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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ihrem Kinn. »Wissen Sie, ich hab' mir nämlich gedacht, ich laß mir das auch mal machen, wenn ich das Geld dazu hab'. Und drum würd's mich interessieren, ob es sehr weh getan hat.«
    »Was?«
    »Ihre Nase. Sie haben sie doch operieren lassen, oder? Ich mein', wegen den Pflastern.« Sie nahm den Serviettenhalter aus Chrom vom Tisch, hielt ihn sich vor das Gesicht und studierte ihr Spiegelbild. »Ich hätt' gern eine Stupsnase. Meine Mutter sagt zwar immer, ich soll Gott dankbar sein für das, was ich mitbekommen hab', aber warum hat Gott die Schönheitsoperation überhaupt erfunden, wenn er was dagegen hat, hm? Die Backenknochen will ich mir auch machen lassen, aber zuerst kommt die Nase dran.«
    »Es war keine Operation«, sagte Barbara. »Ich hab' sie mir gebrochen.«
    »Sie haben vielleicht ein Glück!« rief das Mädchen. »Da kriegen Sie jetzt auf Kasse eine neue. Ich frag' mich ...« Sie dachte offensichtlich ernsthaft daran, mit der Nase voraus in die nächste Tür zu rennen.
    »Tja, nur fragt einen leider keiner, wie man sie gern hätte«, sagte Barbara. »Sonst hätte ich mir eine Michael Jackson machen lassen. Nasenlöcher, in die es reinregnet, waren schon immer mein Ideal.« Sie knisterte vielsagend mit der Zeitung.
    Das junge Mädchen - ihrem Namensschild zufolge eine Suzi - stützte eine Hand auf den Tisch, vermerkte, was Barbara gerade las, und sagte in vertraulichem Ton: »Die hätten nie hierherkommen sollen, wissen Sie. So geht's, wenn sie sich reindrängen, wo sie nicht erwünscht sind.«
    Barbara legte die Zeitung nieder und spießte ein Stück Ei mit ihrer Gabel auf. »Wie bitte?« fragte sie.
    Suzi wies mit dem Kopf auf die Zeitung. »Die Farbigen da. Was wollen die hier überhaupt? Außer Krawall machen, und das haben sie heute nachmittag echt gut hingekriegt.«
    »Nun, sie wollen nur ein besseres Leben.«
    »Na schön, aber warum suchen sie das nicht woanders? Meine Mutter hat gleich gesagt, daß es nur Ärger gibt, wenn man ihnen erlaubt, sich hier einzunisten, und jetzt ist es passiert: Einer von ihnen jagt sich unten am Strand eine Überdosis rein, und prompt führen sich die anderen auf wie die Verrückten und behaupten, es wär' Mord.«
    »Es waren Drogen im Spiel?« Barbara überflog auf der Suche nach entsprechenden Angaben den Zeitungsbericht.
    »Was sonst?« fragte Suzi. »Weiß doch jeder, daß die daheim in Pakistan das Opium und alles mögliche andere Zeug pfundweise schlucken. Sie schmuggeln den Stoff in ihren Bäuchen hier rein, und wenn sie ankommen, werden sie in ein Haus gesperrt, bis sie's wieder rausgeschissen haben. Dann dürfen sie gehen. Haben Sie das nicht gewußt? Ich hab' das mal im Fernsehen gesehen.«
    Barbara rief sich ins Gedächtnis, was im Fernsehen über Haytham Querashi berichtet worden war. Der Nachrichtensprecher hatte tatsächlich gesagt, daß der Mann erst kürzlich aus Pakistan eingetroffen war. Zum ersten Mal fragte sie sich, ob sie sich auf einen Holzweg begeben hatte, als sie einzig aufgrund eines Fernsehberichts über eine Demonstration und Taymullah Azhars mysteriösen Verhaltens Hals über Kopf nach Essex abgedampft war.
    »Und in dem Fall«, fuhr Suzi fort, »ist eben einer von den Beuteln, die der Mann geschluckt hat, in seinem Magen oder Darm geplatzt, und er hat sich zum Sterben in den alten Bunker verkrochen. Weil er seinen Leuten keine Schande machen wollte. Das ist denen nämlich ganz wichtig, wissen Sie.«
    Barbara wandte sich wieder dem Bericht zu und begann ernsthaft zu lesen. »Ist also der Obduktionsbefund schon raus?« Suzi schien ihrer Fakten so sicher zu sein.
    »Ach was, weiß doch jeder, was passiert ist. Wer braucht da noch eine Obduktion? Aber sagen Sie das mal den Farbigen. Wenn rauskommt, daß er an einer Überdosis gestorben ist, geben sie garantiert uns die Schuld daran.
    Sie werden schon sehen.«
    Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und ging in Richtung Küche davon. Barbara rief: »Denken Sie an meine Limo?«, als die Tür hinter ihr zufiel.
    Wieder allein, las Barbara den Rest des Berichts ohne Störung.
    Der Tote war, wie sie dem Artikel entnahm, Produktionsleiter in einer ortsansässigen Firma namens Maliks Senf- & Gewürzspezialitäten gewesen. Der Eigentümer des Unternehmens war ein gewisser Akram Malik, der dem Bericht zufolge auch Mitglied des Stadtrats war. Haytham Querashi hatte zur Zeit seines Todes - der gemäß einer Erklärung der zuständigen Polizeidienststelle am Freitag abend eingetreten war, fast

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