09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift
antwortete Lennet. »Ich besitze überhaupt kein Geld.«
Er wühlte in den Taschen und brachte die beiden Geldstücke zum Vorschein, die Pierrot fehlten.
Das Publikum schrie Bravo und klatschte. Lennet verbeugte sich geschmeichelt nach allen Seiten. Sein Talent zum Taschendieb hatte ihm wieder einmal geholfen.
»Und die große Rote?« fragte Real und sah Nadja an. »Was kann sie?«
»Die große Rote kann ein wenig tanzen", antwortete die Primaballerina. »Nicht sehr gut, aber auch nicht so schlecht.
Musik, bitte.«
Real legte eine Platte auf, und Nadja begann einen wunderbaren Phantasietanz. Lennet war ergriffen. Er spürte, daß hier eine geniale Künstlerin tanzte. Auch die Kanadier empfanden alle, daß diese Unbekannte das bescheidene Musikstück gleichsam in große Ballettmusik zu verwandeln verstand. Daß sich der bescheidene Raum jäh in ein glanzvolles Theater Verwandelte; daß ihre einfache Kleidung zu einer romantischen Robe wurde. Die jungen Leute klatschten begeistert, als sie ihre Vorführung beendete.
»Man sieht, daß du tanzen kannst", sagte Real ernst. »Du solltest tanzen lernen. Du könntest damit viel Geld verdienen.«
»Das ist ein guter Rat. Ich werde es probieren", antwortete Nadja, und Lennet sah, daß ihre sonst so traurigen Augen glänzten.
Wie ein Gespenst erschien das plattgedrückte Gesicht von Pik-As an der Fensterscheibe
»Und jetzt tanzen wir alle!« ordnete Real an. »Große Runde.
Die Damen in die Mitte. Wählen Sie Ihren Kavalier. Rundtanz!«
Alles lachte, schrie und hüpfte. Lennet machte die größten Sprünge und erhielt den meisten Beifall. Aber er nahm ihn plötzlich gar nicht mehr wahr. Er stand in der Nähe des Fensters.
Denn wie ein Gespenst erblickte er das plattgedrückte Gesicht von Pik-As hinter der Scheibe.
Schneeschuhe und Motorschlitten
Nadja tanzte gerade mit Real und schien für den Augenblick nicht an irgendwelche Gefahren zu denken. Lennet mußte sie daran erinnern. Er ging zu ihr hin und sagte leise: »Gehen Sie sofort in Ihr Zimmer. Schnell!«
Dann ging er durch die Tür, die dem Fenster gegenüberlag, in den Hof. Links war hinter den Ställen und Scheunen ein Ausgang zum Wald. Auf dieser Seite lag auch der Hang, hinter dem sich, wie Margot gesagt hatte, die Skistation befand. Rechts hinter den Wohngebäuden befand sich die schmale Straße, die zur Hauptstraße führte. Und dort waren auch verschiedene Fahrzeuge geparkt, darunter ein schwarzer Chevrolet und ein roter Toyota.
Rasch suchte Lennet den Hof nach den vier Assen ab. Daß sich Pik-As hinter dem Haus befand, wußte er ja schon. Dann sah er den dünnen Kreuz-As bewegungslos in einem Schuppen stehen, der dem Haus gegenüberlag. Der eckige Karo-As saß am Steuer des Toyota. Herz-As mußte er erst einige Zeit suchen.
Aber schließlich entdeckte er ihn. Der Mann kniete hinter dem armen königsblauen Triumph und war damit beschäftigt, die Luft aus den Reifen zu lassen.
Lennet schlüpfte ins Haus zurück. Er machte sich bittere Vorwürfe, daß er Herz-As nicht die Waffe abgenommen hatte, als im Hotel die Gelegenheit dazu gewesen wäre.
Er machte Margot ein Zeichen, daß er mit ihr sprechen wollte.
Da sie wieder einen neuen Scherz erwartete, fing sie bereits an zu lachen.
»Hör zu, Margot", sagte Lennet und zog sie zur Seite. »Ich mache jetzt keine Spaße. Nadja und ich werden verfolgt.«
Margot hörte sofort auf zu lachen.
»Ihr Armen!« sagte sie. »Habt ihr die Polizei auf dem Hals?
Ich habe mich schon gefragt, ob du nicht ein kleiner Gauner bist, weil du dich in den Taschen von Reals Bande so gut zurechtgefunden hast.«
»Aber nein", gab Lennet zurück. »Nicht die Polizei ist hinter uns her, sondern ausländische Spione.«
»Oh, erzähle doch keine Märchen! Du bist doch selber Ausländer. Glaube doch bloß nicht, daß du mir einen Bären aufbinden kannst. Ihr habt kanadische Namen, aber ihr kommt von der anderen Seite des Atlantiks. Das macht mir nichts aus.
Wenn ihr die Polizei auf dem Hals habt, helfe ich euch gern.«
Lennet hielt es für sinnlos, sie überzeugen zu wollen, daß sie tatsächlich von ausländischen Spionen verfolgt wurden.
»Wie du willst. Sie haben die Farm umzingelt", sagte er. »Wie kommen wir hier trotzdem heraus?«
»Ich sehe keinen anderen Weg als mit Schneeschuhen. Ich gebe euch welche. Dann geht ihr über den Hang. Da kommt ihr zur Skistation, und dort findet ihr vielleicht ein Taxi.«
»Kannst du uns die Schneeschuhe verkaufen?«
»Mein Vater
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