09 - Old Surehand III
hörte:
„Euer – Vermögen sollten – sollten wir – – – bekommen?“
„Ja.“
„Ihr wollt Unsinn mit mir treiben!“
„Fällt mir gar nicht ein!“
Er schien in den Gesichtern der beiden Toasts zu forschen, denn es verging wieder eine lange Pause, ehe ich ihn in erstauntem Ton sagen hörte:
„Ich weiß wahrhaftig nicht, woran ich mit euch bin! Ihr macht so ernsthafte Gesichter, und doch kann es nichts als nur ein dummer Spaß sein!“
„Hört einmal, was ich Euch sage: Wenn Ihr Euch für einen Kerl haltet, zu dem wir uns gemütlich herablassen können, um mit ihm zu scherzen, so kennt Ihr weder Euch noch uns! Ihr seid teils Schafskopf, teils Halunke; wir aber sind kluge und achtbare Leute, welchen es nicht einfällt, sich mit Eseln und Schurken zu belustigen. Also daß wir uns ein Amüsement mit Euch machen wollen, das liegt ganz außerhalb des Bereiches dessen, was auf dieser alten Erde möglich ist!“
„Zounds! Vergeßt ja nicht, daß ihr unsere Gefangenen seid! Beleidigen lasse ich mich nicht. Wenn ihr so mit Schurken und Halunken um euch werft, kann euch diese Kühnheit schlecht bekommen!“
„Pshaw! Regt Euch ja nicht unsertwegen auf; wir haben keine Angst! Solange wir uns kennen, sind wir gewöhnt gewesen, alles beim richtigen Namen zu nennen. Es kann uns gar nicht einfallen, einen Schuft als Ehrenmann zu bezeichnen!“
„Und wenn ich Euch mit Strafen drohe?“
„Unsinn! Seid Ihr etwa unser Schulmeister, und wir sind Eure Schuljungens? Was Ihr heut an uns verübt, das können wir morgen rächen, wenn wir wollen; darauf mögt Ihr Euch verlassen! Also der Schurke, der Halunke, der bleibt stehen! Und was den Schafskopf betrifft, so nehme ich auch ihn nicht zurück, denn Ihr seid einer, und zwar was für einer! Das habt Ihr bewiesen!“
„Wodurch bewiesen? Heraus damit!“
„Dadurch, daß Ihr noch immer nicht begreift, was es mit dem, was ich Euch gesagt habe, für eine Bewandtnis hat.“
„Der Teufel mag Euch verstehen und begreifen!“
„Der hat keine Zeit dazu. Ihr steht uns näher als er und seid auch nicht viel besser als er! Ihr habt uns doch Euern Familiennamen gesagt!“
„Ja, Holbers.“
„Und mein Freund heißt?“
„Auch so.“
„Und sein Vorname?“
„Pitt, wie ich gehört habe. Pitt Holbers. Das ist ganz – – – ah, ah!“
Er hielt inne. Ich hörte ihn halblaut durch die Zähne pfeifen, und dann fuhr er hastig fort:
„Pitt, Pitt, Pitt – – – so hieß doch auch der Junge, der Cousin, den die Mutter zu sich nahm und – – – Thunder-storm! Wär es denn möglich? Ist dieser ewig lange Mensch hier vielleicht jener kleine Pitt?“
„Er ist's! Endlich habt Ihr die Hand an der richtigen Türklinke! Das hat viel, sehr viel Mühe und Arbeit gekostet, ehe Ihr darauf gekommen seid! Ihr dürft Euch auf Eure Klugheit nichts einbilden!“
Diese Beleidigung überhörend, rief der Tramp:
„Was? Wirklich? Du bist der dumme Pitt, der sich für uns alle immer so gutwillig von der Mutter prügeln ließ? Dem diese Stellvertretung endlich so wehe tat, daß er die Flucht ergriff?“
Pitt mochte nur mit dem Kopf nicken; ich hörte kein Wort.
„Das ist doch toll!“ fuhr sein Vetter fort. „Und jetzt sehe ich dich als unsern Gefangenen wieder!“
„Den ihr ermorden wollt!“ fügte Hammerdull hinzu.
„Ermorden? Hm! Davon wollen wir jetzt nicht reden. Erzähle mir jetzt lieber, Pitt, wo du damals hingelaufen bist und was du seit jener Zeit bis jetzt getrieben hast! Ich bin neugierig darauf!“
Pitt hustete einige Male und sagte dann, ganz und gar nicht in der trockenen Weise, in welcher er sonst zu sprechen pflegte:
„Ich begreife nicht, wie ich dazu komme, von Euch du genannt zu werden. Das duldet man doch nur von Gentlemen, nicht aber von Menschen, welche ihre Ehre, ihre Reputation so weit von sich geworfen haben, daß sie sich nicht schämen, unter die Tramps gegangen zu sein! Ich muß leider zugeben, daß ich der Sohn vom Bruder Eures Vaters bin, kann aber zu meiner Rechtfertigung sagen, daß nicht ich diese Verwandtschaft zu verantworten habe. Es macht mir große Freude, sagen zu können, daß ich gegen meinen Willen Euer Verwandter bin.“
„Oho!“ fiel der Tramp zornig ein. „Du willst dich meiner schämen? Aber geschämt hast du dich nicht, dich von uns ernähren zu lassen?“
„Von Euch? Doch nur von Eurer Mutter. Und das, was sie mir gab, habe ich mir redlich abverdienen müssen. Während Ihr tolle Streiche verübtet,
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