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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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dass Tyrion zur Seite taumelte.
    »Wie weit ist es noch?«, fragte der Zwerg.
    »Dort drüben. Am Fischhändlerplatz.«
    Ihr Ziel war ein Kaufmannshaus, ein viergeschossiges Ungetüm, das zwischen den Lagerhäusern, Bordellen und Schenken am Ufer aufragte wie ein fetter Mann inmitten von Kindern. Der Gastraum war größer als die Große Halle in der Hälfte von Westeros’ Burgen, ein trüb erleuchtetes Labyrinth mit hundert privaten Nischen und verborgenen Ecken, dessen geschwärzte Balken und rissige Decke vom Lärm der Seeleute, Händler, Kapitäne, Geldwechsel, Schiffer und Sklavenhändler widerhallte, die einander in einem halben Hundert verschiedener Sprachen belogen, verfluchten und betrogen.
    Tyrion sagte diese Herberge zu. Früher oder später musste die Scheue Maid nach Volantis kommen. Dies war das größte Gasthaus der Stadt, die erste Wahl für Schiffer, Kapitäne und Händler. In dem höhlenartigen Labyrinth von Gastraum wurden viele Geschäfte abgeschlossen. Er wusste genug von Volantis, um das zu wissen. Wenn Greif hier mit Ente und Haldon auftauchte, wäre er bald wieder frei.
    In der Zwischenzeit übte er sich in Geduld. Seine Zeit würde kommen.
    Die Zimmer oben waren eher klein als groß, insbesondere die billigen im vierten Stock. Eingekeilt in eine Ecke unter dem schrägen Dach des Gebäudes hatte die Schlafkammer, die sein Entführer gewählt hatte, eine niedrige Decke, ein durchhängendes Federbett, das unangenehm roch, und einen abschüssigen Holzboden, der Tyrion an seinen Aufenthalt auf der Eyrie erinnerte. Zumindest hat dieser Raum Wände. Und sogar Fenster: die größte Annehmlichkeit, zusammen mit einem eisernen Ring in der Wand, der ausgesprochen gut dafür geeignet war, einen Sklaven anzuketten. Sein Entführer zündete nur eine Talgkerze an und machte Tyrions Ketten danach sofort an dem Ring fest.
    »Muss das sein?«, beschwerte sich der Zwerg und rasselte schwach mit seinen Ketten. »Wohin soll ich denn verschwinden, durch das Fenster?«
    »Könnte doch sein.«
    »Wir sind im vierten Stock, und ich kann nicht fliegen.«
    »Ihr könnt fallen. Ich möchte Euch lebend.«
    Ja, aber wozu? Cersei wird es nicht kümmern. Tyrion klimperte wieder mit den Ketten. »Ich weiß, wer Ihr seid, Ser.« Das war nicht schwer zu erraten gewesen. Der Bär auf dem Waffenrock, das Wappen auf dem Schild, den verlorenen Titel, den er erwähnt hatte. »Ich weiß, was Ihr seid. Und wenn Ihr wisst, wer ich bin, dann wisst Ihr zudem, dass ich des Königs Hand war und mit der Spinne im Rat saß. In der Tat, es war der Eunuch, der mich auf diese Reise geschickt hat.« Er und Jaime, doch meinen Bruder lasse ich besser aus dem Spiel. » Ich bin ebenso sehr sein Geschöpf, wie Ihr es seid. Wir sollten uns lieber zusammentun.«
    Das gefiel dem Ritter nicht. »Ich habe die Münzen der Spinne genommen, das leugne ich nicht, aber ich war niemals das Geschöpf des Eunuchen. Und meine Treue gehört inzwischen einer anderen.«
    »Cersei? Ihr seid ein Narr. Meine Schwester braucht doch nur meinen Kopf, und Ihr habt ein feines scharfes Schwert. Warum beenden wir diesen Mummenschanz nicht hier und jetzt und ersparen uns die Scherereien?«
    Der Ritter lachte. »Ist das irgendeine Zwergenlist? Um den Tod zu betteln in der Hoffnung, ich ließe Euch dann am Leben?« Er ging zur Tür. »Ich bringe Euch etwas aus der Küche mit.«
    »Wie freundlich von Euch. Ich werde hier warten.«
    »Ich weiß.« Trotzdem verschloss er die Tür hinter sich mit einem schweren Eisenschlüssel. Das Kaufmannshaus war berühmt für seine Schlösser. So sicher wie ein Kerker, dachte der Zwerg bitter, aber zumindest gibt es diese Fenster.
    Tyrion wusste, er würde seinen Ketten kaum entkommen können, trotzdem fühlte er sich verpflichtet, es wenigstens zu versuchen. Bei seinen Bemühungen, die Hand durch die Schelle zu zerren, schrammte er sich allerdings nur noch mehr Haut auf, und am Handgelenk klebte Blut. Trotz allen Ziehens und Zerrens konnte er auch den Eisenring nicht aus der Wand reißen. Ach, verflucht, dachte er und ließ sich so weit sinken, wie es die Ketten erlaubten. Seine Beine verkrampften sich. Das würde eine höllisch unbequeme Nacht werden. Ohne Zweifel nur die erste von vielen.
    Der Raum war stickig, deshalb hatte der Ritter die Fensterläden geöffnet, damit der Wind hereinwehen konnte. Glücklicherweise hatte die Kammer zwei Fenster, weil sie an der Ecke lag. Ein Fenster ging zur Langen Brücke und dem von der Schwarzen Mauer

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