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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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durch die Lange Brücke verbunden. Der älteste und reichste Teil der Stadt lag am Ostufer, doch Söldner, Barbaren und sonstige ungehobelte Ausländer waren dort nicht willkommen, also mussten sie hinüber in den Westen.
    Das Tor zur Langen Brücke war ein schwarzer Steinbogen, in den Sphinxe, Mantikore, Drachen und noch eigentümlichere Wesen gemeißelt waren. Jenseits des Tores begann die große Steinstraße, die die Valyrer auf dem Höhepunkt ihrer Macht gebaut hatten und die auf riesigen Pfeilern ruhte. Die Straße war gerade breit genug für zwei Karren nebeneinander, und wenn ein Wagen, der nach Osten wollte, einem begegnete, der nach Westen wollte, mussten sie sehr langsam aneinander vorbeifahren.
    Glücklicherweise waren sie zu Fuß. Nach einem Drittel der Brücke hatte sich das Rad eines Wagens voller Melonen und das eines Karrens, der hoch mit Seidenteppichen bepackt war, ineinander verhakt und so den gesamten Verkehr zum Halten gebracht. Auch viele Fußgänger waren stehen geblieben, um zuzuschauen, wie sich die Fuhrleute gegenseitig beschimpften und anschrien, doch der Ritter packte Tyrions Kette und drängte sich mit ihm durch die Menschenmenge. Mittendrin versuchte ein Junge, seinen Beutel zu stehlen, doch ein harter Ellbogenstoß beendete dieses Ansinnen, und der Dieb landete mit blutiger Nase auf dem Boden.
    Links und rechts von ihnen erhoben sich Gebäude, Läden und Tempel, Schenken und Gasthäuser, Cyvasse -Hallen und Bordelle. Die meisten hatten drei oder vier Stockwerke, und jedes Geschoss ragte ein Stückchen weiter nach vorn. Die obersten Stockwerke berührten sich fast. Die Brücke zu überqueren fühlte sich an, als würde man durch einen von Fackeln erleuchteten Tunnel wandern. Es gab Läden und Stände aller Art; Weber und Spitzenmacher boten ihre Ware neben Glasbläsern, Kerzengießern und Fischweibern an, die Aale und Austern verkauften. Bei jedem Goldschmied stand eine Wache vor der Tür, und bei jedem Gewürzhändler sogar zwei, denn ihre Waren besaßen den doppelten Wert. Hier und da schaute sich zwischen den Läden ein Reisender den Fluss an, den sie überquerten. Nach Norden hin erstreckte sich die Rhoyne als schwarzes Band, das von den Sternen erhellt wurde, fünfmal so breit wie der Blackwater bei King’s Landing. Südlich der Brücke wurde der Flussarm noch breiter und umarmte das salzige Meer.
    In der Mitte der Brücke hingen abgetrennte Hände von Dieben und Beutelschneiden wie Zwiebelketten von Eisenständern entlang der Straße. Auch drei Köpfe waren ausgestellt; zwei Männer und eine Frau, deren Verbrechen auf Tafeln darunter beschrieben wurden. Zwei Speerträger mit polierten Helmen und silbernen Kettenhemden hielten Wache. Die Tigerstreifen auf ihren Wangen waren so grün wie Jade. Von Zeit zu Zeit fuchtelten sie mit den Speeren herum, um die Turmfalken, Möwen und Aaskrähen zu verscheuchen, die den Verblichenen ihre Aufwartung machten. Die Vögel kehrten binnen Augenblicken zu den Köpfen zurück.
    »Was haben sie verbrochen?«, wollte Tyrion in aller Unschuld wissen.
    Der Ritter betrachtete die Tafeln. »Die Frau war eine Sklavin, die die Hand gegen ihre Herrin erhoben hat. Der ältere Mann wurde beschuldigt, zur Rebellion aufgehetzt und für die Drachenkönigin spioniert zu haben.«
    »Und der jüngere?«
    »Hat seinen Vater getötet.«
    Tyrion warf einen zweiten Blick auf den verrottenden Kopf. Na, es sieht fast aus, als würde er lächeln.
    Ein Stück weiter blieb der Ritter kurz stehen und betrachtete ein mit Edelsteinen besetztes Diadem, das auf einem Kissen aus purpurnem Samt ruhte. Er ging weiter, blieb jedoch einige Schritte weiter stehen und feilschte mit einem Gerber um ein Paar Handschuhe. Tyrion war dankbar für die Pausen. Nachdem sie so hastig gegangen waren, schnaufte er, und seine Handgelenke waren bereits von den Schellen aufgescheuert.
    Vom anderen Ende der Langen Brücke war es nur ein kurzer Gang durch die bevölkerten Hafenviertel am Westufer, fackelerhellte Straßen voller Seeleute, Sklaven und betrunkener Spaßvögel hinunter. Einmal trampelte ein Elefant vorbei, aus dessen Burg ein Dutzend halbnackter Sklavinnen winkten, den Männern freizügige Blicke auf Brüste gewährten und riefen: »Malaquo, Malaquo.« Sie boten einen so bezaubernden Anblick, dass Tyrion beinahe in einen dampfenden Misthaufen getreten wäre, den der Elefant hinterlassen hatte. Im letzten Augenblick wurde er von dem Ritter gerettet, der so heftig an seiner Kette zerrte,

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