0892 - Facetten der Ewigkeit
daß die Duade ihre Drohung bereits wahrzumachen begann. Da der PSI-Neutralisator von einem willenlosen Sklaven ausgeschaltet war, konnte sie ihren Geist an Bord der THAMID frei entfalten. Die Loower im Kommandostand kämpften verzweifelt gegen den fremden Willen an, doch Goran-Vran wußte, daß sie letztendlich unterliegen mußten. Er begann selbst schon den fremden Zwang zu spüren und merkte, wie die Befehlsimpulse immer stärker wurden und sein Ich zurückdrängten.
Mit letzter Kraft schleppte er sich zum Instrumentenpult, wobei er versuchte, nicht an sein Vorhaben zu denken. Doch dies erwies sich als unmöglich. Er konnte seine Gedanken zwar in sein Tiefenbewußtsein verdrängen, wie er es gelernt hatte, aber dort blieben sie der Duade nicht mehr verborgen.
Und sie durchschaute seine Absicht. Er merkte es daran, wie sich ihre Impulse verstärkten und sie sich völlig auf seine Unterdrückung konzentrierte.
Du wirst es nicht tun, Goran-Vran! hämmerte sie ihm ein. Du wirst dich nicht gegen deine Königin auflehnen! Du wirst gehorchen. Du wirst dienen. DU KANNST NICHT ANDERS!
In dem Moment, als Goran-Vran ,glaubte, daß sein Wille endgültig gebrochen war, erreicht er die Taste, mit der man die Bugspitze abkoppeln konnte.
Er drückte sie, dann schwanden ihm die Sinne.
Als er wieder zu sich kam, sah er auf dem Bildschirm eine gewaltige Explosion. Im gleichen Moment erstarben die Befehlsimpulse der Duade.
Er hatte es gerade noch geschafft, sein Volk vor der Versklavung durch ein primitives Plasmawesen zu bewahren. Die Bugspitze mit der Duade war in einer Atomexplosion vergangen.
Goran-Vran war noch immer ganz benommen durch den geistigen Druck, den die Duade auf ihn ausgeübt hatte, als sich der Türmer Hergo-Zovran meldete.
Goran-Vran berichtete ihm nicht ohne Stolz von seiner Tat, ohne jedoch sein Verdienst besonders hervorzukehren. Aber er glaubte, daß er sich mit Recht als Held seines Volkes fühlen durfte und erwartete das Lob seines Türmers.
Doch Hergo-Zovran sagte: „Diese Handlungsweise war nicht entelechisch, Goran. Es hätte genügt, den PSI-Neutralisator wieder einzu-schalten und zu versiegeln. Damit stünde uns die Duade noch zur weiteren Verwendung zur Verfügung."
Für Goran-Vran war das ein Schlag mitten in seine Entelechie.
Er fühlte sich unverstanden und diskriminiert. Und er glaubte, dadurch etwas Einblick in die Mysterien der Völkerverständigung gewonnen zu haben, oder besser gesagt, in die verschlungenen Abläufe, die eine solche verhinderten und zu Mißverständnissen führten. Wie leicht waren Mißverständnisse zwischen verschiedenen Völkern möglich, wenn es selbst unter entelechischen Wesen zu solchen Fehleinschätzungen kam.
Aber er suchte trotzdem die Schuld nicht beim Türmer, sondern bei sich selbst. Und er nahm die Konsequen-zen aus seiner Handlungsweise demütig hin.
Fanzan-Pran kam bald darauf per Materietransmitter an Bord der THAMID und teilte ihm mit: „Durch dieses schwerwiegende Versagen, muß ich dich deines Postens als mein Stellvertreter entheben, Goran. Du hast gezeigt, daß du doch noch nicht die nötige Reife besitzt, um eine solche Verantwortung zu tragen."
Wollte man das Leben eines Loo-wers grafisch darstellen, so mußte man dies in einer Kurve tun, die langsam, aber beständig nach oben führte, immer weiter und immer steiler hinauf. Nach oben hin gab es praktisch keine Grenze, und jeder Loower hatte die Chance, es zum Türmer oder zum Quellmeister und sogar noch weiter zu bringen. Aber dies war ein langsamer und langwieriger ProzeB.
So gesehen, war Goran-Vrans Entwicklung atypisch. Sein Aufstieg vom namenlosen Loower hatte nach Abschluß des Reifeprozesses steil nach oben geführt. Er hatte es rasch vom Planetengeborenen zum Stellvertreter eines Raumschiffskommandanten gebracht und war durch eine einzige Fehlentscheidung wieder in Bedeutungslosigkeit versunken. Seine Lebenskurve war eine Zacke, die steil nach oben führte und am höchsten Punkt senkrecht in die Tiefe führte - bis unter das ursprüngliche Niveau.
Dennoch hoffte Goran-Vran wieder auf einen Aufwärtstrend. Vielleicht war er nicht dazu bestimmt, eine so gleichförmige Entwicklung wie seine Artgenossen durchzumachen, vielleicht war es sein Schicksal, ein abwechslungsreiches Leben wie die terranischen Evolutionsstürmer zu führen, das sich wie in Wellen bewegte, mit allen Höhen und Tiefen, in dem Erfolge und Niederlagen einander in rascher Folge ablösten.
Das war alles andere
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