Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
zugehört. Du hast ihm ein Leben geschenkt, das nicht nur aus Schmerz bestand. Dir verdankt er jahrelange Liebe und Fürsorge. Du hast ihm gezeigt, dass er nicht allein ist, obwohl er dir nicht sagen konnte, dass er dich hört.
    Gewiss, Lord Foul hat ihn als Erster erreicht. Der Verächter hat ihm sein feuriges Mal aufgedrückt. Aber Jeremiah ist wie wir alle: Er besteht aus mehr als aus der Summe seiner Wunden. Eine verletzte Hand macht ihn noch nicht zu jemandes Eigentum. Und danach hast du ihn für dich beansprucht. Du hast ihn auf die einzige Weise gewonnen, die zählt - indem du ihn beharrlich geliebt hast. Was Lord Foul ihm seither angetan hat, ist zu spät gekommen. Davon bin ich überzeugt. Eines Tages wirst auch du davon überzeugt sein. Du hast ihn den Unterschied zwischen Liebe und Bosheit gelehrt.«
    Einige der Riesinnen schliefen unruhig, als schlügen sie im Traum alte Schlachten oder flüchteten in den Tiefen des Donnerbergs bis zur völligen Erschöpfung. Raureif Kaltgischt schnaubte mit geschlossenem Mund leise vor Auflehnung oder Verzweiflung. Zirrus Gutwind umklammerte ihren Armstumpf, bis ihre Fingerknöchel weiß wurden und die Sehnen ihrer Hand hervortraten. Trotzdem schien keine der Schwertmainnir kurz davor zu sein, wieder aufzuwachen.
    »Und seit damals…« Covenant versuchte, kräftiger zu sprechen, aber das konnte er nicht. Seine Kehle war zu trocken, und Wehklagen erfüllten sein Herz. »Höllenfeuer, Linden. Als ich dir geraten habe, etwas Unerwartetes zu tun, konnte ich nicht ahnen, dass du mich so oft überraschen würdest.«
    Er wollte nicht, dass sie seinen Kummer hörte. Sie würde sich dafür verantwortlich fühlen.
    »Die vermeintlich unmöglichen Dinge, die du geschafft hast, ergeben eine ganze Liste. Ich weiß nicht, ob dir bewusst ist, was du in Wirklichkeit getan hast, wie schwierig alles war oder wie viele unterschiedliche Mächte versucht haben, dich daran zu hindern. Beginnen könnte ich mit der Flucht aus Steinhausen Mithil und vor den Kresch, um die Ramen zu finden, oder damit, dass du auf der Suche nach deinem Stab eine Zäsur riskiert hast, oder mit dem genialen Trick, die Dämondim mitzunehmen, als du aus der Vergangenheit entkommen bist.« Eigentlich hätte er mit dem erstaunlichen Gebrauch von wilder Magie beginnen sollen, mit dem sie Anele und sich selbst beim Einsturz des Kevinsblicks gerettet hatte; aber er wusste nicht mehr, dass sie dieses Kunststück vollbracht hatte. »Aber du wirst dir das alles nicht zuschreiben lassen. Du wirst sagen, dass du es nicht allein geschafft hast, dass du Hilfe hattest, dass du es nicht allein hättest schaffen können.
    Darin will ich dir nicht widersprechen. Natürlich hattest du Hilfe. Wir alle hatten Hilfe. Das schmälert deine Erfolge nicht.«
    Die höher steigende Sonne hatte ihr Gesicht erreicht. Lindens Kopf lag so auf seiner Brust, dass die Sonnenstrahlen ihre geröteten Augen trafen, auch wenn die Lider zusammengekniffen waren. Um ihr etwas Erleichterung zu verschaffen, beschattete Covenant ihre Augen mit einer gewölbten Hand.
    »Aber denk mal darüber nach, Linden. Jeremiah ist jetzt nur bei uns, weil du das Gebilde zerstört hast, in dem er versteckt war. Dabei hat dir niemand geholfen. Niemand außer dir hätte Liand wieder auf die Beine bringen können. Und dass ich noch Hände habe, die ich gebrauchen kann, verdanke ich nur deiner Heilkunst. Allein dafür bin ich dir so dankbar, dass ich nicht weiß, wie ich es ausdrücken soll.«
    Solange Leben in seinem Körper war, hing alles davon ab, ob er fähig war, Dinge zu ergreifen und festzuhalten.
    An den erwärmten Felsen des Landbruchs erzeugten Aufwinde allmählich eine leichte Brise. Sie machte die Sonnenwärme erträglich, konnte seinen Durst aber nicht lindern. Seine Stimme war zu einem angestrengten Krächzen geworden. Seine brennende Zunge schien geschwollen zu sein, und er hatte das Gefühl, beim Schlucken Sand in der Kehle zu haben.
    »Aber damit hast du dich noch längst nicht begnügt. Dir verdanken wir, dass wir Sie, die nicht genannt werden darf, überlebt haben.«
    Aus dem Augenwinkel heraus sah er, dass Stave sich umgedreht hatte, um ihn zu beobachten. Auch die Gedemütigten taten nicht mehr so, als hörten sie nicht zu.
    Sie wollten wissen, was er meinte.
    Er dachte an die gequälte und verzweifelte Elena. Sie war seine durch Vergewaltigung gezeugte Tochter gewesen, und er hatte sie nicht daran gehindert, Erdblut zu trinken, obwohl er sie verdächtigte,

Weitere Kostenlose Bücher