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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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stetig.
    Sie musste Lindens Bitte gehört haben. Graubrand würde an ihr vorbeilaufen müssen, um Steinmangold mit Liand einzuholen.
    Sein Vorsprung war zu groß.
    Jetzt fiel das Leuchten des Dolchs genau auf Lindens Gesicht. Es erzeugte dunkle Schatten auf dem Fels der Wände, ließ Facetten von Quarz und Glimmer wie plötzliche Inspirationen aufblitzen und wurde mit schwächerem Glanz von dem Wasser zurückgeworfen, das an einigen Stellen aus dem Fels sickerte.
    Das Gefühl, unter Lindens Kleidung wimmelten Insekten, verstärkte sich noch. Vor dem Lichtschein sicher, suchten Dutzende von Beißwerkzeugen nach zartem Fleisch. Das konnte Linden nicht länger ertragen; sie konnte nicht warten, bis Graubrand den Steinhausener erreichte.
    Etwa in der Mitte zwischen Gutwind und Kaltgischt stand Esmer und beobachtete seine Umgebung so gleichmütig, als interessierten ihn die Vorgänge tief unter dem Donnerberg nur am Rande.
    »Schneller«, keuchte Linden heiser, als wäre sie dem Ersticken nahe.
    Graubrand, die selbst nach Atem rang, rappelte sich auf, näherte sich mit großen Schritten der Eisenhand.
    Vor Jahrtausenden hatte wilde Magie den ursprünglichen Stab des Gesetzes zerstört, aber Linden war zu verzweifelt, um sich davon abhalten zu lassen. Sobald sie konnte, streckte sie ihren eigenen Stab aus. In verzweifelter Hast hielt sie ein eisenbeschlagenes Ende mitten in das Leuchten des Schmucksteins.
    Einen schrecklichen Augenblick lang fühlte sie nichts, absolut nichts. Wie denn auch? Der Krill war kein Orkrest; ihr Stab war nicht aus Weißgold. Und sie besaß keinen Gesundheitssinn. Sie konnte ihre Bedürfnisse nicht fokussieren. Sie konnte nur versuchen, zu beten, während in ihrer Kehle mühsam unterdrückte klagende Jammerlaute aufstiegen.
    Dann berührte sanft anschwellende Energie mit spürbarer Wärme ihre Hände …
    Linden riss den Stab hastig wieder an sich, drückte ihn an ihre Brust und konzentrierte ihren ganzen Überlebenswilllen auf das schwarze Holz mit den eingeschnitzten Runen.
    Trotz der Behinderung durch die Magie des Übels sickerten schwache neue Lebensimpulse in ihre angegriffenen Nerven.
    Sie klammerte sich an diese Vitalität, schürte sie. Forderte mehr. Bettelte um sie.
    Die neue Kraft wurde in kleinen Schritten stärker. Eine blasse Flamme, zart und vergänglich wie Elmsfeuer, lief den Stab entlang. Weil sie zu schwach war, erlosch sie wieder. Aber eine zweite nahm ihren Platz ein, dann eine dritte - und die dritte breitete sich aus. Sie zeichnete kurz die Runen nach, als wären sie mit Öl getränkt. Dann entzündete sie weitere Feuer. Ein Bündel Feuerstrahlen stieg auf, als kämen sie aus Lindens Brust.
    Freundliches, wohltuendes Licht wie Sonnenschein erfüllte die Höhle. Wenig später stand Linden mitten in einer Flammensäule aus Erdkraft und Leben.
    Lindens Stärke wurde auf allen Seiten von Kevins Schmutz eingeengt. Ihre neue Kraft war fast lächerlich im Vergleich zu den Energien, die sie bei anderen Gelegenheiten entfesselt hatte. Trotzdem machte sie ihr neuen Mut, deutete mögliche weitere Verwandlungen an. Sie würde genügen.
    Sie musste genügen.
    In fiebriger Hast zog sie die Flamme eng um sich; kleidete sich in diese feurige Lohe. Dann machte sie sich daran, jeden befallenen Quadratzentimeter ihres Körpers durch reinigendes Feuer zu säubern.
    Das Zwicken und Nagen, das Krabbeln, das hektische Gewimmel von Hysterie: eines nach dem anderen fiel verglüht oder zerquetscht von ihr ab. Als Linden alle zu Asche verbrannt hatte, musste sie jedoch feststellen, dass sich nichts geändert hatte. Ihre Überzeugung, zu Aas geworden zu sein und jedem, der mit ihr zu tun hatte, den Tod zu bringen - ihre eigentliche Verzweiflung -, saß zu tief, als dass irgendein selbst erzeugtes Mittel sie hätte heilen können. Sie war in tiefster Seele krank, und die alles verzehrenden Fratzen von Ihr, die nicht genannt werden darf, kamen mit jeder Sekunde näher. Trotzdem konnte sie wenigstens wieder leichter atmen. Sie konnte sehen. Die widerwärtige Invasion von Spinnen und Tausendfüßlern war abgewehrt. Auch ihre Gefährten atmeten die frische Luft tief ein. Kaltgischt bedachte Linden mit einem dankbaren Grinsen.
    Staves ausdruckslose Miene verriet keinerlei Zweifel. Esmer betrachtete Linden jedoch, als wäre seine Krankheit ihre.
    Beim weiteren Anstieg waren die Wegwahrer hinter einem Felsvorsprung in der Wand der Spalte verschwunden. Auf der Schräge unter ihnen wartete Steinmangold mit

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