09-Die Pfade des Schicksals
Liand, winkte die anderen dringend heran. Im Licht des Orkrests und ihres Stabes sah Linden, dass Gutwind und die Gedemütigten ebenfalls haltgemacht hatten. Sie mussten gespürt haben, dass Kaltgischt und Graubrand stehen geblieben waren.
Linden musterte Covenant lange genug, um bestätigt zu finden, dass er weiter in der Vergangenheit der Welt gefangen war. Dann machte sie sich daran, ihre übrigen Gefährten zu begutachten.
Aneles Furchtsamkeit zerrte an ihren Nerven. Böen-Endes Besorgnis wuchs, als ihre Gefährtinnen sich hinter ihr versammelten. Trotzdem ignorierte Linden sie und zwang sich dazu, ihre Sinne weiter ausgreifen zu lassen.
Hinter den Riesinnen spürte sie das beißende Vitriol der Urbösen in raschen, kurzen Stößen. Dazwischen war das fieberhafte Geplapper der Beschwörungen des Eifrigen zu hören, der mit ihnen gegen das unheilvolle Knirschen von Zähnen und Schmerzen ankämpfte …
Sie, die nicht genannt werden darf, war zu nahe.
Neuerliche Panik ergriff Linden. »O Gott!« Sie hatte zu viel Zeit für sich selbst aufgewendet. »Wir müssen weiter!«
»Aye«, knurrte die Eisenhand. Sie brauchte keine weitere Aufforderung. Mit Jeremiah und seinem Unglück auf einem Arm und dem unheimlich bedrohlichen Krill in der anderen Hand setzte sie sich in Richtung Anstieg in Bewegung. Trotz ihrer langen Anstrengung und ihrer anspruchsvollen Last schaffte sie sogar einen kurzen Spurt.
Graubrand folgte ihr sofort, hastete über das feuchte Geröll und den Schutt auf dem Boden der Spalte hinweg. Hinter ihr folgten Böen-Ende und die restlichen Schwertmainnir.
Als Graubrand den mit Schotter bedeckten Steilanstieg in Angriff nahm, spürte Linden, wie der Eifrige sich aus dem schräg geneigten Riss hinter ihr zwängte. Sie nahm ihn jetzt deutlich wahr. Sein angestrengtes Keuchen zerrte an ihren Nerven, als er sich jetzt auf Stoffstreifen, die sich an den rauen Wänden verankerten über den Boden erhob. So machte er Platz, damit die Urbösen unter ihm hindurchhuschen konnten.
Dann stieg Linden Brandgeruch in die Nase …
… der von dem Insequenten ausging. Sein Gewand hatte den größten Teil seiner Farben eingebüßt. Dutzende der ehemals bunten Bänder waren schwarz verkohlt oder zu spröden Fäden versengt worden. Seine schwitzende Hektik hinterließ einen kupfrigen Geschmack auf ihrer Zunge; sie spürte seine bittere Angst, seine nachlassende Entschlossenheit, seine Verzweiflung. Trotzdem flüchtete er nicht vor den Urbösen her. Stattdessen verankerte er sich hoch über ihnen, deckte auf diese Weise ihren Rückzug.
Als sie aus dem schrägen Riss getrottet kamen, wirkten die schwarzen Wesen abgekämpft und unsicher; in die Flucht getrieben. Wegen der räumlichen Enge hatten sie ihre Keilformation auflösen müssen; so war es ihnen nicht mehr möglich gewesen, ihre Theurgien zu kombinieren. Daher hatten einige von ihnen schreckliche Wunden erlitten. Linden nahm mehrere Wesen mit verletzten Händen und Füßen, auch mit fehlenden Gliedmaßen wahr. Sie spürte, wie einige Urböse auf das nasse Geröll sanken und nicht wieder aufstanden. Durch die Wildheit des sie verfolgenden Übels hindurch roch sie das beißend scharfe Pulsieren unnatürlichen Bluts.
Sie waren die Letzten ihrer Art. Nun wurden sie nacheinander massakriert.
Noch schwankend formierten sie sich in der Höhle zu einem neuen Keil. Linden konnte nicht abschätzen, wie viele fehlten. Zehn? Oder mehr? Trotzdem machten sie sich bereit, den Kampf fortzusetzen. Lange Augenblicke später tauchte ihr Lehrenkundiger mit seinem spitzen kurzen Eisenstab aus dem Felsspalt auf. Sobald er als Größter und Stärkster der Urbösen seine angestammte Position an der Spitze des Keils einnahm, war die Energie der gesamten Formation schlagartig wieder fokussiert.
Ein Chaos aus kreischenden Fratzen drang in den Felsspalt vor. Es füllte den gesamten Raum zwischen den Wänden aus.
Die Urbösen reagierten mit einem Strahl aus ätzender, korrosiver flüssiger Kraft. Ihre Magie war zu schwach, um das Übel ernstlich beschädigen zu können; aber sie bewirkte, dass die Fratzen zögerten …
Während Sie, die nicht genannt werden darf, ihre zahlreichen Ichs zu neuerlicher Verfolgung antrieb, wichen die Urbösen zurück.
Das Übel war sich seiner Opfer anscheinend sehr sicher. Es machte sich nicht die Mühe, sich zu beeilen. So konnten die Dämondim-Abkömmlinge sich etwas von ihrem selbst gewählten Feind absetzen.
Lindens Angst um ihre Verbündeten
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