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09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift

09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift

Titel: 09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Volkoff
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nützt!«
    Lennet sah sich um. Rechts spärliche Bäume, links eine weite schneebedeckte Fläche. Das war alles. Und es wurde schnell dunkler. Bald würden sie gar nichts mehr sehen können.
    Wir sitzen ganz schön in der Tinte! dachte Lennet. Laut sagte er: »Jetzt sehe ich mir erst einmal Ihre Handtasche an.«
    Sie gab sie ihm. Er entnahm ihr nach und nach verschiedene Dinge: Puderdose, Taschentuch, Lippenstift, prüfte sie sorgfältig und stellte fest, daß nichts an ihnen verändert war. Nadja hatte keine Uhr bei sich, und die Verfolger konnten auch nicht vorausgesehen haben, daß sie an diesem Tag dieses Kostüm und diese Schuhe anziehen würde. Sie hatte also keinen Sender bei sich, falls sie eben nicht doch selbst... Aber diesen Verdacht wies Lennet abermals zurück. Sein Instinkt sagte ihm, daß er ihr vertrauen konnte. Und sein Instinkt hatte ihn noch nie getäuscht.
    »Machen wir uns auf den Weg", sagte er.
    Er hatte keine große Hoffnung, das Dorf Sankt Luc noch zu erreichen. Es mußte mindestens noch vier Kilometer entfernt sein. Und wie sollten sie sich ohne Kompaß zurechtfinden, gerade jetzt, da die Nacht hereinbrach? Sie hatten keine andere Wahl. Sie mußten gehen, wenn sie nicht hier an dieser Stelle erfrieren wollten.
    Das Gehen war jedoch ohne Schneeschuhe furchtbar anstrengend. Sie waren kaum eine Viertelstunde gegangen, als sie völlig erschöpft waren. Da erschien vor ihnen zwischen den Bäumen ein dunkler Schatten.
    »Ein Haus!« rief die Tänzerin.
    »Gott sei Dank! Lange hätten wir nicht mehr durchgehalten", erwiderte Lennet.
    Es war wirklich ein Haus. Ein Haus an der Straße, die vermutlich nach Sankt Luc führte. Ein Blockhaus, ganz aus Holz. Es schien eher ein Wochenendhaus als ein festes Wohnhaus zu sein. Kein Rauch war zu sehen, nirgends brannte Licht.
    Stolpernd und rutschend gelangten die beiden jungen Leute mit letzter Kraft auf die Terrasse, die das ganze Haus umgab.
    Alle Läden waren geschlossen.
    »Niemand da", stellte Lennet fest.
    »Das ist schlimm", seufzte Nadja. »Ich kann nicht mehr!«
    »Ich bin anderer Meinung: Es ist besser, daß niemand da ist", antwortete Lennet. »So kann uns keiner bei den vier Assen verpfeifen.«
    »Aber wie sollen wir hineinkommen?«
    »Lassen Sie das meine Sorge sein", sagte Lennet. Das Haus hatte nur eine Tür, und diese Tür hatte zwei Schlösser. Lennet zog sein Taschenmesser heraus und machte sich an die Arbeit.
    Er begann damit, daß er einen Nagel aus der Wand zog und ihn zurechtbog. Dann führte er diesen primitiven Dietrich in das erste Schloß ein und begann zu tasten. Die Tänzerin betrachtete ihn aufmerksam.
    »Um ein Schloß aufzumachen, braucht man einen Schlüssel", sagte sie. »Oder besondere Kenntnisse...«
    »Da bin ich ganz Ihrer Ansicht", bestätigte Lennet. Für das erste Schloß brauchte er fünf Minuten. Das zweite widerstand etwas länger, hatte aber auf die Dauer keine Chance. In Frankreich gab es keinen Geheimagenten, der nicht auch als erstklassiger Einbrecher ausgebildet worden war.
    Schließlich brauchte er nur noch die Klinke niederzudrücken.
    Lennet gab sich keine Mühe, seine Genugtuung zu verbergen. Er trat als erster ein, wandte sich dann um und sagte: »Nadja, treten Sie ein. Herzlich willkommen in Ihrem neuen Wohnsitz.«
    Sie befanden sich in einem sehr großen Raum, der wohl gleichzeitig als Küche, Speisezimmer, Wohnzimmer und Bibliothek diente. Drei Türen gingen ab: zwei in die Schlafzimmer, eine ins Bad.
    Es war nicht sehr kalt in dem Haus. Das Licht funktionierte, und als Lennet auf den Thermostat der Heizung sah, bemerkte er, daß sie eingeschaltet war. Er brauchte nur einen Knopf zu drücken, und sie lief auf vollen Touren.
    Die beiden jungen Leute untersuchten das Haus gründlich. Es war hübsch eingerichtet, die Wände ganz mit Holz getäfelt.
    Vermutlich verbrachte eine Familie aus Montreal hier mit ihren Freunden die Wochenenden.
    »Aber wir haben heute Samstag. Wie kommt es, daß die Leute nicht hier sind?« fragte die Tänzerin erstaunt.
    »Ich wette, sie sind in Montreal geblieben, um Ihnen bei Ihrem Auftritt zuzujubeln", antwortete Lennet.
    Er sah auf die Taschenuhr. Es war sieben. In einer Stunde würde der Vorhang zur zweiten Vorstellung des Balletts aufgehen.
    »Angela bereitet sich jetzt darauf vor, mich zu vertreten", sagte die Tänzerin.
    Langsam regte die Wärme den Blutkreislauf der halberstarrten jungen Leute wieder an. Die Künstlerin untersuchte den Kühlschrank, während Lennet die

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