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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Kettenhemd und seinen Wolfsfellmantel, dazu weiche Lederhandschuhe und eine dunkle Wollhose. Wenn es ihn überraschte, dass Tyrion auf den Beinen war, so ließ er sich davon nichts anmerken, sondern bedachte ihn nur mit dem üblichen finsteren Blick. Er nahm Yandry mit nach hinten zum Ruder, wo sie sich leise unterhielten. Der Zwerg konnte nichts verstehen.
    Schließlich wandte Greif sich an Haldon. »Wir müssen wissen, ob an diesen Gerüchten etwas dran ist. Geht an Land und findet so viel wie möglich heraus. Qavo wird Bescheid wissen, falls Ihr ihn auftreiben könnt. Versucht es im Flussschiffer und in der Bemalten Schildkröte. Ihr wisst, wo er sich normalerweise herumtreibt.«
    »Ja. Den Zwerg nehme ich auch mit. Vier Ohren hören mehr als zwei. Und Ihr wisst ja, wie versessen Qavo auf sein Cyvasse ist.«
    »Wie Ihr wünscht. Seid vor Sonnenaufgang zurück. Falls Ihr Euch aus irgendeinem Grund verspätet, schlagt Euch zur Goldenen Kompanie durch.«
    Gesprochen wie ein Lord. Tyrion behielt den Gedanken für sich.
    Haldon hatte einen Kapuzenmantel angelegt, und Tyrion wechselte sein selbstgenähtes Narrenkleid gegen etwas Tristes, Graues. Greif reichte jedem einen Beutel mit Silber aus einer von Illyrios Truhen. »Damit könnt Ihr Zungen lösen.«
    Die Dämmerung ging schon langsam in die Dunkelheit über, als sie durch den Hafen schritten. Viele Schiffe, an denen sie vorbeikamen, wirkten verlassen, ihre Laufplanken waren hochgezogen. Auf anderen drängten sich bewaffnete Männer, die sie misstrauisch beäugten. Unter den Stadtmauern brannten über den Ständen Pergamentlaternen und warfen bunte Lichtflecken auf den gepflasterten Weg. Haldons Gesicht wurde nacheinander grün, dann rot, dann violett. Im Gewirr fremder Sprachen hörten sie vor sich eine seltsame Musik, eine dünne hohe Flöte, die von Trommeln begleitet wurde. Hinter ihnen bellte ein Hund.
    Und die Huren waren unterwegs. Fluss oder Meer, ein Hafen war ein Hafen, und wo es Seeleute gab, waren auch Huren zu finden. Ist es das, was mein Vater gemeint hat? Gehen Huren dorthin, zum Wasser?
    Die Huren von Lannisport und King’s Landing waren freie Frauen. Ihre Schwestern in Selhorys waren Sklavinnen, und ihre Fesseln bestanden aus den Tränen, die man ihnen unter das rechte Auge tätowiert hatte. Alt wie die Sünde und doppelt so hässlich, sie alle miteinander. Sie konnten einen Mann fast dazu bringen, der Hurerei abzuschwören. Tyrion spürte ihre Blicke, als er an ihnen vorbeiwatschelte, hörte sie hinter vorgehaltenen Händen tuscheln und kichern. Man möchte meinen, die hätten noch nie einen Zwerg gesehen.
    Eine Gruppe volantischer Speerträger stand vor dem Flusstor Wache. Der Fackelschein glänzte auf den Stahlkrallen, mit denen ihre Handschuhe besetzt waren. Ihre Helme waren Tigermasken, die Gesichter darunter waren mit grünen Streifen gezeichnet, die auf beide Wangen tätowiert waren. Wie Tyrion wusste, waren die Sklavensoldaten von Volantis unglaublich stolz auf ihre Tigerstreifen. Sehnt ihr euch nach der Freiheit?, fragte er sich. Was würdet ihr tun, wenn diese Kindkönigin sie euch schenken würde? Was seid ihr, wenn nicht Tiger? Was bin ich, wenn nicht ein Löwe?
    Einer der Tiger entdeckte den Zwerg und sagte etwas, worüber die anderen lachten. Als sie das Tor erreichten, zog er den Krallenhandschuh und den verschwitzten Handschuh darunter aus, legte einen Arm um den Hals des Zwergs und rieb ihm unsanft den Kopf. Tyrion konnte sich vor Schreck nicht wehren. Im nächsten Augenblick war es auch schon vorbei. »Hatte dieses Benehmen einen bestimmten Grund?«, fragte er den Halbmaester.
    »Er sagt, es bringe Glück, den Kopf eines Zwergs zu reiben«, meinte Haldon, nachdem er sich mit der Wache in deren Sprache unterhalten hatte.
    Tyrion zwang sich, den Mann anzulächeln. »Sagt ihm, es brächte noch mehr Glück, einem Zwerg den Schwanz zu lutschen.«
    »Lieber nicht. Die Tiger sind für ihre scharfen Zähne bekannt.«
    Eine andere Wache winkte sie durch das Tor und fuchtelte ungeduldig mit einer Fackel herum. Haldon Halbmaester ging voraus, und Tyrion watschelte ihm wachsam hinterher ins eigentliche Selhorys.
    Vor ihnen breitete sich ein großer Platz aus. Noch zu dieser Stunde war er bevölkert und laut und hell erleuchtet. Laternen schwangen an Eisenketten über Türen von Schenken und Freudenhäusern, aber hier im Inneren der Stadt waren sie aus buntem Glas gefertigt, nicht aus Pergament. Rechts brannte ein Nachtfeuer vor einem Tempel

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