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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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nicht an. »Mir hätte es nicht gefallen, Gewalt anwenden zu müssen.« Damit meinte sie: Ich brauche dich. Bitte hilf mir. »Und dich unter Wasser zu drücken, wäre eine Art Overkill gewesen.«
    Sie meinte: Bitte liebe mich. Trotz allem.
    Covenant verzog den Mund zu einem humorlosen Lächeln. Er streckte Stave wortlos eine Hand hin. Als der Haruchai ihn hochgezogen hatte, sagte er: »Wir haben ungeheuer viel zu besprechen.« Dann sah er zu dem aufgetragenen Mahl hinüber. »Aber vielleicht sollten wir erst essen. Ich kann kaum glauben, dass ich schon wieder hungrig bin.«
    Im nächsten Augenblick legte er Mahrtür eine Hand auf die Schulter. »Danke, Mähnenhüter. Ich glaube nicht, dass einer von uns überleben könnte, wenn Linden nicht Freunde wie dich hätte.«
    Die Antwort des Mähnenhüters bestand aus einer förmlichen Verbeugung. Sein Gesichtsausdruck war wegen des Verbands schlecht zu erkennen, aber seine Aura kündete von tiefer Befriedigung.
    Als Linden und Covenant sich der Gesellschaft zuwandten, sahen sie alle Riesinnen breit grinsen. Einige von ihnen schüttelten halblaut glucksend den Kopf. Raureif Kaltgischt hieß die beiden mit einer weit ausholenden Geste zu den Vorräten des Insequenten willkommen.
    »Nun ist es wieder wie damals, als wir Linden Riesenfreundin im Salva Gildenbourne begegnet sind«, sagte die Eisenhand mit gedämpftem Humor. »Die Kürze eurer Geschichten ist anstrengend für unser Gehör; ›Overkill‹, fürwahr! Solche Ausdrücke müssen uns amüsieren. Werden ganze Leben so verdichtet, ihre Bedeutung mit einem einzigen Wort ausgedrückt…« Sie fand diese Vorstellung offenbar lächerlich. »Ah, meine Freunde, darüber müssen wir einfach lachen. Wie könnten wir eure Grausamkeit euch selbst gegenüber sonst ertragen?
    Leider, leider«, fuhr sie mit gespieltem Ernst fort, »haben wir uns an die Hast von Leuten angepasst, die ihr Leben nach Jahrzehnten, nicht nach Jahrhunderten zählen. Und unsere enge Vertrautheit mit Gefahr in mannigfachen Formen hat uns gelehrt, dass wir uns bei Gelegenheiten wie dem Sinken von Dromonds oder der Vernichtung von Welten den Wechselfällen des Lebens fügen müssen.«
    Die anderen Riesinnen schmunzelten erneut, und Frostherz Graubrand lachte sogar laut. Anscheinend hörten sie aus der Idee, sie seien mit dem Untergang von Welten vertraut, einen Scherz heraus.
    »Wir würden es vorziehen«, schloss Kaltgischt, »den Rest dieser Jahreszeit - oder dieses Jahres - damit zu verbringen, Geschichten auszutauschen. Aber wir erkennen eine Notlage, wenn sie uns ins Gesicht starrt, auch wenn wir wahrhaft Riesen und von Natur aus töricht sind. Solange die letzte Krise der Erde droht, werden wir uns bemühen, uns so prägnant wie ihr auszudrücken. Sobald wir noch mal gegessen haben, wollen wir versuchen, ein Riesen-Palaver abzuhalten, das kurz genug ist, um eure Geduld nicht übermäßig zu strapazieren.«
    Damit verbeugte die Eisenhand sich theatralisch, während ihre Schwertmainnir frenetisch klatschten.
    Linden betrachtete sie nachdenklich. Seltsam, dachte sie, dass sie ganz vergessen hatte, wie Riesen sich in ausgelassener Stimmung benahmen. Und noch seltsamer war, dass sie schon so bald nach den durchlittenen Strapazen wieder lachen und klatschen konnten. Aber Covenant erklärte ihr laut flüsternd: »Keine Sorge, sie beruhigen sich bald wieder. Manchmal müssen sie einfach eine kleine Rede halten.«
    Das wurde mit Lachen und anerkennenden Pfiffen quittiert, als hätte er eine besonders schlagfertige Antwort gegeben. Covenant lächelte dankend, bevor er sich an einem der Stoffquadrate niederließ.
    Linden, die sich plötzlich entfremdet, wie ein Gespenst bei einem Festmahl fühlte und voller Sorgen und Ängste war, die niemand teilte, zögerte noch. Covenant kannte die Riesen besser als sie; er schien zu ihnen zu gehören. Und sie konnte seine Lockerheit nicht imitieren. Auch in diesem Punkt war sie ihm nicht gewachsen.
    Sie überlegte kurz, ob sie sich etwas Essen holen und es in Jeremiahs Nähe stehend zu sich nehmen sollte. Die Teilnahmslosigkeit ihres Sohns, die Bösartigkeit des Croyel und Galts Misstrauen hätten zu ihrer Stimmung gepasst. Aber dann nahm Liand ihr die Entscheidung ab, indem er ihre Hand ergriff und sie zu sich herunterzog, sodass sie zwischen Covenant und ihm saß.
    Seufzend ließ sie sich von Graubrand ein kleines Stoffquadrat als Teller geben.
    Wenig später kamen Bhapa und Pahni in der Abenddämmerung einen Hügel herunter.

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