09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
würde sie Fliegen verscheuchen, die um ihren Kopf herumschwirrten. »Wenn Ihr nach Meereen wollt, schwimmt. Von mir erhaltet Ihr keine Hilfe.«
In diesem Augenblick brachen die Sieben Höllen auf einmal los.
Ser Jorah wollte sich erheben, die Witwe schloss ihren Fächer, der vernarbte Mann trat aus dem Schatten … und hinter ihnen schrie ein Mädchen. Tyrion fuhr gerade noch rechtzeitig herum, um zu sehen, wie der Zwerg auf ihn zurannte. Das ist ein Mädchen, erkannte er sofort, ein Mädchen in Männerkleidung. Und sie will mich mit diesem Messer umbringen.
Einen halben Herzschlag lang standen Ser Jorah, die Witwe und der Vernarbte starr wie Stein da. Die Gäste an den Nebentischen schauten zu, nippten am Bier und Wein, doch niemand rührte sich, um einzuschreiten. Tyrion musste wegen der Ketten beide Hände zusammen bewegen und hatte gerade genug Freiheit, um den Krug auf dem Tisch zu erreichen. Er schloss die Faust darum, fuhr herum und schleuderte den Inhalt dem angreifenden Zwergenmädchen ins Gesicht, dann warf er sich zur Seite, um ihrem Messer auszuweichen. Der Krug zerschellte unter ihm, als der Boden ihm entgegenkam und gegen seinen Kopf krachte. Dann stürzte sich das Mädchen erneut auf ihn. Tyrion wälzte sich herum, und die Klinge bohrte sich in die Bodendielen. Die Zwergin riss es zurück, holte erneut aus …
… und plötzlich wurde sie in die Höhe gezogen und strampelte wild mit den Beinen, während Ser Jorah sie festhielt. »Nein!«, jammerte sie in der Gemeinen Zunge von Westeros. » Loslassen !« Tyrion hörte Stoff reißen, während sie um ihre Freiheit kämpfte.
Mormont hatte sie mit einer Hand am Kragen gepackt, mit der anderen rang er ihr den Dolch ab. »Genug.«
Jetzt erschien auch der Gastwirt mit einem Knüppel. Als er den zerbrochenen Krug sah, fluchte er herzhaft und verlangte zu erfahren, was geschehen war. »Zwergenkampf«, erklärte der Tyroshi mit dem violetten Bart lachend.
Tyrion betrachtete das tropfende Mädchen, das zappelnd an Mormonts Arm in der Luft hing. »Warum?«, wollte er wissen. »Was habe ich dir denn getan?«
»Sie haben ihn umgebracht.« Nach diesem Satz hörte sie endlich auf zu kämpfen. Sie hing schlaff in Mormonts Griff und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
»Wer hat ihn umgebracht?«, fragte Mormont.
»Seeleute. Seeleute aus den Sieben Königslanden. Es waren fünf, und sie waren betrunken. Sie haben uns beim Tjostieren auf dem Platz gesehen und sind uns gefolgt. Als sie merkten, dass ich ein Mädchen bin, haben sie mich laufen lassen, aber meinen Bruder haben sie mitgenommen und umgebracht. Sie haben ihm den Kopf abgehackt.«
Tyrion fuhr der Schreck in die Knochen, als es ihm dämmerte. Sie haben uns beim Tjostieren auf dem Platz gesehen. Er wusste, wer dieses Mädchen war. »Hast du das Schwein geritten oder den Hund?«, fragte er sie.
»Den Hund«, schluchzte sie. »Oppo hat immer das Schwein geritten.«
Die Zwerge von Joffreys Hochzeit. Mit ihrer Aufführung hatte der ganze Ärger in jener Nacht angefangen. Wie eigenartig, ihnen auf der anderen Seite der Welt wiederzubegegnen. Oder vielleicht war es doch nicht so eigenartig. Wenn sie nur halb so viel Verstand wie ihr Schwein gehabt hatten, waren sie noch in der gleichen Nacht aus King’s Landing geflohen; ehe Cersei ihnen einen Teil der Schuld am Tod ihres Sohns zuschieben konnte. » Lasst sie herunter, Ser«, sagte er zu Ser Jorah Mormont. »Sie wird uns nichts mehr tun.«
Ser Jorah ließ das Zwergenmädchen auf den Boden fallen. »Es tut mir leid wegen deines Bruders … aber wir haben mit dem Mord an ihm nichts zu tun.«
»Er aber schon.« Das Mädchen drückte sich auf die Knie hoch und hielt sich das zerrissene, weingetränkte Hemd vor die kleinen blassen Brüste. »Den da wollten sie. Aber sie haben geglaubt, Oppo sei er !« Das Mädchen weinte jetzt und flehte alle um Hilfe an, die zuhörten. »Er sollte sterben, so wie mein armer Bruder gestorben ist. Bitte. So helft mir doch. So bringt ihn doch jemand um.« Der Gastwirt packte sie grob am Arm und zog sie auf die Beine, schrie auf Volantisch herum, verlangte zu wissen, was vorgefallen war und wer für den Schaden aufkommen würde.
Die Witwe vom Hafen blickte Mormont kühl an. »Ritter verteidigen die Schwachen und beschützen die Unschuldigen, heißt es. Und ich bin die schönste Jungfrau in ganz Volantis.« Sie lachte spöttisch. »Wie heißt du, Kind.«
»Hella.«
Die alte Frau rief dem Wirt etwas in der Sprache von
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