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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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es Mord ist -«
    »Weil die Art des Mordes auf genau das hinweist, was sie behaupten.«
    »Rassenhaß?« Als Emily nickte, fragte Barbara: »Wieso? Ich meine, wieso hat euch ein Blick auf die Leiche genügt, um zu glauben, daß der Mord von Ausländerhaß motiviert war? War sie denn irgendwie gezeichnet? Mit Hakenkreuzen oder so?«
    »Nein.«
    »Hatte irgendeine Art von Nationaler Front ihre Visitenkarte hinterlassen?«
    »Nein, auch nicht.«
    »Woher wißt ihr dann -«
    »Er hatte am ganzen Körper blaue Flecken. Und sein Genick war gebrochen, Barb.«
    »O verdammt!« Barbaras Stimme klang beinah ehrfürchtig. Sie erinnerte sich an das, was sie gelesen hatte. Querashis Leiche war in einem alten Bunker am Strand gefunden worden. Das legte einen Überfall aus dem Hinterhalt nahe. Kamen dann noch körperliche Mißhandlungen vor der Tötung dazu, konnte man in der Tat auf einen rassistisch motivierten Mord schließen. Denn vorsätzlicher Mord - wenn ihm nicht Folterungen vorausgingen, wie Serienmörder sie bevorzugten - wurde im allgemeinen schnell ausgeführt, da das Ziel ja der Tod des Opfers war. Das gebrochene Genick sprach ferner dafür, daß der Killer ein Mann gewesen war. Keine normale Frau würde über die Körperkraft verfügen, einem Mann das Genick zu brechen.
    Während Barbara über diese Punkte nachdachte, ging Emily zur Arbeitsplatte und holte ihre Leinentasche. Am Tisch zurück, schob sie ihre Schüssel ganz an den Rand und nahm drei braune Hefter aus der Tasche. Sie schlug den ersten auf, legte ihn auf die Seite und öffnete den zweiten. Er enthielt eine Serie Hochglanzfotografien. Sie suchte einige heraus und reichte sie Barbara.
    Die Aufnahmen zeigten den Toten so, wie er am Samstag morgen in dem alten Bunker aufgefunden worden war. Die erste konzentrierte sich auf sein Gesicht, und Barbara sah, daß es beinahe ebenso zerschunden war wie ihr eigenes. Auf der rechten Wange sah man eine starke Quetschung, und über eine Augenbraue zog sich eine Platzwunde. Zwei weitere Fotografien zeigten seine Hände. Beide waren voller Schrammen und Hautabschürfungen, als hätte er versucht, seinen Angreifer abzuwehren.
    Barbara dachte darüber nach, was diese Bilder aussagten. Der Zustand der rechten Gesichtshälfte legte nahe, daß der Angreifer Linkshänder gewesen war. Doch die Verletzung an der Stirn befand sich auf der linken Seite, was wiederum entweder auf Beidhändigkeit des Killers oder auf einen Komplizen schließen ließ.
    Emily reichte ihr noch eine Fotografie und sagte: »Kennst du den Nez?«
    »Ich war seit Jahren nicht mehr dort«, antwortete Barbara. »Aber ich erinnere mich an die hohen Felsen. Dann war da irgendein Cafe oder so was. Und ein alter Wachturm.«
    Das letzte Foto war eine Luftaufnahme. Auf ihr waren der Bunker, die Felsen dahinter, die hohe Säule des Wachturms und das L-förmige Cafe zu sehen. Auf einem Parkplatz im Südwesten des Cafes standen mehrere Polizeifahrzeuge um einen Pkw. Was Barbara an dem Bild jedoch auffiel, war die Tatsache, daß etwas fehlte, etwas, was am Parkplatz hätte aufragen müssen, um nach Einbruch der Dunkelheit für Beleuchtung zu sorgen.
    »Em«, sagte sie, »gibt's da draußen keine Laternen? Auf dem Nez, meine ich? Oben auf den Felsen? Gibt es dort kein Licht?«
    Als sie aufblickte, sah sie, daß Emily sie beobachtete, eine Augenbraue hochgezogen in Anerkennung ihrer Überlegungen. »Aha! Also nicht, hm? Und wenn's da draußen kein Licht gibt ...?« Barbara neigte den Kopf wieder über die Fotografie und richtete ihre nächste Frage anscheinend an sich selbst. »Was zum Teufel hat Haytham Querashi dann nachts auf dem Nez zu suchen gehabt?«
    Wieder hob sie den Kopf und sah, daß Emily ihr mit der Bierdose salutierte. »Tja, genau das ist die Frage, Sergeant Havers«, sagte sie und setzte die Dose an den Mund.

4
    »Soll ich Sie jetzt ins Schlafzimmer raufbringen, Mrs. Shaw? Es ist schon nach zehn, und der Doktor hat gesagt, ich soll dafür sorgen, daß Sie Ihren Schlaf kriegen.«
    Mary Ellis' Stimme hatte genau diesen zaghaften Ton, der Agatha Shaw auf die Palme brachte. Doch sie beherrschte sich und wandte sich langsam von den drei großen Staffeleien ab, die Theo für sie in der Bibliothek aufgestellt hatte. Auf ihnen waren Darstellungen von Balford-le-Nez in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Sie hatte sich während der letzten halben Stunde darauf konzentriert, sie genau zu studieren, um so die Wut im Zaum zu halten, die in ihr tobte,

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