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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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mit einer Fackel in der Hand. Seine Bronzehaube war mit drei Stacheln gespickt. Ihm folgten vier seiner Unbefleckten, die den Toten auf ihren Schultern trugen. Ihre Hauben verfügten nur über jeweils einen Stachel, und ihre Gesichter waren so ausdruckslos, dass sie ebenfalls aus Bronze hätten gegossen sein können. Sie legten ihr die Leiche zu Füßen. Ser Barristan zog das blutige Leichentuch zurück. Grauer Wurm senkte die Fackel, damit sie sehen konnte.
    Das Gesicht des toten Mannes war glatt und haarlos, doch seine Wangen waren von Ohr zu Ohr aufgeschlitzt. Er war groß gewesen, blauäugig und hatte ein hübsches Gesicht gehabt. Ein Kind aus Lys oder Alt-Volantis, das von Korsaren von einem Schiff verschleppt und im roten Astapor in die Knechtschaft verkauft worden war. Obwohl die Augen offen standen, waren es die Wunden, die weinten. Es gab mehr Wunden, als sie zählen konnte.
    »Euer Gnaden«, sagte Ser Barristan, »auf die Ziegel in der Gasse, wo man ihn gefunden hat, war eine Harpyie gemalt …«
    »… mit Blut gemalt.« Daenerys war nicht überrascht. Die Söhne der Harpyie metzelten bei Nacht und hinterließen ihr Zeichen bei jedem Opfer. »Grauer Wurm, warum war dieser Mann allein. Hatte er keinen Gefährten?« Auf ihren Befehl hin gingen die Unbefleckten nachts nur zu zweit durch die Straßen von Meereen.
    »Meine Königin«, antwortete der Hauptmann, »Euer Diener Tapferer Schild hatte gestern Nacht keinen Dienst. Er ging zu … einem gewissen Ort … um zu trinken und um Gesellschaft zu haben.«
    »Ein gewisser Ort? Was meinst du?«
    »Ein Freudenhaus, Euer Gnaden.«
    Ein Bordell. Die Hälfte ihrer Befreiten stammte aus Yunkai, und die Weisen Herren waren weithin berühmt für die Ausbildung von Bettsklaven. Die Kunst der Sieben Seufzer. In ganz Meereen schossen Bordelle wie Pilze aus dem Boden. Etwas anderes kennen sie nicht. Sie müssen überleben. Lebensmittel wurden von Tag zu Tag teurer, der Preis für nackte Haut hingegen verfiel. In den ärmeren Vierteln zwischen den Stufenpyramiden des Sklavenhändleradels von Meereen gab es Bordelle, in denen man alle erdenklichen erotischen Geschmäcker befriedigen konnte. Und wenn schon … » Was erhofft sich ein Eunuch in einem Bordell?«
    »Selbst jene, die keine Männer mehr sind, besitzen noch immer die Herzen von Männern, Euer Gnaden«, sagte Grauer Wurm. »Diesem hier wurde berichtet, Euer Diener Tapferer Schild habe den Frauen aus den Bordellen manchmal Münzen gegeben, damit sie sich zu ihm legen und ihn in die Arme nehmen.«
    Das Blut des Drachen weint nicht. » Tapferer Schild«, erwiderte sie trockenen Auges. »Das war sein Name?«
    »Wenn es Euch gefällt, Euer Gnaden.«
    »Ein schöner Name.« Die Guten Herren von Astapor hatten ihren Sklavensoldaten nicht einmal Namen erlaubt. Einige ihrer Unbefleckten hatten ihre Geburtsnamen wieder angenommen, nachdem sie sie befreit hatte, andere dachten sich neue aus. »Ist bekannt, wie viele Angreifer über Tapferer Schild hergefallen sind?«
    »Dieser hier weiß es nicht. Viele.«
    »Sechs oder mehr«, ergänzte Ser Barristan. »Dem Aussehen der Wunden nach sind sie von allen Seiten gekommen. Er wurde mit leerer Scheide gefunden. Vielleicht hat er einige der Angreifer verwundet.«
    Dany betete still dafür, dass irgendwo genau in diesem Augenblick ein Sohn der Harpyie im Sterben lag, sich den Bauch hielt und sich in Schmerzen wand. »Warum haben sie ihm die Wangen auf diese Weise aufgeschlitzt.«
    »Gütige Königin«, sagte Grauer Wurm, »die Mörder haben Eurem Diener Tapferer Schild die Geschlechtsteile einer Ziege in den Schlund gestopft. Dieser hier hat sie entfernt, bevor er ihn herbrachte.«
    Die eigenen Genitalien konnten sie ihm nicht in den Mund stecken. Die Astapori haben ihm weder Wurzel noch Stängel gelassen. » Die Kühnheit der Söhne wächst«, stellte Dany fest. Bis jetzt hatten sie ihre Angriffe auf unbewaffnete Befreite beschränkt, hatten sie in den Straßen niedergestochen oder waren im Schutz der Dunkelheit in ihre Häuser eingebrochen, um sie in ihren Betten zu ermorden. »Das ist der erste meiner Soldaten, den sie getötet haben.«
    »Der Erste«, warnte Ser Barristan, »aber nicht der Letzte.«
    Ich befinde mich immer noch im Krieg, erkannte Dany, nur kämpfe ich jetzt gegen Schatten. Sie hatte auf eine Pause vom Töten gehofft, auf eine Zeit des Aufbaus und der Erneuerung.
    Mit einem Achselzucken ließ sie das Löwenfell von den Schultern gleiten, kniete neben der Leiche

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