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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Werkstätten und Tempeln, die keine Dächer mehr hatten.
    Und dann der Geruch. Er hing in der heißen feuchten Luft, schwer, stinkend, durchdringend. Fisch mischt sich hinein, Blumen und wohl auch etwas Elefantenmist. Etwas Süßes und etwas Erdiges, dazu etwas Totes und Verfaultes. » Diese Stadt riecht wie eine alte Hure«, platzte es aus Tyrion heraus. »Wie eine schlaffe Dirne, die sich zwischen den Beinen mit Parfüm eingesprüht hat, um den Gestank zu überdecken. Nein, ich will mich gar nicht beschweren. Bei den Huren riechen die jungen viel besser, aber die alten kennen die besseren Kniffe.«
    »Ihr kennt Euch damit sicher besser aus als ich.«
    »Ach, natürlich. Das Bordell, in dem wir uns begegnet sind, habt Ihr bestimmt mit einer Septe verwechselt? Und war das Eure jungfräuliche Schwester, die sich auf Eurem Schoß gerekelt hat?«
    Bei diesen Worten verfinsterte sich seine Miene. »Gönnt Eurer Zunge eine kleine Rast, wenn Ihr nicht wollt, dass ich sie auch noch verknote.«
    Tyrion schluckte seine Erwiderung herunter. Seine Lippen waren noch immer dick und geschwollen vom letzten Mal, als er es mit dem großen Ritter zu weit getrieben hatte. Harte Hände und mangelnder Sinn für Humor geben ein schlechtes Paar ab. Das hatte er auf der Straße von Selhorys gelernt. Seine Gedanken gingen zu seinem Stiefel, zu den Pilzen in der Spitze. Sein Entführer hatte ihn nicht so gründlich durchsucht, wie er hätte sein können. Es gibt immer einen Ausweg. Cersei bekommt mich zumindest nicht lebend in die Finger.
    Weiter im Süden gab es wieder Anzeichen für Wohlstand. Die verlassenen Gebäude wurden seltener, die nackten Kinder verschwanden aus dem Straßenbild, die Bravos in den Türeingängen waren prachtvoller gekleidet. Einige der Gasthäuser machten sogar den Eindruck, als könnte man dort nächtigen, ohne mit durchgeschnittener Kehle aufzuwachen. Laternen schaukelten an Eisenpfosten entlang der Flussstraße, wenn der Wind blies. Die Straßen wurden breiter, die Gebäude eindrucksvoller. Manche waren mit großen Kuppeln aus buntem Glas verziert. In der einbrechenden Dunkelheit entzündete man Feuer darunter, und die Kuppeln leuchteten blau und rot und violett.
    Und trotzdem lag etwas in der Luft, das bei Tyrion Unbehagen auslöste. Westlich der Rhoyne wimmelte es, wie er wusste, auf den Kais der Stadt von Seeleuten, Sklaven und Händlern, und Weinschenken, Gasthäuser und Bordelle standen zu ihrer Versorgung bereit. Auf der Ostseite des Flusses wurden Fremde aus Übersee weit seltener gesichtet. Hier sind wir nicht erwünscht, dämmerte es dem Zwerg.
    Als sie zum ersten Mal einem Elefanten begegneten, konnte Tyrion den Blick nicht von dem Tier losreißen. In der Tierschau von Lannisport hatte es einmal einen Elefanten gegeben, als er noch ein Junge gewesen war, doch der war gestorben, als Tyrion sieben war … Und dieses große, graue Ungetüm schien zweimal so groß zu sein.
    Ein Stück weiter reihten sie sich hinter einem kleineren Elefanten ein, der so weiß war wie ausgeblichene Gebeine und einen verzierten Karren zog. »Ist ein Ochsenkarren ohne einen Ochsen noch ein Ochsenkarren?«, fragte Tyrion seinen Entführer. Als dieser Geistesblitz keine Erwiderung hervorlockte, verfiel er wieder in Schweigen und betrachtete den schwankenden Rumpf des weißen Zwergelefanten vor ihnen.
    In Volantis sah man an jeder Ecke einen weißen Zwergelefanten. Als sie sich der Schwarzen Mauer näherten und damit den überfüllten Vierteln nahe der Langen Brücke, sah er Dutzende von ihnen. Große graue Elefanten waren ebenfalls nicht ungewöhnlich; riesige Tiere mit Burgen auf dem Rücken. Und im Zwielicht des Abends waren die Mistkarren herausgekommen, die von halbnackten Sklaven gelenkt wurden, deren Aufgabe darin bestand, die dampfenden Haufen, die große und kleine Elefanten hinterließen, mit Schaufeln aufzusammeln. Fliegenschwärme folgten den Karren, und deshalb hatte man den Mistsklaven Fliegen auf die Wangen tätowiert, um sie als das zu kennzeichnen, was sie waren. Das wäre das doch eine Aufgabe für meine Schwester, dachte Tyrion. Wie hübsch sie aussehen würde, mit einer kleinen Schaufel in der Hand und einer tätowierten Fliege auf der rosigen Wange.
    Inzwischen ging es nur noch schleppend voran. Auf der Flussstraße herrschte starker Verkehr, der zum größten Teil nach Süden unterwegs war. Der Ritter ließ sich treiben wie ein Baumstamm in der Strömung. Tyrion beäugte die Menschen, die sich an ihnen

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