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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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hütet«, versprach Grenn, »und wenn er’s nicht macht, bekommt er eine Tracht Prügel.« Er zögerte. »Mylord, wollt Ihr mit uns essen? Owen, rutsch rüber und mach Platz für Jon.«
    Jon hätte nichts lieber getan. Nein, musste er sich ermahnen, diese Zeiten sind vorbei. Die Erkenntnis versetzte ihm einen Stich, als hätte man ihm ein Messer in den Bauch gerammt. Sie hatten ihn gewählt, damit er ihre Führung übernahm. Die Mauer gehörte ihm, und auch das Leben der Männer. Ein Lord mag die Männer unter seinem Befehl lieben, hörte er seinen Vater sagen, aber er kann nicht ihr Freund sein. Eines Tages muss er vielleicht über sie zu Gericht sitzen oder sie in den Tod schicken. » Ein andermal«, log der Lord Kommandant. »Edd, du musst dir allein etwas zu essen holen. Ich habe noch Arbeit zu erledigen.«
    Die Luft draußen schien noch kälter geworden zu sein. Gegenüber der Burg sah er Kerzenschein in den Fenstern des King’s Towers. Val stand oben auf dem Dach und schaute zur Mauer hinauf. Stannis behielt sie in seiner Nähe, in Räumen über seinen eigenen Gemächern, aber er erlaubte ihr, auf die Wehrgänge zu gehen. Sie wirkt einsam, dachte Jon. Einsam und wunderschön. Ygritte war auf ihre Weise auch hübsch gewesen mit ihrem roten, vom Feuer geküssten Haar, doch es war ihr Lächeln gewesen, das ihrem Gesicht das Leben schenkte. Val brauchte nicht zu lächeln; nach ihr hätten sich alle Männer umgedreht.
    Dennoch wurde die Wildlingsprinzessin von ihren Gefängniswärtern nicht geliebt. Sie verhöhnte die Männer als »Kniende« und hatte drei Fluchtversuche unternommen. Als eine der Wachen in ihrer Gegenwart nachlässig geworden war, hatte sie dem Mann den Dolch aus der Scheide gezogen und ihm in den Hals gestochen. Ein Zoll nach links, und der arme Kerl wäre vielleicht gestorben. Einsam und wunderschön und tödlich, dachte Jon Snow, und ich hätte sie haben können. Sie und Winterfell und den Namen meines Hohen Vaters. Stattdessen hatte er sich für einen schwarzen Mantel und eine Mauer aus Eis entschieden. Stattdessen hatte er sich für die Ehre entschieden. Die Ehre eines Bastards.
    Die Mauer ragte zu seiner Rechten auf, als er den Hof überquerte. Das hohe Eis glitzerte bleich, doch hier unten lag alles im Schatten. Am Tor verriet ein schwacher orangefarbener Lichtschein, wo die Wachen Zuflucht vor dem Wind gesucht hatten. Jon hörte das Ächzen der Ketten, als der Windenkäfig hin und her schwang und am Eis entlangscharrte. Oben würden sich die Wachposten in ihrer Schutzhütte um ein Kohlenbecken scharen und schreien müssen, um sich im Wind zu verständigen. Ich sollte auf dem Eis sein. Die Mauer gehört mir.
    Er ging gerade an dem ausgebrannten Turm des Lord Kommandanten vorbei, an der Stelle, wo Ygritte in seinen Armen gestorben war, als Ghost neben ihm auftauchte. Sein warmer Atem dampfte in der Kälte. Im Mondlicht glühten seine roten Augen wie Teiche aus Feuer. Der Geschmack von heißem Blut füllte Jons Mund, und so wusste er, dass Ghost in dieser Nacht Beute gemacht hatte. Nein, dachte er. Ich bin ein Mann, kein Wolf. Er rieb sich den Mund mit dem Handschuh und spuckte aus.
    Clydas wohnte noch immer in den Räumen unter dem Rabenschlag. Auf Jons Klopfen hin schlurfte er herbei, einen Wachsstock in der Hand, und öffnete die Tür einen Spalt weit. »Störe ich?«, fragte Jon.
    »Nicht im Geringsten.« Clydas öffnete die Tür weiter. »Ich habe mir gerade Wein heiß gemacht. Möchte Mylord einen Becher?«
    »Sehr gern.« Seine Hände waren steif von der Kälte. Er zog die Handschuhe aus und beugte und streckte die Finger.
    Clydas ging zum Herd und rührte den Wein um. Er ist mindestens sechzig. Ein alter Mann. Nur im Vergleich mit Aemon hat er jung gewirkt. Klein und rundlich hatte er die trüben rosa Augen eines Nachtwesens. Ein paar weiße Haare klammerten sich noch an seinen Schädel. Als Clydas einschenkte, hielt Jon den Becher mit beiden Händen, roch die Gewürze und trank dann. Die Wärme breitete sich in seiner Brust aus. Er trank einen weiteren großen Schluck, um den Blutgeschmack hinunterzuspülen.
    »Die Männer der Königin sagen, der König-jenseits-der-Mauer sei wie ein Feigling gestorben. Er habe um Gnade geschrien und sogar geleugnet, dass er ein König sei.«
    »Ja. Lightbringer war heller, als ich es je gesehen habe. So hell wie die Sonne.« Jon hob den Becher. »Auf Stannis Baratheon und sein magisches Schwert.« Der Wein schmeckte bitter.
    »Seine Gnaden ist kein

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