09-Die Pfade des Schicksals
wusste nicht, wie sich das Portal öffnen ließ; er erinnerte sich nur, dass wilde Magie den Egger vernichten konnte. Bei dieser Aufgabe musste der Egger sich auf den Stab des Gesetzes verlassen.
Der Linden gehörte.
Sie studierte ihn kurz, als hoffte sie, die bloße Kraft ihrer Sehnsucht könnte Erinnerung erzwingen, aber der Druck, der sich in ihr anstaute, musste irgendwie abgebaut werden; das merkte Covenant auch ohne Gesundheitssinn. Während sein Herz hilflos hämmerte und die Kälte immer fühlbarer wurde, wandte sie sich ab und zog seine Aufmerksamkeit mit sich.
Ihre Lippen waren blass und kalt, als sie dem Insequenten die gleiche Frage stellte. Wozu hätte der Eifrige sonst darauf bestanden, Linden und ihre Gefährten zu begleiten?
Der Insequente sah sie nicht an und ließ stattdessen einige seiner Bänder auf vage Art wogen, die eine Verneinung suggerierte.
»Dabei kann ich ihm nicht helfen«, antwortete er nervös. »Mit dieser Sache hat er sich als einziger Insequenter sein Leben lang beschäftigt. Ich besitze kein Wissen - weder erworben noch verliehen -, mit dem ich sein Dilemma erleichtern könnte.«
Covenant, den Lindens Verzweiflung schmerzte, hakte sofort nach: »Wozu bist du dann hier? Dein Volk hat dich nicht nur deshalb ausgewählt, weil du eine Vorliebe für neue Erfahrungen hast. Es muss an etwas Konstruktiveres gedacht haben. Wozu hätte es dich sonst entsandt?«
Der Eifrige zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Sein Bändergewand dehnte sich bei jedem heiseren Atemzug aus und schrumpfte wieder zusammen. Trotzdem schien Covenants Frage eine gewisse Empörung oder Entschlossenheit in ihm geweckt zu haben. Mit erneuerter innerer Kraft richtete er sich auf und drehte sich langsam um. Kirschrote und himmelblaue Bänder wischten ihm wie aus eigenem Antrieb den Schweiß von Stirn und Hängebacken.
»Ich habe dafür zu sorgen, dass der Egger tut, was er geschworen hat. Ich werde ihm helfen, wenn ich kann. Vorerst habe ich eine andere Aufgabe, Zeitenherr, die der vereinte Wille der Insequenten mir aufgedrängt hat. Ich habe dich hierhergelockt, damit du bei mir statt neben dem Egger stehst. Ihm kannst du nicht helfen. Aber hier ist es vielleicht möglich, einen Teil deines vergessenen Wissens wiederherzustellen.
Bei denen unter uns, die eifrig Vorzeichen und Prophezeiungen erforschen, gibt es Meinungsunterschiede in Bezug darauf, wie unser Vorhaben enden wird. Trotzdem stimmen alle darin überein, dass wir in diesem Augenblick an diesem Ort sein müssen. Hier ist uns eine Gelegenheit sicher, die nicht wiederkehren wird und unbedingt erstrebenswert ist.«
»Welche Gelegenheit?« Lindens Stimme bebte. »Wie hilft sie uns, meinen Sohn zu finden?«
»Das tut sie nicht…«, begann der Insequente.
Noch ehe er weitersprechen konnte, warf Raureif Kaltgischt ein: »Steinhausener, diese Beleuchtung ist ein wahrer Segen.« Covenant verstand, dass sie versuchte, die Spannungen in ihrem Umfeld abzubauen. »Kann der Orkrest vielleicht auch Wärme spenden? Die Ramen sind natürlich abgehärtet und an Wetterextreme gewöhnt. Das gilt auch für uns Riesinnen und die Haruchai. Aber Linden Riesenfreundin leidet hier, wie auch du leiden musst. Und den Zeitenherrn scheint nur seine Gefühllosigkeit zu schützen.«
Covenant wusste es besser. Der Zustand seiner Hände und Füße bot ihm keinen Schutz. Finger aus Eis hatten ihren Weg durch seine Kleidung zu seinem noch nicht wieder vertrauten Fleisch gefunden, und er bebte im Rhythmus zu Lindens Zittern. Aber selbst in Pergament gewickelt schützte der Krill durch seine Wärme Covenants Innerstes. Und jedes Mal wenn Joans Gedanken den eingesetzten Schmuckstein berührten, gewann er neue Wärme hinzu. Ohne es zu wollen, tat sie ihm damit etwas Gutes. Linden war mehr gefährdet.
»Das tut sie nicht«, wiederholte der Eifrige. »Trotzdem ist sie nützlich.«
Liand, der Linden jetzt genauer betrachtete, antwortete der Eisenhand besorgt: »Das habe ich noch nicht versucht. Aber die Fähigkeiten des Orkrests haben meine Vorstellungskraft immer wieder übertroffen. Kann er Licht geben, die Wirkung von Kevins Schmutz mindern und die schlechte Luft hier unten reinigen, kann er vielleicht auch Wärme ausstrahlen. Ich will versuchen…«
»Wodurch nützlich?«, wollte Linden wissen.
»Auserwählte«, sagte Stave ausdruckslos, obwohl das ein verkappter Befehl war. »Sieh nach Anele.«
Linden schien den ehemaligen Meister kaum zu hören. Ihre Aufmerksamkeit
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