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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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hatte Linden absorbiert. Durch verratene Leidenschaft und Wut gepeinigt und zugleich erhalten, hatten Emereau Vrai und Diassomer Mininderain und die Auriferenz und Elena und eine große Schar verlorener Frauen Linden für sich beansprucht. Sie war von den Folgen ihrer Taten im Namen Jeremiahs und Covenants verschlungen worden. Ihr eigener Name war zu Agonie geworden.
    Sie verstand Elenas Anwesenheit nicht. Aber sie stellte sie auch nicht infrage.
    Solange der Bogen der Zeit hielt, würde ihr Name stets Agonie bedeuten. Und selbst dann … ah, dann! Stimmen wie ihre eigene bejammerten Qualen, die niemals enden konnten. War die gesamte Schöpfung vernichtet, würde Sie, die nicht genannt werden darf, allein zurückbleiben. Ihr Leid würde weiterexistieren. Sie war ein unsterbliches Wesen: eine Idee so notwendig und grenzenlos wie Schöpfung und Bosheit. Qualen würden sich über die absorbierten Sterne, über die heilvollen Definitionen von Zeit, über alle Begriffe hinaus bis ins Unverständliche ausdehnen. Sie konnten nicht sterben, also auch nicht zum Stillstand kommen. Der Verrat, aus dem das Übel entstanden war, ließ sich nicht mehr heilen.
    Linden kannte diese Frauen, diese Opfer in ihrer Verdammnis. Sie waren eins mit Ihr, die nicht genannt werden darf, aber auch wieder sie selbst - so individuell wie ihre psychischen Verletzungen. Linden beteiligte sich hilflos an ihrem gelenkten Hunger, ihrer zwanghaften Gier nach Nahrung und Gemetzel. Aber sie kannte Elena am besten, weil auch sie Covenants Tochter verraten hatte. Trotz des Beispiels, das Berek und Dameion und Lorik ihr gegeben hatten, hatte Linden sich Elena Gesetzesbrecherin, der durch Vergewaltigung gezeugten Tochter Lenas, verweigert. Linden hatte kein Mitleid gewährt, wo es am nötigsten gebraucht wurde. Weil sie selbst eine Gesetzesbrecherin war, kannte sie die Zwänge und Leidenschaften, aus denen Elena gehandelt hatte, sehr gut. Trotzdem hatte Linden sich geweigert oder es versäumt …
    Sie hatte dieses Schicksal verdient. Daran gab es nichts zu deuteln. Trotzdem kreischte sie wie die Myriaden von anderen: schrie aus ganzer Seele, wütete, um noch mehr Schmerz zu erzeugen, und war verloren.
    Auf dem Galgenbühl war sie die Frau geworden, die Thomas Covenant wiedererweckt hatte. Aber auch eine Frau, die kein Mitleid für Elena übrighatte.
    Bald würde sie auch Emereau Vrai sein: die Frau, der ihr EZo/um-Liebhaber geraubt worden war; die aus Wut und Trauer die Meerjungfrauen erschaffen hatte. Sie würde die Auriferenz sein, deren Gier sie so wagemutig wie den Egger gemacht hatte - und ebenso töricht. Zuletzt würde sie Diassomer Mininderain sein und die Wahrheit erkennen.
    Die Wahrheit war, dass Covenant sie nicht im Stich gelassen hatte. Niemals! Alles war Rogers Schuld gewesen. Aber seither hatte Linden sich selbst verraten. Und ihre Freunde. Und das Land.
    Und ihren Sohn.
    Sie war an ihrem Unglück selbst schuld.
    Dass ihr Körper nach Luft zu gieren begann, verstand sie nicht gleich. Sie war verschlungen worden. Wie konnte sich da nach etwas anderem als Verderben und Erlösung sehnen? Trotzdem erfasste ihr neues Bedürfnis sie: ein unwillkürlicher Kampf um nichts außer Luft. Verkrampft kämpften ihre Muskeln gegen Einengung, Blockade und Schwerkraft. Ihr Lungengewebe schien zu platzen und zu bluten. Instinktiv zerrte sie an dem Arm, der ihren Oberkörper umschlang; an den Händen, die ihr Mund und Nase zuhielten. Als sie sich nicht befreien konnte, zerkratzte sie Haut, die offenbar nicht ihre war, weil sie nichts spürte.
    Anscheinend presste sich ein Kopf an ihren, sodass eine Wange eng an ihrer lag. Sie versuchte die Augen zu erreichen und sie auszukratzen, um eine Chance zu bekommen, wieder zu atmen …
    Dann hoben Hände sie hoch. Sie waren kräftiger als Sie, die nicht genannt werden darf. Stark genug, um das Fundament einer neuen Realität zu sein; kräftig genug, um sie aus ihrer Verzweiflung zu heben. Durch einen verhallenden Chor aus kreischenden Frauenstimmen befreiten sie Linden aus der tödlichen Umarmung, den erstickenden Händen an Mund und Nase.
    Ehe sie versuchen konnte, Wasser einzuatmen, hoben die Hände sie in Luft und Sonne.
    Die Luft und Sonne der Lebenden.
    Linden rang nach Luft, um ihre Brust mit Überleben zu füllen.
    Nun wurde sie von einer einzelnen Hand gehalten, die den Rückenteil ihrer Bluse gepackt hielt. Inmitten der verklingenden Kakophonie glaubte sie eine drängende Stimme keuchen zu hören: »Ring-Than!

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