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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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gegessen, nicht einmal bei Hofe.
    Während er das Fleisch von den Knochen seiner Wachtel knabberte, fragte er Illyrio nach der morgendlichen Sitzung. Der Fette zuckte mit den Schultern. »Im Osten gibt es Ungemach. Astapor ist gefallen und Meereen ebenfalls. Sklavenstädte der Ghiscari, die schon alt waren, als die Welt noch jung war.« Das Spanferkel wurde zerlegt. Illyrio nahm sich ein Stück Kruste, tunkte sie in Pflaumensoße und aß sie mit den Fingern.
    »Die Sklavenbucht ist weit von Pentos entfernt.« Tyrion spießte eine Gänseleber mit der Messerspitze auf. Kein Mann ist so verflucht wie der Sippenmörder, grübelte er, und doch könnte ich mich daran gewöhnen.
    » Dem ist so«, stimmte Illyrio zu, »aber die Welt ist ein großes Netz, und kein Mann darf wagen, an einem Strang zu ziehen, ohne die anderen zum Zittern zu bringen. Noch Wein?« Illyrio steckte sich eine Paprika in den Mund. »Nein, etwas Besseres.« Er klatschte in die Hände.
    Daraufhin trat ein Diener mit einer geschlossenen Schüssel ein. Er stellte sie vor Tyrion ab, und Illyrio beugte sich über den Tisch vor und nahm den Deckel ab. »Pilze«, verkündete der Magister, als der Duft aufstieg. »Gehüllt in Knoblauch und in Butter gebadet. Es heißt, sie schmecken köstlich. Nehmt Euch einen, mein Freund. Nehmt Euch zwei.«
    Tyrion hatte den ersten dicken schwarzen Pilz bereits halb in den Mund befördert, als ihn Illyrios Tonfall stutzig werden ließ. »Nach Euch, mein Herr.« Er reichte seinem Gastgeber die Schüssel.
    »Nein, nein.« Magister Illyrio schob die Schüssel zurück. Einen Moment lang schien es, als würde aus dem aufgedunsenen Gesicht des Käsehändlers ein schelmischer Lausbub blicken. »Nach Euch. Ich bestehe darauf. Die Köchin hat sie eigens für Euch zubereitet.«
    »Ach, tatsächlich?« Er erinnerte sich an die Köchin, an das Mehl an ihren Händen, an die schweren Brüste, auf denen sich dunkelblaue Adern abzeichneten. »Wie freundlich von ihr, aber … nein.« Tyrion ließ den Pilz in den See aus geschmolzener Butter zurückfallen.
    »Ihr seid zu misstrauisch.« Illyrio lächelte durch seinen gelben Gabelbart. Den Bart ließ er sich gewiss jeden Morgen einölen, damit er wie Gold glänzte, vermutete Tyrion. »Ihr seid doch kein Feigling, oder? Davon hätte ich gehört.«
    »In den Sieben Königslanden gilt es als schwerer Bruch der Gastfreundschaft, wenn man versucht, einen Gast beim Abendessen zu vergiften.«
    »Bei uns ebenfalls.« Illyrio Mopatis griff nach seinem Weinbecher. »Wenn ein Gast jedoch ausdrücklich wünscht, sein Leben zu beenden, muss der Gastgeber ihm doch zu Gefallen sein, oder etwa nicht?« Er trank einen Schluck. »Magister Ordello wurde vor kaum sechs Monaten mit einem Pilz vergiftet. Der Schmerz, so heißt es, ist gar nicht so schlimm. Ein paar Bauchkrämpfe, ein plötzliches Stechen hinter den Augen, und schon ist es vorüber. Lieber einen Pilz als ein Schwert durch den Hals, oder etwa nicht? Warum mit dem Geschmack von Blut im Mund sterben, wenn man stattdessen Butter und Knoblauch haben kann?«
    Der Zwerg betrachtete die Speise vor sich. Beim Duft von Knoblauch und Butter lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Etwas in ihm verlangte nach diesen Pilzen, obwohl er wusste, worum es sich handelte. Er war nicht tapfer genug, um sich kalten Stahl in den Bauch zu rammen, aber ein Bissen von einem Pilz wäre einfach. Das machte ihm mehr Angst, als er sich eingestehen wollte. »Ihr habt mich falsch verstanden«, hörte er sich sagen.
    »Ach, wirklich? Das würde mich überraschen. Wenn Ihr Euch lieber in Wein ertränkt, braucht Ihr nur ein Wort zu sagen, und es wird geschehen. Und zwar schnell. Aber wenn Ihr Euch Becher um Becher ersäuft, verschwendet Ihr nur Zeit und guten Wein.«
    »Ihr habt mich falsch verstanden«, wiederholte Tyrion, lauter diesmal. Die Pilze in Butter glänzten dunkel und einladend im Lampenschein. »Ich möchte nicht sterben, das müsst Ihr mir glauben. Ich habe …« Er wurde unsicher. Was habe ich? Ein Leben vor mir? Ein Werk zu verrichten? Kinder großzuziehen, Länder zu regieren, eine Frau zu lieben?
    » Ihr habt gar nichts«, beendete Magister Illyrio den Satz an seiner Stelle, »aber das können wir ändern.« Er stibitzte sich einen Pilz aus der Butter und zerkaute ihn fröhlich. »Köstlich.«
    »Die Pilze sind nicht giftig.« Tyrion war verärgert.
    »Nein. Warum sollte ich Euch etwas Böses wollen?« Magister Illyrio aß noch einen Pilz. »Wir sollten uns

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