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090 - Die Totenwache

090 - Die Totenwache

Titel: 090 - Die Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Skelettkrieger verschwunden war. Er hat die Verfolgung auf genommen, dachte er entsetzt. Dabei war außer seinen eigenen Schritten nichts zu hören.
    Jetzt hatte er den Ausgang erreicht. Links und rechts war kein Schatten und keine Bewegung zu erkennen.
    Kurz entschlossen bog Norman in den dritten Gang auf der linken Seite. Er rannte an den Buchreihen vorbei. Die goldenen Schriftzüge auf den Lederrücken verwischten sich vor seinen Augen. Plötzlich blieb er mit dem linken Arm an einer Regalverstrebung hängen. Der Stoff seiner Jacke zerriß. Er befreite sich mit fliegenden Händen und verharrte für ein paar Sekunden lauschend.
    Es war nichts zu hören.
    Wo, zum Teufel, steckt das höllische Ding? fragte er sich erregt.
    Doch der apokalyptische Jäger gab kein Geräusch von sich. Er blieb verschwunden.
    Vielleicht will er mich nur in Sicherheit wiegen, dachte Norman.
    Trotzdem lief er weiter. Am Ende der Regalwand blieb er wieder stehen. Die Tür nach draußen war nur ein paar Meter entfernt. Sein Blick heftete sich auf den Türgriff. Nur ein paar Meter, und er war in Freiheit. Er würde die Tür hinter sich zuschlagen und niemals wieder ins Archiv zurückkehren. Norman zuckte zusammen. Hatte da eben nicht jemand gelacht? Nein, es herrschte Totenstille.
    Dann sprang Norman auf die Tür zu. Im selben Augenblick wußte er, daß er den größten Fehler seines Lebens gemacht hatte. Clay Barson hatte ebenfalls versucht, durch die Tür nach draußen zu entkommen. Er war gescheitert. Eine unbekannte Kraft hatte die Tür verriegelt.
    Norman warf den Kopf herum - und zuckte zusammen: Der Skelettkrieger stand unmittelbar hinter ihm! Die Kieferhälften klapperten, und das blitzende Schwert wurde hochgerissen. Unter dem roten Seidenumhang wölbten sich die glatten Knochen.
    Norman wußte, daß er am Ende war. Er hatte keine Kraft mehr für einen weiteren Fluchtversuch. Er nahm mit überdeutlicher Klarheit wahr, daß die gespenstische Klinge auf ihn zuschnellte. Jetzt mußte sie ihn berühren. Dann würde er sich ebenfalls auflösen.
    Normans Schrei wurde durch einen scharf akzentuierten Befehl unterbrochen: „Halte ein, Larsin… Es ist genug! Ich befehle es dir!"
    Norman hatte die Augen geschlossen. Als die Wirkung des erwarteten Schwertschlags ausblieb, riß er die Augen wieder auf. Er sah, daß die geheimnisvolle Frau langsam auf ihn zukam. Sie lächelte ihm freundlich zu. Der Skelettkrieger machte einen Schritt zur Seite und senkte die Schwertspitze. Norman nutzte die Gelegenheit und brachte einen Abstand von mehreren Metern zwischen sich und dem Skelettierten.
    „Ich bin Ys-Dahut, Norman! Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Mein Wächter wird dir nichts tun."
    Ihre Sprache klang melodisch und unsagbar fremdartig. Jedes Wort schien sich auf das letztgenannte Wort zu reimen. Das konnte kein Zufall sein. Vielleicht lag irgendeine magische Bedeutung darin. Doch Norman wunderte sich nicht über die eigenartige Sprache - er fragte sich, weshalb er sie verstehen konnte.
    „Warum verschonst du mich, Prinzessin?"
    Sie sah ihn aus ihren wunderbaren Augen ernst an. Ihr Blick versenkte sich in sein Innerstes, und zu seinem Erschrecken erkannte er, daß er ihr rettungslos verfiel. Er sträubte sich nicht dagegen. Er überließ sich willig ihrer verführerischen Ausstrahlung.
    „Ich brauche deine Hilfe, Norman", sagte sie leise und katzenhaft. „Du wirst mir noch mehr Opfer zuführen."

    Ich kehrte wie in Trance in die Jugendstilvilla zurück.
    In meinem Kopf dröhnte das Ticken der Lebensuhren. Mal schwächer, mal wieder stärker. Das auf- und abschwellende Geräusch erinnerte mich nicht nur an die makabren Erlebnisse im Haus von Mother Goose, sondern auch daran, daß ich ein sterblicher Mensch war.
    Ich war der Dämonenkiller.
    So nannten mich meine Freunde und meine Feinde. Dennoch war ich verwundbar wie jeder andere Sterbliche auch. Vielleicht mit dem kleinen Unterschied, daß ich Mittel und Wege kannte, wie man dem Bösen beikommen konnte. Doch das war auch schon alles.
    Ich hatte das Ticken meiner Lebensuhr vernommen. Ich hatte sie angehalten, und ich hatte den furchtbaren Schmerz in meinem Innersten gespürt. Es war eine Vorahnung meines Todes gewesen. Ich konnte mich nur schwer mit dem Gedanken abfinden, daß der Tod etwas Unabwendbares war. Ich klammerte mich an die Hoffnung, daß ich vom unergründlichen Schicksal eine neue Existenz erhalten würde, wenn es soweit war. Vielleicht würde ich wiedergeboren. werden,

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