09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
das.«
»Und was glaubt Ihr?«, fragte Ser Jorah.
Gut, dachte Tyrion, das war die richtige Frage.
» Oh, ich glaube auch, dass es Krieg geben wird, aber nicht den Krieg, den sie sich wünschen.« Die alte Frau beugte sich vor, und ihre schwarzen Augen leuchteten. »Ich glaube, der Rote R’hllor hat mehr Gläubige in dieser Stadt als alle anderen Götter zusammen. Habt Ihr Benerros predigen gehört?«
»Gestern Abend.«
»Benerro kann das Morgen in seinen Flammen sehen«, sagte die Witwe. »Triarch Malaquo hat versucht, die Goldene Kompanie anzuheuern, habt Ihr das gewusst? Er wollte den Roten Tempel säubern und Benerro dem Schwert überantworten. Aber er wagt es nicht, diese Aufgaben den Tiger-Mänteln anzuvertrauen. Die Hälfte davon glaubt selbst an den Herrn des Lichts. Ach, es sind dunkle Zeiten in Alt-Volantis, selbst für runzlige alte Witwen. Aber nicht so dunkel wie in Meereen, denke ich. Also sagt mir, Ser … Warum wollt Ihr die Silberkönigin aufsuchen?«
»Das geht allein mich etwas an. Ich zahle für die Überfahrt, und ich zahle gut. Ich habe genug Silber.«
Narr, dachte Tyrion, sie will keine Münzen, sie will Respekt. Habt Ihr denn überhaupt nicht zugehört? Er sah erneut über die Schulter nach hinten. Der Zwerg war näher an ihren Tisch herangekommen. Und er schien ein Messer in der Hand zu haben. Tyrion stellten sich die Nackenhaare auf.
»Behaltet Euer Silber. Ich habe Gold. Und erspart mir Eure finsteren Blicke, Ser. Ich bin zu alt, um mich vor einer gerunzelten Stirn zu fürchten. Ihr seid ein harter Mann, wie ich sehe, und ohne Zweifel könnt Ihr mit dem langen Schwert an Eurer Seite gut umgehen, aber dies ist mein Reich. Ich brauche nur einen Finger zu krümmen, und Ihr werdet Euch auf einem Schiff nach Meereen wiederfinden, aber an eine Ruderbank gekettet, im Bauch einer Galeere.« Sie hob den Jadefächer und faltete ihn auf. Laub raschelte, und aus dem überwachsenen Torbogen zu ihrer Linken trat ein Mann. Sein Gesicht schien nur aus Narben zu bestehen, und in einer Hand hielt er ein Schwert, kurz und schwer wie ein Hackbeil. » Geht zur Witwe vom Hafen , wird Euch jemand gesagt haben, aber man hätte Euch auch warnen sollen: Hütet Euch vor den Söhnen der Witwe! Es ist so ein schöner Morgen, deshalb werde ich Euch noch einmal fragen: Warum wollt Ihr zu Daenerys Targaryen, deren Tod die halbe Welt sich wünscht?«
Jorah Mormonts Gesicht war vor Zorn dunkel geworden, aber er antwortete. »Um ihr zu dienen. Um sie zu verteidigen. Um für sie zu sterben, wenn es sein muss.«
Da musste die Witwe lachen. »Ihr wollt sie retten , habe ich das richtig gehört? Vor mehr Feinden, als ich aufzählen könnte, mit Schwertern ohne Zahl … Das soll Euch die arme Witwe glauben? Dass Ihr ein treuer und galanter Ritter aus Westeros seid, der die halbe Welt durchquert, um dieser … nun, Jungfrau ist nicht mehr, aber schön könnte sie noch sein … zu Hilfe zu eilen.« Sie lachte erneut. »Glaubt Ihr, Euer Zwerg wird ihr gefallen? Wird sie in seinem Blut baden, oder sich damit zufriedengeben, ihm den Kopf abzuschlagen?«
Ser Jorah zögerte. »Der Zwerg ist …«
»Ich weiß, wer der Zwerg ist, und ich weiß auch, was er ist.« Sie richtete den Blick aus den schwarzen Augen hart wie Stein auf Tyrion. »Sippenmörder, Königsmörder, Mörder, Abtrünniger. Lannister. « Das Letzte sprach sie aus wie einen Fluch. »Was gedenkt Ihr der Drachenkönigin anzubieten, kleiner Mann?«
Meinen Hass, hätte Tyrion am liebsten geantwortet. Stattdessen breitete er die Hände aus, so weit es ihm die Fesseln erlaubten. »Was immer sie von mir haben möchte. Guten Rat, meinen scharfen Verstand und ein paar Purzelbäume. Meinen Schwanz, wenn es sie danach gelüstet. Meine Zunge, wenn nicht. Ich werde ihre Armeen führen oder ihr die Füße reiben, ganz wie sie es wünscht. Und die einzige Belohnung, die ich von ihr erbitte, ist die Erlaubnis, meine Schwester zu vergewaltigen und zu töten.«
Diese Worte ließen das Lächeln auf das Gesicht der alten Frau zurückkehren. »Der hier ist wenigstens ehrlich«, befand sie, »aber Ihr, Ser … Ich habe ein Dutzend Ritter aus Westeros und tausend Abenteurer der gleichen Sorte kennengelernt, doch keiner war so rein, wie Ihr Euch darstellt. Männer sind Tiere, selbstsüchtig und brutal. Wie sanft auch die Worte sein mögen, darunter verbergen sich stets dunkle Beweggründe. Ich vertraue Euch nicht, Ser.« Sie entließ sie beide mit einem Wink ihres Fächers, als
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