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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Menschen, der seinen Namen hatte erfahren können, und da man doch für jeden Gegenstand und für jede Person einen Namen haben muß, so hatte man ihn seiner nachtschwarzen, tief dunkeln Augen wegen Kolma Putschi, d.i. Dunkelauge oder Schwarzauge, genannt. Wer aber ihm diesen Namen gegeben, ihn zum erstenmal ausgesprochen und weitergetragen hatte, das wußte freilich auch niemand.
    Also diesen geheimnisvollen Indianer hatten wir jetzt vor uns. Winnetou kannte ihn auch nicht, hatte ihn auch noch nicht gesehen, behauptete aber doch sofort, daß es Kolma Putschi sei. Es fiel mir gar nicht ein, an der Wahrheit dieser Behauptung zu zweifeln, denn jeder, der diesen Roten vor die Augen bekam und vorher auch nur einmal von Kolma Putschi gehört hatte, mußte sich nach dem ersten Blick sagen, daß er dieser und kein anderer sei.
    Wir hatten keine Veranlassung, ihn lange zu belauschen, und da wir unsere Gefährten nicht lange warten lassen wollten, so erhoben wir uns von der Erde und machten dabei absichtlich ein Geräusch. Schnell wie ein Blitz griff er nach seinem Gewehr, richtete die Läufe auf uns, ließ die Hähne knacken und rief:
    „Uff! Zwei Männer! Wer?“
    Das war ebenso kurz, wie es gebieterisch klang. Winnetou öffnete schon den Mund, um zu antworten; da ging mit dem Fremden eine plötzliche Veränderung vor. Er ließ sein Gewehr, es mit der einen Hand am Oberlauf haltend, mit dem Kolben zu Boden sinken, breitete den andern Arm wie bewillkommnend aus und rief:
    „Intschu tschuna! Intschu tschuna, der Häuptling der Apa – – – doch nein! Das ist nicht Intschu tschuna; das kann nur Winnetou sein, sein Sohn, sein noch viel größerer, noch berühmterer Sohn!“
    „Du hast Intschu tschuna, meinen Vater, gekannt?“ fragte Winnetou, indem wir durch die Bresche in den Kreis traten.
    Es war, als besinne er sich, ob er es leugnen oder zugeben solle. Da das erstere aber nun nicht mehr möglich war, antwortete er:
    „Ja, ich habe ihn gekannt; ich habe ihn gesehen, einmal oder zweimal, und du bist sein Ebenbild.“
    Seine Stimme hatte einen weichen und doch kräftigen, entschiedenen Ton; sie war fast noch sonorer, noch klangreicher als diejenige des Apachen und hatte unbedingt eine höhere, beinahe weibliche Lage.
    „Ja, ich bin Winnetou; du hast mich erkannt. Und du wirst Kolma Putschi genannt?“
    „Kennt mich Winnetou?“
    „Nein; ich habe dich noch nie gesehen; ich errate es. Erlaubt uns Kolma Putschi, von dem wir stets nur Gutes hörten, an seiner Seite Platz zu nehmen?“
    Der Genannte richtete seine Augen nun auch auf mich. Nachdem er einen scharf forschenden Blick über mich hatte gleiten lassen, antwortete er:
    „Auch ich habe nur Gutes von Winnetou gehört. Ich weiß, daß oft ein berühmtes Bleichgesicht bei ihm ist, welches noch nie eine böse Tat begangen hat und Old Shatterhand genannt wird. Ist das dieser Weiße?“
    „Er ist's“, nickte Winnetou.
    „So setzt euch nieder, und seid Kolma Putschi willkommen!“
    Er gab uns seine Hand, die mir ungewöhnlich klein vorkam. Winnetou machte ihm die Mitteilung:
    „Wir haben Gefährten bei uns, welche draußen am Wasser warten. Dürfen auch sie herbeikommen?“
    „Der große Manitou hat die Erde für alle guten Menschen geschaffen; es ist hier Platz genug für alle, die euch begleiten.“
    Ich ging, um sie zu holen. Die Umwallung hatte auf der andern Seite einen breiteren Eingang als die Bresche, durch welche wir gestiegen waren; als wir durch ihn in den Kreis gelangten, saßen Winnetou und Kolma Putschi nebeneinander unter einem Baum. Der letztere sah uns erwartungsvoll entgegen. Sein Auge glitt über die Nahenden mit dem gewöhnlichen Interesse hinweg, welches man für Unbekannte zeigt, mit denen man für kurze Zeit zu verkehren hat; als es aber auf Apanatschka fiel, welcher zuletzt hereingeritten kam, blieb sein Blick wie festgebannt an diesem hängen. Es riß ihn – wie eine unsichtbare Gewalt – mit einem Ruck vom Boden auf; er tat, den Blick keinen Moment von ihm wendend, mehrere Schritte auf Apanatschka zu, blieb dann stehen, verfolgte jede seiner Bewegungen mit unbeschreiblicher Spannung, trat dann sehr schnell auf ihn zu und fragte in fast stammelnder Weise:
    „Wer – wer bist du? Sag – sag es mir!“
    Der Gefragte antwortete mit gleichgültiger Freundlichkeit:
    „Ich bin Apanatschka, der Häuptling der Kanean-Komantschen.“
    „Und was – was willst du hier in Colorado?“
    „Ich wollte nach Norden, um die heiligen

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