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09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift

09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift

Titel: 09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Volkoff
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sich rings um sie herum in dem düsteren Tag abzeichneten. »Wo bringen Sie mich hin?« fragte sie plötzlich.
    »Ich habe keine Ahnung", sagte Lennet.
    »Ich kann nicht mehr", gestand sie. »Mir ist schlecht. Halten Sie doch irgendwo an, egal wo.«
    Lennet war Strapazen aller Art gewöhnt, aber er konnte sich vorstellen, wie es der jungen Frau neben ihm ging. Er bog in eine kleine Straße ab. Nach einer Viertelstunde landeten sie auf einem Bauernhof. Die Straße war zu Ende.
    Während Lennet wendete, kam ein Mann auf sie zu. Lennet kurbelte die Scheibe herunter. Eiskalter Wind schlug ihm ins Gesicht.
    »Guten Tag, Monsieur", sagte er.
    »Guten Tag", sagte der Mann. »Kommen Sie zur Zuckerparty?«
    »Ja, ja", stammelte Nadja, ohne zu wissen, was sie sprach.
    »Wir kommen zur Zuckerparty.«
    »Die anderen kommen erst um eins", erwiderte der Bauer.
    »Wir können ja auf sie warten", schlug Lennet vor.
    »Ausgezeichnet", sagte der Mann. »Gern!«
    »Haben Sie Zimmer zu vermieten? Wir sind von der Reise völlig erschöpft!«
    »Ja, das Zimmer kostet fünf Dollar. Ich kann Sie gleich hinaufführen.«
    Der Bauer führte sie in das große, gemütliche Haus. Über eine Holztreppe erreichten sie die Gästezimmer. Große, helle Räume.
    Lennet konnte Nadja gerade noch zuflüstern, ihre Tür abzuschließen, ehe er in einen tiefen Erschöpfungsschlaf fiel.

Ein geübter Taschendieb
    Es war früher Nachmittag, als Lennet erwachte. Er fühlte sich völlig ausgeruht. Nach einer Dusche zog er sich an und ging in den Saal hinunter. Nadja saß am Fenster und sah träumend hinaus.
    »Wie fühlen Sie sich?« erkundigte sich Lennet.
    »Besser. Gut.«
    »Sie hätten nicht aus dem Zimmer gehen sollen.«
    »Hier fühle ich mich völlig sicher.«
    »Haben Sie schon etwas gegessen?«
    »Ich habe auf Sie gewartet.«
    Die Bäuerin ließ sich nicht zweimal bitten und brachte ihnen ein gutes kanadisches Essen: gebratene Ente und hinterher Torte.
    »Die anderen", erzählte sie, »haben gesagt, sie kämen um eins.
    Aber es ist immer das gleiche mit den Leuten aus Montreal.
    Wenn sie ankündigen, sie kommen um eins, dann kommen sie um vier. Man muß den Zucker ohne sie ernten. Wenn sie Lust haben, sind sie willkommen.«
    Nach dem Essen fühlte sich Lennet wie neu geboren. Er rief bei der Polizei in Montreal an, aber man sagte ihm, daß Phil Himbeer immer noch nicht zurückgekommen sei. Man erwarte ihn jedoch jeden Augenblick. Lennet gab die Nummer des Bauernhauses an und bat, Phil möge ihn sofort zurückrufen.
    »Und jetzt gehen wir an die frische Luft", sagte er zu der Tänzerin.
    Sie gingen hinaus. Der Bauer hatte ein altes Pferd vor einen Karren gespannt und hielt es am Zügel. Ein Junge sprang um das Pferd herum und stieß kleine Freudenschreie aus.
    Der Frühling war nahe. An manchen Stellen war der Schnee schon verschwunden, und man sah die schwarze Erde und hie und da auch etwas Grün.
    »Das erinnert mich an meine Heimat", murmelte Nadja. Und plötzlich fing sie an zu sprechen: »Ich habe Sie schlecht behandelt, Monsieur Lafleur. Sie begeben sich für mich in Lebensgefahr, und ich habe Ihnen nicht einmal gesagt, wer ich bin und warum ich fliehen wollte...«
    »Ich habe Sie ja auch nicht gefragt", stammelte Lennet verwirrt.
    »Aber ich darf Ihr Feingefühl nicht mißbrauchen. Sie sind sehr jung, und mir scheint, daß ich etwas von Ihnen verlange, was eigentlich über Ihre Kräfte geht. Auf der anderen Seite habe ich es gerade wegen Ihrer Jugend, wegen Ihrer naiven Art - Sie sind mir sicher nicht böse, wenn ich das sage - gewagt, Sie um Hilfe zu bitten. Was ich nur nicht verstehe, ist die Art und Weise, wie Sie mit dem Mann fertig geworden sind, den Sie Herz-As nennen. Man hätte Sie für einen Profi halten können.«
    Lennet schwieg. Die Tänzerin fuhr fort: »Wie dem auch sei, Sie haben das Recht, mehr von mir zu wissen. Mein richtiger Name sagt Ihnen nichts, und ich selbst habe mich daran gewöhnt, diesen zu tragen; deshalb bleibe ich am besten auch für Sie Nadja Ratan. Doch Sie sollen wissen, daß es sich um ein Pseudonym handelt. Ich habe meinen Namen geändert, als die neue diktatorische Regierung in unserem Land meine Familie umbrachte. Hätte ich meinen richtigen Namen beibehalten, wäre ich auch umgebracht oder in ein Lager gebracht worden. Sehen Sie, mein Vater war gegen die Regierung, gegen die Diktatur, und hat alles unternommen, sie zu stürzen. Ich bin davongekommen. Ich wurde von hilfreichen Menschen aufgenommen. Sie hießen

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