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0894 - Seelenbrand

0894 - Seelenbrand

Titel: 0894 - Seelenbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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Bewegung Schlieren hinter sich her, die das Düsterrot des Sonnenuntergangs verwischten, aufwirbelten und einen Moment lang wie herumsprit zendes Blut erscheinen ließen.
    Zamorra schlug eine andere Richtung ein. Er spürte immer noch unverändert festen Boden unter den Füßen, obwohl seine Sohlen kaum den gepflasterten Straßenboden dieser Illusion berührten. Darüber war er keineswegs besorgt, sondern erleichtert, denn ganz offenbar hatte die Kulisse ihn noch nicht, wie gefürchtet, vereinnahmt - oder absorbiert, was es vielleicht eher traf.
    Der Gemalte und andere Gestalten verschwanden aus seinem Blick, aber gewonnen war damit noch nichts, denn er hatte noch keinerlei Idee, wie er sich dem magischen Zauber, der ihn hier bedrängte, wieder entziehen konnte. Es war, als hätte er mit einem einzigen Schritt eine Grenze zwischen zwei Welten überschritten, und es gab keine Garantie, dass er die Welt, durch die er gerade irrte und in der er ein fürchterlicher Anachronismus war, auch je wieder verlassen konnte.
    Seine Hand tastete in die Außentasche seines Jacketts, wo er einen Gegenstand fand, den er ursprünglich mitgenommen hatte, um irgendwo in aller Ruhe daran zu feilen und das Amulett auf die befremdliche Form von Magie zu eichen, die sich im Tate eingenistet hatte.
    Es war eine Perlenkette von beträchtlichem Wert. Sie hatte einmal jemandem gehört, der an - ungefähr - dieser Stelle lebte: einem Mitglied der angesehenen Adelsfamilie Grosvenor, die hier einmal ein Landgut besessen hatte. Vor rund zweieinhalb Jahrhunderten.
    Wer genau die Frau gewesen war, die diesen Schmuck einst wahrscheinlich geschenkt bekommen und getragen hatte, wusste Zamorra nicht, es spielte für seine Zwecke auch keine gehobene Rolle. Wichtig war nur, dass der Gegenstand in einer Vergangenheit verwurzelt war, die dafür infrage kam, mit all den übersinnlichen Geschehnissen zu tun zu haben, die sich aktuell im Tate etablierten.
    Er zog die Kette heraus und presste sie im Gehen gegen das Amulett, das ihn kurz zuvor vor der Attacke durch das Eisen bewahrt hatte.
    In dem Augenblick, als er die Glyphen an Merlins Stern verschieben und eine Koppelung von Schmuckaura und magischer Energie herstellen wollte, fühlte er eine Berührung im Rücken, irgendwo zwischen den Schulterblättern. Nicht einmal nur etwas, das ihn anfasste, sondern eine Hand, die… in ihn hineingriff.
    Er wirbelte herum. Um ein Haar hätte er die Perlenkette fallen lassen.
    Vor ihm stand der Gemalte, der ihm offenbar gefolgt war. Der sich lautlos angeschlichen hatte und jetzt… ja, was tat?
    Verwirrt blickte Zamorra an sich herunter. Eine Hand ragte aus seiner Brust. Sie versuchte nach dem Amulett zu greifen und gehörte dem Gemalten, der den Arm immer noch von hinten in Zamorras Körper gebohrt hatte - wozu er ihn in unmöglicher Weise verlängern und strecken musste, was ihm aber offenbar nicht die geringste Mühe zu bereiten schien.
    Dumpf starrte er Zamorra an.
    »Na, Schnösel? Falsche Zeit, falscher Ort, was? Hättste dein stinkendes Fabrikbüro besser nich' verlassen. War dumm von dir. Weißt ja, wie uns die Sesselfurzer ans Herz gewachsen sind. Einem wie dir hab ich's zu verdanken, dass ich keinen Job mehr hab. Dass meine Sippschaft - mein Weib, meine Kinder - kaum noch was zu fressen ham. Wegen einem wie dir nagen wir am Hungertuch. Gestern wurd' mein Jüngster krank. Hat wohl die Schwindsucht, aber 'nen Quacksalber kann ich mir nich' leisten. Ging früher kaum, aber jetzt gar nich' mehr. Stirbt wohl, der Hundsfott. War immer mein kleiner Liebling. Und nu' piss ich bald auf sein dreckiges kleines Grab hinten auf dem Armenfriedhof. Warste da schon mal? Musste hingehen. Ist schön ruhig dort. Kannste deine Mittagspause mit den Stullen von Mutti verbringen. Und wenn's irgendwie gerecht zugeht auf der Welt, wenigstens ein klitzekleines bisschen, greift vielleicht von drunten einer hoch zu dir und zieht dich runter. Zieht dich rein in irgendein vergessenes Grab. Das wär 'ne gerechte Strafe, oder? Für einen wie dich, der andere mit einem Federstrich umbringt - sie langsam verrotten lässt. Weil die Fabrik mal wieder meint, ein paar von uns auf die Straße werfen zu müssen. Weil se nich' mehr malochen können wie mit zwanzig. Verdammtes Alter! Aber das wirste auch noch merken - wenn ich dir nicht vorher den Finger durchs Auge ramme. Tief rein! Danach biste entweder blöde oder tot. - Soll ich mal?«
    Der Gemalte schien selbst nicht zu merken, dass er Zamorra

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