzichtet hätte und die ihn hatte nachdenken lassen.
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