0898 - Praxis des Teufels
ganz unberechtigte Eifersucht auf seine Frau Shao Yu, mit der er in Choquai gelebt hatte, nicht noch schüren, indem er wieder anfing, das Thema durchzukauen.
»Stopp!«, rief er plötzlich. Der Chauffeur erschrak und trat mit quietschenden Reifen auf die Bremse. »Chéri, was ist denn los?«, meinte Nicole überrascht, doch sie bekam keine Antwort. Zamorra hatte schon die Tür geöffnet und war aus dem Wagen gehastet.
***
»Hallo, Miss! Hallo!«
Debbie hörte die Rufe, doch sie war schon auf dem Weg von den Hügeln hinunter in die Stadt. Jetzt waren hier schon mehr Menschen unterwegs als oben auf der Kennedy Road und sie nahm an, dass sie nicht mit diesen Rufen gemeint sein konnte. So drehte sie sich nicht um, sondern lief weiter.
Sie musste so schnell wie möglich und so unauffällig wie möglich zu ihrer Großmutter nach Wang Tau Hong, und sie um Rat fragen, was sie wohl wegen dieses riesenhaften behaarten Teufels tun konnte - und wie sie sich gegen die dämonische Atmosphäre in diesem Sanatorium schützen konnte. Sie wusste, ihre Laoma würde wissen, was zu tun war. Sie stammte aus einer Familie, die seit Jahrhunderten Geister beschwören konnte und in der dieses Wissen von Mutter zu Tochter weitergegeben wurde.
»Hallo, Miss, bleiben Sie doch stehen!«
Debbie wandte sich kurz um und sah den Besucher der Klinik, den sie vorhin fast umgerannt hatte. Was wollte der von ihr?
Ach was, das war wohl kaum besonders wichtig. Sie wollte nur noch weg!
Doch schon hatte er sie eingeholt und zog sie jetzt kurz am Arm. »Meine Güte, Sie zittern ja!«, meinte der Mann bestürzt und ließ sie los. »Schwester, ich möchte Ihnen nichts tun«, fügte er sanft hinzu. Debbie atmete tief durch. Sie betrachtete den Mann verstohlen aus den Augenwinkeln. Er hielt den Abstand zu ihr und schien sich wirklich nicht aufdrängen zu wollen.
»Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?« Debbie klang aufgeregt, das wusste sie, doch sie nahm sich jetzt zusammen. Dieser Kerl hier war nur ein Besucher der Klinik gewesen - er konnte mit den Ereignissen in dieser Nacht nichts zu tun haben!
»Mein Name ist Zamorra. Ich bin aus Frankreich.«
»Ich bin Debbie Chen. Was wollten Sie heute früh in der Hue Wan-Klinik?«
Der Mann vor ihr zögerte kurz. »Das sage ich Ihnen dann, wenn Sie mir aufrichtig verraten, warum Sie heute morgen so hastig von Ihrem Arbeitsplatz geflohen sind.«
Debbie schnaubte. So leicht machte er sich das, keine Auskunft geben, sie aber erwarten! Sie wollte sich einfach umdrehen und gehen, doch dann hörte sie ihre Großmutter. Kind, du musst immer darauf achten, dass du den Geistern nie in die Hände spielst. Besonders in einem Hospital, wo es Krankheit gibt und Tod.
Was konnte es schon schaden, wenn ein Wildfremder sie für verrückt hielt - das tat ja schon Rita, davon war Debbie überzeugt nach ihrem hastigen Abgang heute morgen.
»Na gut«, meinte sie schließlich zögernd. »Ich bin der Ansicht, dass in der Hue Wan-Klinik der Teufel umgeht«, brach es aus ihr heraus. »Das ist besonders an einem Ort gefährlich, an dem sowieso schon Krankheit und Tod regieren.« In dem Moment, in dem sie das ausgesprochen hatte, war ihr auch schon klar, wie lächerlich das in den Ohren eines Westlers klingen musste.
Doch auf den Zügen des Fremden vor ihr machte sich statt Belustigung oder Spott Verständnis breit. »Glauben Sie mir, für mich macht das durchaus Sinn, was Sie da sagen«, meinte er sachlich. »Ich bin auf gewisse Weise dankbar, dass es so ist, denn so werden Sie vielleicht eher verstehen, was ich möchte. - Mein Name ist übrigens Zamorra und ich bin Professor für Parapsychologie. Sie arbeiten also in der Klinik? Warum wollten Sie so schnell von dort weg?«
Debbie zögerte wieder und sah sich gehetzt um. Sie befürchtete, dass sie beobachtet wurden - und was, wenn sie sogar belauscht wurden?
Sie atmete tief durch und nahm sich wieder zusammen. »Ich… Professor, bitte verstehen Sie, dass ich das nicht möchte. Nicht hier auf offener Straße.«
Der Fremde sah Debbie aus unergründlichen Augen an. Hatte sie ihn jetzt misstrauisch gemacht? Eigentlich sah er schon so aus, als könne sie ihm vertrauen. Doch dann gab sie sich einen Ruck. Nein. Sie war bereit, auf das einzugehen, was er sagte und was er wünschte, doch das hier war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit dafür. Es musste anders passieren.
»Auch das kann ich verstehen, Miss Chen. Ich hätte Sie jetzt gefragt, ob Sie mit mir und meiner
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