Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
Sie verstummte.
    »Wir verstehen«, versicherte ihr Fidelma.
    »Wir wußten nicht, wohin wir fuhren, weil wir die ganze Zeit in der dunklen Kajüte angekettet waren. Ich merkte, daß das Schiff angelegt hatte und einige Zeit liegen blieb. Gormgilla und ich fragten uns ängstlich, wie lange wir wohl in diesem ekelhaft stinkenden Raum eingesperrt sein würden. Dann öffnete sich die Tür, und Gabrán zwängte sich hinein. Er roch nach Alkohol. Er schloß Gormgillas Fesseln auf, und sie fragte ihn, wo er mit ihr hin wollte.« Fial hielt inne, mit der Erinnerung beschäftigt.
    »Was sagte Gabrán?« fragte Fidelma.
    »Er sagte, er nehme sie mit, damit sie auch etwas von dem Vergnügen habe und die Nacht schneller verginge. Dann schleppte er sie, obwohl sie sich wehrte, in die andere, größere Kajüte, und ich blieb allein in der Dunkelheit eingesperrt. Bald danach hörte ich Gormgilla schreien. Es gab auch andere Geräusche – wie von einem Kampf. Dann war alles still.«
    Sie hielt wieder inne, als müsse sie mit ihrer Erinnerung fertig werden, ehe sie fortfuhr.
    »Ich weiß nicht, wieviel Zeit verging. Plötzlich wurde die Luke geöffnet. Erst dachte ich, Gabrán käme zurück und wollte mich holen, aber es war ein anderer aus seiner Mannschaft – derselbe Mann, der uns an Bord gebracht hatte. Seinen Namen weiß ich nicht. Er befahl mir, mich absolut still zu verhalten, und versprach mir, wenn ich alles, ohne zu fragen, täte, was von mir verlangt würde, dann würde ich freikommen und belohnt werden.
    Er nahm mich mit in die daneben liegende Kajüte, in der die Matrosen schliefen, obgleich Gormgilla und ich sie nie sahen; wir sahen niemand als Gabrán und diesen einen Matrosen. Ich glaube nicht, daß die anderen überhaupt wußten, daß wir uns an Bord befanden. In dieser Kajüte erblickte ich Gabrán. Er lag ausgestreckt auf dem Deck, und ich dachte, er wäre sinnlos betrunken – ich hatte meinen Vater oft so gesehen. Aber bald merkte ich, daß Blut an seiner Kleidung klebte und daß er ein blutiges Stück Stoff in der Hand hielt. Neben ihm saß ein Mann in einer Mönchskutte, aber die schwere Kapuze über den Kopf gezogen, so daß ich sein Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen konnte. Er schien aufgeregt zu sein, und mit einer Hand befingerte er das Kruzifix, das unter seiner Kutte an seinem Hals hing.«
    »Ist das wieder eine Geschichte, die meine Abtei in Verruf bringen soll?« Äbtissin Fainders Ton verriet ihren Zweifel an der ganzen Erzählung.
    »Ich sage die Wahrheit«, erwiderte das Mädchen heftig. »Ich kann nur berichten, was ich gesehen habe.«
    Fidelma streichelte ihr beruhigend den Arm.
    »Du machst es gut. Was hat dieser Mönch zu dir gesagt?«
    »Er hat nichts gesagt. Das Reden besorgte der Matrose. Er erklärte mir, es habe einen Unfall gegeben.
    Gormgilla sei ums Leben gekommen, und es wäre wichtig, daß der richtige Mann dafür bestraft würde. Erst dachte ich, er meinte Gabrán, denn ich hatte keinen Zweifel, daß er meine arme Begleiterin umgebracht hatte.«
    »Aber er meinte nicht Gabrán?«
    »Nein. Er sagte, Gormgilla habe das Schiff verlassen und sei auf den Kai gegangen. Ein Angelsachse, der sich in der Abtei aufhielt, habe Gormgilla vergewaltigt und erdrosselt. Der Angelsachse würde nicht überführt werden, wenn ich nicht aussagte, ich hätte gesehen, wie er sie umbrachte.«
    »Was?« Äbtissin Fainder schien völlig überrascht.
    »Du behauptest, man hätte dir befohlen, mit Billigung eines Mönches in einer so wichtigen Sache zu lügen?«
    »Ich wußte, es war alles gelogen, aber ich wußte auch, wenn ich nicht zu dieser Aussage bereit wäre, dann würde ich ebenfalls sterben. Ich sollte sagen, ich hätte hinter ein paar Ballen gestanden und gesehen, wie der Angelsachse meine Freundin überfiel. Ich könnte ihn an der Tonsur erkennen, die anders sei als die bei allen anderen Mönchen. Man beschrieb mir diese Tonsur. Ich sollte auch sagen, daß ich und Gormgilla Novizinnen in der Abtei wären.«
    »Wie konntest du das behaupten, wenn es nicht stimmte?« fragte die Äbtissin höhnisch. »Meine Vorsteherin der Novizinnen hätte diese Täuschung sofort entlarvt.«
    »Nur, daß sie sich gerade auf einer Pilgerfahrt nach Iona befand«, erinnerte sie Fidelma.
    »Mir wurde gesagt, niemand würde an meiner Geschichte zweifeln«, fügte Fial hinzu.
    Fidelma schaute die Äbtissin an. »Soviel ich weiß, hast du die Geschichte beglaubigt, Fainder«, sagte sie.
    »Du hast deiner Verwalterin

Weitere Kostenlose Bücher