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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Leute nicht unter sich bleiben, gibt's Ärger. Wenn man Leute aus einem Kulturkreis ins Land läßt, in dem ein Menschenleben nichts gilt, darf man sich nicht wundern, wenn diese Leute dann hier mit Messern herumfuhrwerken. Du kannst von Glück reden, Theo, daß diese kleinen Heiden nicht mit Krummsäbeln um sich geschlagen haben.«
    Theo stand abrupt auf. Er ging zu den Sandwiches. Er nahm eins und legte es wieder hin. Er straffte die Schultern.
    »Großmutter, die Engländer hatten die Messer.«
    Sie faßte sich schnell genug, um bissig zu sagen: »Dann kann ich nur hoffen, du hast sie ihnen abgenommen.«
    »Ja. Aber das ist eigentlich nicht der springende Punkt.«
    »Dann sag mir doch freundlicherweise, was eigentlich der springende Punkt ist, Theo.«
    »Es brodelt. Ich denke, es wird ziemlich unerfreulich werden. Balford-le-Nez steht vor einem heißen Sommer.«

3
    Den schnellsten Weg von London nach Essex gab es nicht. Man konnte sich entscheiden, wie man wollte, es war immer verkehrt. Barbara hatte die Wahl, sich entweder querstadtein durch das Verkehrsgetümmel zu quälen oder die Fahrt über den staugefährdeten M25 zu wagen, der um die Riesenstadt herumführte und einen selbst zu den günstigsten Zeiten zwang, allen Plänen, pünktlich am Bestimmungsort anzukommen, zu entsagen. Ganz gleich, wie sie sich entschied, sie würde schwitzen. Der anbrechende Abend hatte nicht die kleinste Abkühlung gebracht.
    Sie wählte den M25. Nachdem sie ihren Matchsack auf den Rücksitz geworfen und sich mit einer Flasche Mineralwasser, einem Beutel Chips, einem Pfirsich und einer frischen Packung Players ausgerüstet hatte, trat sie die Fahrt in den verschriebenen Urlaub an. Die Tatsache, daß es in Wirklichkeit gar keine Urlaubsreise war, kümmerte sie nicht im geringsten. Wenn jemand fragen sollte, wie sie ihre Ferien von Scotland Yard verbracht hatte, würde sie ganz lässig sagen können: »Ach, ich war ein paar Tage am Meer, wissen Sie.«
    Als sie in Balford-le-Nez eintraf, schlug die Glocke der St.-John's-Kirche gerade acht. Sie fand den kleinen Badeort am Meer kaum verändert seit ihrer Kindheit, da sie ihren alljährlichen Sommerurlaub hier verbracht hatte, mit ihrem Bruder und ihren Eltern und deren Freunden, Bernie und Bette Jenkins, einem korpulenten und von vielerlei Gerüchen umwehten Paar, das dem rotgesprenkelten Vauxhall der Familie Havers in seinem eigenen, blitzblank polierten Renault getreulich von Acton, dem gemeinsamen Londoner Wohnort, ans Meer zu folgen pflegte.
    Auch die Anfahrt nach Balford-le-Nez war unverändert. Nördlich der Zufahrtsstraße wichen die Weizenfelder der Halbinsel Tendring wie damals dem Wade, einem Marschgebiet, in das sowohl der Balford-Kanal als auch ein schmaler Meeresarm namens Twizzle mündeten. Bei Flut ragten Hunderte sumpfiger Höcker wie kleine Inselchen aus dem Wasser des Wade. Bei Ebbe blieben flaches Schwemmland und Sand zurück, über dem grüne Algen schleimige Arme ausstreckten. Südlich der Zufahrtsstraße befanden sich noch heute kleine Enklaven niedriger, plumper Häuser mit verputzten Mauern und kaum begrünt, die alten Sommerhäuser, in denen Familien wie die Barbaras vor der sommerlichen Hitze Londons Zuflucht zu suchen pflegten.
    Dieses Jahr allerdings war der Hitze nicht zu entkommen. Der Wind, der durch das offene Fenster des Mini blies und Barbaras wenig elegant gestutztes Haar zauste, war beinahe so heiß wie der, der sie wenige Stunden zuvor aus London hinausbegleitet hatte.
    Vor der Kreuzung der Balford Road mit der High Street bremste sie ab, um zu überlegen, wie es jetzt weitergehen sollte. Sie hatte noch keine Unterkunft, würde sich also möglichst bald eine besorgen müssen. Ihr Magen knurrte, folglich mußte sie schleunigst etwas zu sich nehmen. Und dann hatte sie keine Ahnung, welche Art Ermittlungen über den Tod des Pakistani angestellt wurden, daher mußte sie auch noch das herausbekommen.
    Im Gegensatz zu ihrem Chef, der sich fast nie die Zeit für eine anständige Mahlzeit nahm, fiel es Barbara nicht ein, ihrem Magen sein Recht zu verweigern. Sie bog daher nach links in die High Street ab und rollte einen sanften Hügel hinunter, an dessen Ende sie der erste Blick aufs Meer erwartete.
    Wie schon in ihrer Kindheit herrschte in Balford kein Mangel an Eßlokalen, und die meisten schienen in den Jahren, seit sie das letzte Mal hiergewesen war, weder den Besitzer noch den Anstrich gewechselt zu haben. Sie entschied sich für ein Restaurant namens

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