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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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war zehntausend Mann stark, und sie alle waren kampferprobt und diszipliniert. Keiner von ihnen ist allerdings ein Seemann. Greif muss jedem ein Messer an die Kehle setzen, und sollten sie in der Sklavenbucht gezwungen sein zu kämpfen …
    Das Schankmädchen kam zu ihrem Tisch zurück. »Die Witwe wird Euch als Nächsten empfangen, edler Ser. Habt Ihr ein Geschenk mitgebracht?«
    »Ja. Vielen Dank.« Ser Jorah legte dem Mädchen eine Münze in die Hand und schickte sie davon.
    Tyrion runzelte die Stirn. »Wessen Witwe ist das?«
    »Die Witwe vom Hafen. Östlich der Rhoyne nennt man sie immer noch Vogarros Hure, aber das sagt ihr niemand ins Gesicht.«
    Dem Zwerg half das nicht weiter. »Und Vogarro war …?«
    »Ein Elefant, siebenmal Triarch, sehr reich und eine Macht im Hafen. Während andere Männer Schiffe bauten und segelten, hat er Anleger und Lagerhäuser errichtet, mit Frachten gehandelt, Geld gewechselt, Schiffe gegen die Gefahren des Meeres versichert. Außerdem hat er mit Sklaven gehandelt. Eines Tages fraß er an einer Bettsklavin, die in Yunkai im Weg der Sieben Seufzer unterrichtet worden war, einen Narren. Es war ein großer Skandal, und es wurde ein noch größerer, als er ihr die Freiheit schenkte und sie zu seiner Frau nahm. Nach seinem Tod führte sie seine Geschäfte fort. Freigelassene dürfen aber nicht hinter der Schwarzen Mauer wohnen, also war sie gezwungen, Vogarros Anwesen zu verkaufen. Seitdem wohnt sie im Kaufmannshaus. Das war vor zweiunddreißig Jahren, und sie ist immer noch hier. Das ist sie, dort hinter Euch, dahinten im Innenhof, wo an ihrem gewohnten Tisch Hof hält. Nein, dreht Euch jetzt nicht um. Es ist gerade jemand bei ihr. Wenn er fertig ist, sind wir an der Reihe.«
    »Und wie soll dieser alte Drachen Euch helfen?«
    Ser Jorah stand auf. »Passt nur auf und seht selbst. Der Besucher geht.«
    Tyrion hüpfte mit rasselnden Handschellen von seinem Stuhl. Das dürfte aufschlussreich werden.
    Wie die Frau dahinten in ihrer Ecke hinten im Hof saß, erinnerte Tyrion an einen Fuchs, und ihre Augen hatten Ähnlichkeit mit denen eines Reptils. Ihr weißes Haar war so dünn, dass die rosige Haut ihres Schädels hindurchschimmerte. Unter dem einen Auge trug sie verblasste Narben, wo mit einem Messer ihre Tränen entfernt worden waren. Auf dem Tisch standen noch die Überreste ihrer Morgenmahlzeit: Sardinenköpfe, Olivenkerne, Fladenbrotstücke. Tyrion entging nicht, wie gut sie ihren »üblichen Tisch« gewählt hatte; im Rücken befand sich fester Stein, eine mit Pflanzen bewachsene Nische auf der einen Seite, durch die man ein- und austreten konnte, man hatte einen sehr guten Blick auf den Eingang des Gasthauses und saß doch so weit im Schatten, dass man selbst beinahe unsichtbar war.
    Sein Anblick brachte die alte Frau zum Lächeln. »Ein Zwerg«, schnurrte sie, mit einer Stimme, die gleichzeitig unheimlich und sanft klang. Sie sprach die Gemeine Zunge akzentfrei. »In Volantis wimmelt es zurzeit von Zwergen, scheint mir. Kann dieser hier irgendwelche Kunststücke?«
    Ja, hätte Tyrion gern geantwortet. Gebt mir eine Armbrust, und ich führe Euch mein Lieblingskunststück vor. »Nein«, erwiderte Ser Jorah.
    »Wie schade. Ich hatte einmal einen Affen, der beherrschte eine ganze Reihe schlauer Kunststücke. Euer Zwerg erinnert mich an ihn. Ist er ein Geschenk?«
    »Nein. Ich habe Euch dies hier mitgebracht.« Ser Jorah holte sein Paar Handschuhe hervor und ließ sie neben den anderen Geschenken, welche die Witwe an diesem Morgen schon erhalten hatte, auf den Tisch fallen: ein Silberkelch, ein kunstvoller Fächer aus Jadeblättern, die so dünn waren, dass sie durchscheinend wirkten, und ein uralter Bronzedolch, in den Runen graviert waren. Neben diesen Schätzen wirkten die Handschuhe billig und geschmacklos.
    »Handschuhe für meine armen, alten, runzligen Hände. Wie nett.« Die Witwe machte keine Anstalten, sie zu anzufassen.
    »Ich habe sie auf der Langen Brücke gekauft.«
    »Auf der Langen Brücke gibt es fast alles zu kaufen. Handschuhe, Sklaven, Affen.« Das Alter hatte ihren Rücken gekrümmt und ihr den Buckel eines alten Weibs beschert, doch die Augen der Witwe strahlten hell und schwarz. »Nun, sagt mir, wie kann Euch diese alte Witwe zu Diensten sein?«
    »Wir brauchen eine schnelle Überfahrt nach Osten. Nach Meereen.«
    Ein Wort. Und Tyrion Lannisters Welt wurde auf den Kopf gestellt.
    Ein Wort. Meereen. Oder hatte er sich verhört?
    Ein Wort. Meeren, er hat Meereen

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