0896 - Das Licht der Wurzeln
hier besucht hatte - den Mann der Frau, die vor einer Stunde im oberen Geschoss verstorben war, wenn man Rola glauben wollte. Erschüttert stellte sie fest, in welchem Zustand er sich befand. Seine Kopf- und Armbehaarung war vollständig abgesengt - seine Kleidung von Brandlöchern zerfetzt. Doch da war noch etwas. Eine Aura aus Licht, die sich eng um seinen Körper schmiegte.
Manja Bannier fühlte die Hitze, die in diesem Mann brodelte. Um ihn herum stieg feiner Dampf auf. Sein Blick krallte sich an die Pädagogin.
»Meine Frau… ich muss sofort zu Lakir… bitte!« Selbst sein Atem schien heiß wie Feuersglut zu sein. Manja wurde schlagartig klar, dass der Paromer am Rande des eigenen Todes stand. Die Erzieherin wies mit der Hand zur Treppe hin.
»Erster Stock, der Gang nach links - dritte Tür auf der rechten Seite. Doch ich fürchte…« Sie wurde von der schweren Last befreit, Vinca den Tode seiner Geliebten mitteilen zu müssen, denn der Krieger hörte ihr schon nicht mehr zu. Er stapfte die Treppe hinauf, die unter seinen schweren Schritten gequält knirschte.
Vinca von Parom fand die angegebene Tür sofort, stieß sie mit einem Ruck auf. Millisan Tull, Rola DiBurn und der kleine Serhat standen neben seiner über alles geliebten Frau, über deren Körper ein Tuch gedeckt war.
Rola trat vor den Krieger, der sie nicht verstehend anblickte.
»Du bist zu spät, Vinca. Deine Frau war sehr krank. Die Trennung von der Wurzel… sie hatte nicht den Mut es dir zu erzählen.«
Vinca schüttelte den Kopf. Er blickte auf Rola hinunter, die ihm gerade einmal bis zum Brustbein reichte. »Aber ich wusste es doch. Ich wusste es schon lange. Lakir hätte mir nicht alles erst erklären müssen - ich kenne sie doch so gut, oft besser als mich selbst. Ich habe das Licht der Wurzeln gefunden…«
Rola DiBurn unterbrach Vinca. »Wo sind Artimus und Zamorra? Geht es ihnen gut? Bitte sag es mir.« Doch der Paromer schien sie überhaupt nicht mehr zu hören. Spielerisch leicht schob er Rola zur Seite, ging zu der uralten Couch. Langsam, als vollführe er eine heilige Handlung, zog er das Tuch von Lakir.
Für lange Sekunden schloss er gequält die Augen. War er denn tatsächlich zu spät gekommen? Aber hatte Lakir ihm denn nicht Hoffnungen gemacht? Er musste ganz einfach versuchen, seiner Geliebten zu helfen. Wenn noch irgendwo ein Hauch von Leben in ihr sein sollte… vielleicht konnte das Licht der Hüterin dann ja doch noch Hilfe bringen?
Er musste einfach fest daran glauben.
Noch immer dampften seine Arme, als er sie vorsichtig unter Lakirs Körper schob und sie hochhob. Später hätte Rola nicht mehr sagen können, wie lange die beiden so dagestanden hatten, doch die merkwürdige Lichtaura weitete sich schon nach wenigen Sekunden auch auf Lakirs Körper aus.
Es war wieder einmal Serhat, der mehr als die beiden Frauen sah - und wusste. Er trat nahe an die Paromer heran, bis Millisan Tull ihn dann doch aufhielt. »Lass sie in Ruhe, Junge. Siehst du nicht, das Vinca jetzt nur bei Lakir sein möchte?«
Serhat blickte sich zu der Pädagogin um. »Aber sie sind doch zusammen. Kannst du das nicht fühlen?« Millisan war bei Serhat an Überraschungen gewöhnt, doch jetzt glaubte sie wirklich, dass die Phantasie mit dem Jungen durchgegangen war. Oder besser gesagt, sein ganz persönliches Wunschdenken.
Es war Rola, die es zuerst sah. »Seht hin, das gibt es doch nicht!«
Lakirs linker Arm… die Finger ihrer linken Hand, sie bewegten sich, dann setzte sich dieser Prozess zunehmend schneller werdend über ihren gesamten Körper fort. Es war unglaublich, doch die Frauen und das Kind wurden Zeugen von dem, was das Licht der Wurzeln auch bei lebenden Humanoiden ausrichten konnte - und bei denen, die das Leben schon beinahe verlassen hatte.
Vinca von Parom sah in die Runde. Lakir hatte ihren Kopf an seine Brust gelegt. Sie war nach wie vor eine Todgeweihte, der man einen kurzen Aufschub geschenkt hatte.
»Ich danke euch für alles, was ihr für Lakir getan habt. Dieses Wunder hier ist aber erst der Anfang. Lakir muss geheilt werden, dazu werde ich sie zur Lichtfrau bringen. Vielleicht… kann sie ja erneut ein Wunder vollbringen?«
Die Aura, die um die beiden Paromer lag, schien sich für eine Sekunde zu verdunkeln - dann waren beide verschwunden.
Millisan, Rola und Serhat sahen einander an. Keiner wusste so wirklich, was er sagen sollte. Irgendwann verließen sie den Raum, schlossen hinter sich ab, denn für eine gewisse
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