09 - Befehl von oben
sowohl echte als auch Täuschung. Nun aber kam das Wort Tod zunehmend zur Sprache. Fotos der Opfer erschienen auf dem Bildschirm, gefolgt von jetzt düsteren Worten von Reportern, die langsam selbst so vertraut wurden wie Familienmitglieder - das alles stürmte das öffentliche Bewußtsein mit einer Unmittelbarkeit, die so neu und anders war wie furchterregend. Es war nicht mehr die Art von Alptraum, aus dem man erwachte. Es war einer, der weiter- und weiterging, zu wachsen schien wie der Kindestraum, in dem eine schwarze Wolke erschien und wuchs und wuchs, jedem Fluchtversuch trotzte, und man wußte, berührte sie einen, war man verloren.
Das Murren über die vom Präsidenten verfügten Reiseeinschränkungen starb am selben Tag wie der Golfer in Texas und der RV-Händler in Maryland. Zwischenmenschliche Kontakte beschränkten sich jetzt auf die nächsten Familienangehörigen. Menschen lebten am Telefon.
Fernleitungen erstickten an Anrufen an Verwandte und Freunde, bis AT&T, MCI und der Rest Werbespots laufen ließen, die baten, solche Anrufe kurz zu halten, und reservierte Leitungen für die Verwendung durch Regierung und Mediziner eingerichtet wurden. Es war jetzt eine landesweite Panik, doch von ruhiger, persönlicher Gestalt. Es gab keine öffentlichen Protestmärsche. In den Großstädten war der Verkehr praktisch Null. Leute hörten sogar auf, die Supermärkte aufzusuchen, sie blieben statt dessen daheim und lebten solange aus Dosen und Gefriertruhen.
Reporter, die noch immer mit ihren mobilen Kameras umherstromerten, berichteten das alles und bewirkten damit sowohl ein Ansteigen der Spannung als auch einen Beitrag zur Lösung.
»Es funktioniert«, sagte General Pickett am Telefon zu seinem ehemaligen Untergebenen in Baltimore.
»Wo sind Sie, John?« fragte Alexandre.
»Dallas. Es funktioniert, Colonel. Ich brauche Sie für etwas.«
»Was denn?«
»Hören Sie auf, Hausarzt zu spielen. Dafür haben Sie Assistenzärzte.
In Walter Reed habe ich eine Arbeitsgruppe. Machen Sie sich dorthin auf den Weg. Sie sind auf der theoretischen Seite ein zu wichtiger um bloß im Racal-Anzug Venen zu stechen, Alex.«
»John, dies ist jetzt meine Abteilung, und ich muß meine Truppe führen.« Das war eine unauslöschliche Lektion aus seiner Zeit bei den Grünhemden.
»Toll. Ihre Leute wissen, Sie kümmern sich, Colonel. Jetzt legen Sie die verdammte Flinte hin und fangen an, wie ein gottverfluchter Kommandeur zu denken. Diese Schlacht gewinnen wir nicht in den Krankenhäusern, oder?« fragte Pickett vernünftiger. »Transport wartet auf Sie. Unten sollte ein Hummer stehen, der Sie nach Reed bringt. Wollen Sie, daß ich Sie reaktiviere und einen Befehl daraus mache?«
Das könnte er, wußte Alex. »Geben Sie mir eine halbe Stunde.« Der Dozent legte auf und sah in den Korridor. Wieder wurde ein Leichensack weggetragen. Es lag Stolz darin, hierzusein. Auch wenn er Patienten verlor und mehr verlieren würde, er war hier, war Arzt, tat sein Bestes, zeigte seinem Stab, daß er wirklich einer von ihnen war, sein Beistand den Kranken gab, dieselben Risiken trug. Wenn dies vorüber war, könnte das ganze Team mit einem Solidaritätsgefühl auf die Zeit zurückblicken. So schlimm sie gewesen war, sie hatten die Aufgabe übernommen ...
»Verdammt«, fluchte er. John Pickett hatte recht. Die Schlacht wurde hier geschlagen, aber gewonnen würde sie woanders. Er sagte seinem ersten Assistenten, daß er eine Etage tiefer zu Dekan James ginge.
Da war ein interessanter Fall. Weiblich, 39 Jahre, zwei Tage zuvor aufgenommen. Ihr Lebensgefährte lag im Sterben, und ihr Blut hatte EbolaAntikörper, und sie war mit den klassischen Grippesymptomen gekommen, aber die Krankheit war nicht weiter fortgeschritten. In Wahrheit schien sie zum Stillstand gekommen zu sein.
»Was ist es bei dieser hier?« sagte Cathy Ryan zu Dekan James.
»Bemängeln Sie's nicht, Cathy«, antwortete er müde.
»Tu' ich nicht, Dave, aber ich will wissen, warum. Ich hab' die Anamnese selbst gemacht. Sie hatte zwei Tage mit ihm im gleichen Bett geschlafen ..«
»Hatten sie Sex?« mischte sich Alex ins Gespräch ein.
»Nein, Alex, hatten sie nicht. Er fühlte sich zu krank. Ich hab' das Gefühl, diese kommt durch.« Und das war für Baltimore eine Premiere.
»Ich weiß das, Dave«, beharrte SURGEON. »Irgendwas ist hier anders. Was ist es? Wir müssen es wissen!«
»Kurve?« Cathy reichte sie Alex hinüber.
Er sah sie durch. Fieber war runter auf 37,9, Blutwerte abnormal, aber
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