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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Eisenfessel um sein Handgelenk schien der Rubin zu pulsieren. Er tippte mit der Schneide der Klinge darauf. Der Stahl klickte leise auf dem Stein. »Ich spüre ihn, wenn ich schlafe. Warm auf der Haut, sogar durch das Eisen. Sanft wie der Kuss einer Frau. Euer Kuss. Aber manchmal beginnt der Stein in meinen Träumen zu brennen, und Eure Lippen verwandeln sich in Zähne. Jeden Tag denke ich, wie leicht ich ihn herausbrechen könnte, und dann tue ich es doch nicht. Muss ich die verfluchten Knochen denn auch tragen?«
    »Der Zauber ist aus Schatten und Einflüsterungen gewirkt. Die Menschen sehen, was sie zu sehen erwarten. Die Knochen sind ein Teil davon.« Habe ich einen Fehler gemacht, als ich ihn verschont habe? » Wenn der Blendzauber zu wirken aufhört, werden sie Euch umbringen.«
    Der Wildling kratzte sich mit der Dolchspitze den Dreck unter den Nägeln hervor. »Ich habe meine Lieder gesungen, meine Schlachten geschlagen, Sommerwein getrunken und das Weib des Dornischen gekostet. Ein Mann sollte so sterben, wie er gelebt hat. Für mich bedeutet das, mit Stahl in der Hand.«
    Träumt er vom Tod? Könnte der Feind ihn berührt haben? Der Tod ist sein Reich, die Toten sind seine Soldaten. » Ihr bekommt schon bald Arbeit für Euren Stahl. Der Feind hat sich in Bewegung gesetzt, der wahre Feind. Und Lord Snows Grenzer werden vor Ende des Tages mit blinden, blutigen Augen zurückkehren.«
    Der Wildling kniff seine Augen zusammen. Graue Augen, braune Augen. Melisandre sah, wie sich die Farbe mit dem Pulsieren des Rubins änderte. »Die Augen herauszuschneiden ist das Werk des Weiners. Die besten Krähen sind blinde Krähen, hat er immer gesagt. Manchmal glaubte ich, er würde sich am liebsten selbst die Augen herausschneiden, so wie sie immer tränen und jucken. Snow hat geglaubt, das Freie Volk würde sich Tormund zuwenden und sich von ihm führen lassen, weil er selbst das getan hätte. Er mochte Tormund, und der alte Schwindler mochte ihn. Wenn allerdings der Weiner zum Anführer geworden ist … das wäre nicht gut. Nicht für ihn und nicht für uns.«
    Melisandre nickte ernst, als habe sie sich seine Worte zu Herzen genommen, doch dieser Weiner spielte keine Rolle. Überhaupt war sein ganzes Freies Volk unwichtig. Es war ein verlorenes Volk, ein verdammtes Volk, dazu verurteilt, vom Antlitz der Erde getilgt zu werden, genauso, wie die Kinder des Waldes verschwunden waren. Natürlich wollte er das nicht hören, und sie konnte es sich nicht leisten, ihn zu verlieren. Nicht jetzt. »Wie gut kennt Ihr den Norden?«
    Er steckte die Klinge ein. »So gut wie jeder Räuber. Manche Teile besser als andere. Der Norden ist groß. Warum?«
    »Das Mädchen«, sagte sie. »Ein Mädchen in Grau auf einem sterbenden Pferd. Jon Snows Schwester.« Wer sollte es sonst sein? Sie eilte zu ihm, um bei ihm Schutz zu suchen, so viel hatte Melisandre deutlich erkannt. »Ich habe sie in meinen Flammen gesehen, aber nur einmal. Wir müssen das Vertrauen des Lord Kommandanten gewinnen, und unsere einzige Möglichkeit das zu tun, besteht darin, sie zu retten.«
    »Ich soll sie retten, meint Ihr? Der Herr der Knochen?« Er lachte. »Niemand hat Rasselhemd je vertraut, ausgenommen Narren. Snow ist kein Narr. Wenn seine Schwester gerettet werden muss, wird er seine Krähen schicken. Das würde ich jedenfalls tun.«
    »Er ist nicht wie Ihr. Er hat ein Gelübde abgelegt, und hat vor, sich daran zu halten. Die Nachtwache ergreift keine Partei. Aber Ihr gehört nicht zur Nachtwache. Ihr könnt tun, was ihm verwehrt ist.«
    »Wenn es Euer starrsinniger Lord Kommandant erlaubt. Haben Euch Eure Feuer gezeigt, wo man dieses Mädchen finden kann?«
    »Ich habe Wasser gesehen. Tief und blau und still, mit einer dünnen Schicht Eis, die sich gerade darauf bildet. Das Wasser schien sich immer weiter und weiter in die Länge auszudehnen.«
    »Der Long Lake. Was habt Ihr in der Umgebung des Mädchens noch gesehen?«
    »Hügel. Felder. Bäume. Einmal einen Hirsch. Steine. Sie hält sich von den Dörfern fern. Wann immer möglich, reitet sie durch kleine Bäche, um die Jäger von ihrer Spur abzubringen.«
    Er runzelte die Stirn. »Das erschwert die Sache. Sie kommt nach Norden, habt Ihr gesagt. War der See östlich oder westlich von ihr?«
    Melisandre schloss die Augen und erinnerte sich. »Westlich.«
    »Dann ist sie nicht auf dem Kingsroad unterwegs. Ein kluges Mädchen. Auf der anderen Seite gibt es weniger Menschen, die sie bemerken könnten, und viel

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