0898 - Praxis des Teufels
beeindruckt und lächelte ihn strahlend an. »Guten Morgen, Sir! Was kann ich für Sie tun?«
»Meine reizende junge Gefährtin hier und ich ziehen Ihre Klinik für ein paar Schönheitskorrekturen in Betracht und haben bereits gestern um einen Termin bei Dr. Gerald Morcomb nachgesucht. Wir sind für neun Uhr verabredet.«
»Das ist korrekt«, meinte die junge Chinesin, die jetzt beflissen in ihrem Kalender nachschlug. Sie sah wieder auf. »Da sind Sie natürlich noch etwas früh«, meinte sie höflich.
»Korrekt«, antwortete Zamorra mit seinem charmantesten Lächeln. »Ich hatte gehofft, wir dürfen uns die Klinik vorher ein wenig ansehen. Wissen Sie, Miss… Lan«, fügte er mit gedämpfter Stimmte noch hinzu, nachdem er einen kurzen Blick auf ihr Namensschildchen geworfen hatte, »ich mache mir wie immer ein wenig Sorgen um Miss Duval. Ich möchte mich gerne selbst überzeugen, dass sie hier in guten Händen ist.«
Die junge Dame sah an ihm vorbei auf Nicole, die sich jetzt direkt vor einen kleinen Heiligenschrein gestellt hatte, in dem vor der Statue einer buddhistischen oder taoistischen Gottheit ein Zweig verwelkter Orchideen in einem schwarzen Jadegefäß und ein paar frisch angezündete Räucherstäbchen standen.
»Ich verstehe«, meinte Miss Lan in dem gleichen verschwörerischen Tonfall. »Ich werde nachfragen, ob sich das machen lässt. Bitte nehmen Sie doch so lange dort hinten Platz.«
Zamorra zwinkerte ihr noch einmal zu und gesellte sich dann zu Nicole, die immer noch nachdenklich auf die winzige Statue in dem Schrein starrte.
»Das Kerlchen hier sieht eher aus wie ein Teufel als ein Heiliger«, bemerkte sie leise. »Diese bedrohlichen Hauer, die Hörner, ein rotes Gesicht mit Augen, die beinahe aus ihren Höhlen treten… Weißt du, wer das hier ist?«
»Ach, ich glaube, das überbewertest du. Hier in Hongkong scheint es viele solche Schreine zu geben. Wer weiß schon immer, für wen die stehen! Dieser Schrein hier steht in einem Krankenhaus, vielleicht ist er einem Heiligen gewidmet, der etwas mit Gesundheit zu tun hat.«
»Zeigt denn das Amulett etwas an?«
Zamorra griff sich auf die Brust und steckte seine Hand dann wieder in die Hosentasche. »Naja, es ist nicht gerade eiskalt. Aber ich kann auch nicht sagen, dass es sonderlich warm ist. - Hey!«
Verwirrt sah Nicole auf Zamorra, der sich überrascht wiederum an die Brust gegriffen hatte. »Ist was?«, fragte sie beunruhigt. Ihr Gefährte hatte sich jetzt jemandem zugewandt, der mit schnellen Schritten in die Halle kam und einen Arztkittel trug.
Zamorra musste sich zusammennehmen, um das Amulett nicht wieder zu berühren, dass unter seinem Hemd auf seiner nackten Brust lag. Es hatte sich - offenbar zeitgleich mit dem Eintreffen des Fremden - eines Arztes - schlagartig erhitzt und glühte jetzt förmlich. Er nahm sich zusammen und lächelte den Hereingekommenen freundlich an.
»Wie ich sehe, haben Sie eine der Attraktionen unseres Hauses schon entdeckt«, ergriff der Fremde das Wort. »Den taoistischen Heiligen Wong Tai Sin und seinen Schrein, dem wir unser Haus gewidmet haben. Er ist Schutzheiliger aller Heiler.«
Nicole ließ sich nicht anmerken, dass sie Zamorras Gesten und Blicke verstanden hatte und lächelte den Arzt scheinbar erfreut an. »Ich finde das ja so aufregend! Eine so von Herzen kommende und ernst gemeinte Verehrung eines Heiligen ist bei uns in Frankreich aus der Mode gekommen, nicht wahr, Chéri?«
Zamorra nickte bestätigend und streckte jetzt eine Hand aus. »Sie gestatten, dass ich mich vorstelle - mein Name ist Zamorra. Ich bin Professor für Psychologie an der Pariser Sorbonne. Das hier ist meine… nun, meine Assistentin Nicole Duval.« So ganz gelogen war das nicht, in der Tat war Zamorra Professor an der Sorbonne, wenn auch für Parapsychologie und Nicole war ebenso seine Assistentin. Unter anderem. Aber das musste man diesem Arzt ja nicht auf die Nase binden.
»Oh, ich habe ganz vergessen, mich selbst vorzustellen: Ich bin Dr. Gerald Morcomb, der Chefchirurg dieser Klinik. Ich freue mich, Sie hier begrüßen zu dürfen!«
Zamorra bestand höflich darauf, dass es eigentlich viel zu früh sei, immerhin hatten sie ja einen Termin ja erst in einer Stunde ausgemacht, doch Morcomb schien das nichts auszumachen. Er ging voran und zeigte auf dem Weg zu seinem Büro im obersten Stockwerk schon einige Säle, Klinikeinrichtungen und Krankenzimmer, die größtenteils eher Hotelzimmern zu ähneln schienen.
Nicole war
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