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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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durchsuchen, und dabei wurden die Kette und das Geld gefunden. Außerdem hat die Sache mit Ibar nichts mit dem Angelsachsen zu tun, Schwester. Was willst du beweisen? Ich hätte gedacht, es wäre jetzt deine Pflicht als dálaigh, uns dabei zu helfen, den Angelsachsen wieder einzufangen.«
    Fidelma stand plötzlich auf. »Meine Pflicht als dálaigh besteht darin, die Wahrheit in dieser Angelegenheit zu ermitteln.«
    »Du hast die Tatsachen vernommen, und es sind viele.«
    »Die Unwahrheit reicht oft weiter als die Wahrheit«, sagte Fidelma; ihr war ein Ausspruch ihres Mentors, des Brehons Morann, eingefallen.
    Von fern erklang eine Glocke, die zum mittäglichen Angelusgebet rief.
    Äbtissin Fainder erhob sich ebenfalls. »Ich muß meinen Pflichten nachkommen.«
    »Eine Frage noch zuvor: Wo finde ich die Zimmer des Abts Noé?«
    »Noé?« Die Frage schien Äbtissin Fainder zu überraschen. »Dies ist nicht mehr der Hauptsitz des Abts, wenn er auch noch eine Wohnung hier hat. Er hat jetzt Räume im Palast des Königs inne, aber dort wirst du ihn nicht finden. Er ist gestern aus Fearna nach dem Norden abgereist. Man erwartet ihn erst nach einiger Zeit zurück.«
    »Nach dem Norden?« Fidelma war enttäuscht.
    »Weißt du, wohin er wollte?«
    »Die Reisen von Abt Noé gehen mich nichts an.« Fidelma neigte den Kopf und verließ das Zimmer der Äbtissin. Als sie den kleinen viereckigen Hof erreichte, blieb sie instinktiv im Schatten einer Nische stehen. Kurz darauf kam die Äbtissin aus ihrem Zimmer und eilte über den Hof. Sie ging nicht zu der Kapelle, in der sich die Mitglieder der Gemeinschaft zum Mittagsgebet versammelten, sondern verschwand durch eine Seitentür.
    Fidelma folgte ihr in einigem Abstand. Als sie die Holztür öffnete, stellte sie fest, daß es die Verbindungstür zu einem weiteren Hof war, zu dem, dessen Tor auf den Kai hinausging. Sie trat rasch hinter die Tür zurück, die sie etwas offen ließ, denn in der Mitte des Hofs stieg die Äbtissin gerade auf ihr Pferd. Sonst war niemand zu sehen. Dann ritt die Äbtissin im Schritt zum Tor hinaus. Fidelma war verblüfft, daß die Äbtissin ihre Abtei in dem Augenblick verließ, in dem die Angelusglocke die Gemeinschaft zur Andacht rief. Sie fragte sich, was wohl so wichtig wäre, daß sie fort mußte.
    Fidelma lief rasch über den Hof zu dem noch offenen Tor zu den Kais. Sie schaute sich nach beiden Seiten um, aber von der Äbtissin und ihrem Pferd war nichts mehr zu sehen. Gleich hinter dem Tor mußte die Äbtissin ihr Pferd in Galopp gesetzt haben, so schnell war sie verschwunden. Doch zu ihrer Überraschung erblickte Fidelma Enda, der zu Pferde aus dem Schatten der Abteimauern auftauchte und gemächlich am Flußufer entlangtrabte. Offensichtlich folgte er der Äbtissin.
    Ein befreites Lächeln glitt über ihr Gesicht. Sie hatte beinahe vergessen, daß sie Dego und Enda gebeten hatte, herauszufinden, wohin die Äbtissin immer ritt, und diesen Auftrag hatte sie nicht widerrufen. Endlich würde Enda sie verfolgen und das Geheimnis lüften können.

Kapitel 11
    Auch nach ihrer Rückkehr ins Gasthaus zum Gelben Berg dachte Fidelma über Abt Noé nach. Sie war erstaunt, daß er es sich nicht angelegen sein ließ, zu dieser Zeit in Fearna zu bleiben. Sie hatte erwartet, daß er sowohl als Abt als auch als geistlicher Berater Fianamails eine größere Rolle in dem Geschehen spielen würde. Eadulf hatte ihr erzählt, daß er an der ersten Verhandlung teilgenommen hatte. Abgesehen von seiner angeblichen Unterstützung für die Übernahme der Bußgesetze war er jedoch bei den darauffolgenden Ereignissen nicht mehr in Erscheinung getreten.
    Warum sich Fidelmas Gedanken gerade mit Abt Noé beschäftigten, konnte sie eigentlich nicht sagen. Nach dem wenigen, was sie von dem reizbaren Abt wußte, überraschte es sie, daß er die Leitung seiner früheren Abtei einer Frau übertragen hatte, die die Gesetze des Landes ändern wollte. Ihrer Erinnerung nach hatte Abt Noé das Rechtssystem der Fénechus unterstützt. Doch aus früherer Erfahrung mit ihm wußte sie auch, daß er verschlagen war und die Intrige liebte. Sie fragte sich, ob er nicht vielleicht eine größere Rolle bei diesen geheimnisvollen Vorgängen spielte.
    Sie saß im Hauptraum des Gasthauses und grübelte darüber nach. Später wandten sich ihre Gedanken wieder dem Verschwinden Eadulfs aus der Abtei zu. Sie blieb vorsichtshalber bei dem Wort »Verschwinden«, denn sie traute weder Forbassach noch der

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