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090 - Moerderische Knochenhaende

090 - Moerderische Knochenhaende

Titel: 090 - Moerderische Knochenhaende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Sky
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Baum und hoffte, daß man ihren hellen Morgenrock in der Dunkelheit nicht erkennen würde. Sie mußte an den Mörder denken, der in der Kapelle das Mädchen aus dem Dorf getötet und ihr die Augen gestohlen hatte. Die Augen waren bernsteinfarben gewesen, wie ihre eigenen.
    Hatte die rätselhafte Erscheinung das gemeint? Sollte auch sie ermordet werden? Bedrohte sie ein Geistesgestörter, der ihre Augen haben wollte?
    Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie versuchte, die Dunkelheit mit ihren Blicken zu durchdringen, und sie wagte es nicht, sich von der Stelle zu bewegen. Der Mann mußte sich unmittelbar bei der Kapelle befinden, damit versperrte er ihr den Weg zum Schloß.
    Sie überlegte, ob sie um Hilfe rufen sollte, sah dann aber ein, daß sie das nicht tun durfte. Der Mann wäre schneller bei ihr gewesen, als jeder andere aus dem Schloß. Sie konnte nur warten.
    Da trat der Mann aus dem Schatten der Kapelle hervor. Er ging direkt auf Julia zu, die hinter dem Baum stehenblieb.
    „Julia?“
    Sie erkannte die Stimme, es war Carlotta Vespari.
    „Carlotta?“ Sie lief auf die Erzieherin zu und begriff plötzlich nicht mehr, daß sie sie für einen Mann gehalten hatte. „Oh, Carlotta, ich bin ja so froh.“
    Die Erzieherin legte ihr den Arm um die Schulter.
    „Was machst du nur, Julia? Was treibst du hier draußen?“
    „Woher wußten Sie, daß ich hier bin?“
    „Ich wußte es nicht, ich sah dich zufällig, als du in den Park gingst, und ich habe mich gewundert. Ich konnte mir nicht vorstellen, was du mitten in der Nacht hier tun würdest, deshalb bin ich dir nachgegangen. Ich habe mir Sorgen gemacht.“
    „Oh, Carlotta.“ Julia schluchzte.
    Die beiden Mädchen gingen auf das Schloß zu.
    „Haben Sie auch die Frau gesehen?“
    „Du warst allein.“
    „Eine Frau war da, sie hat mich aus dem Schloß geholt und auf den Friedhof geführt.“ Jetzt sprudelte es nur so aus Julia heraus. Sie erzählte alles, was sie erlebt hatte. Carlotta Vespari ließ sie reden, weil sie wußte, daß das Mädchen damit seine Spannungen und Ängste abbauen konnte.
    Sie erreichten das Schloß und betraten die Halle. Julia atmete sichtlich auf, als die große Tür hinter ihnen zufiel.
    „Wir beide gehen morgen früh noch einmal zum Friedhof und sehen uns alles an“, erklärte Carlotta Vespari.
    „Sie hat gesagt, daß ich nur noch zwei Tage und zwei Nächte zu leben habe.“
    „Das ist doch Unsinn, nimm diese Drohung nicht ernst, Julia. Alles wird gut werden.“
    „Aber ich habe Angst.“
    „Das kann ich verstehen. Bist du sicher, daß du die Frau wirklich gesehen hast?“
    „Absolut sicher. Und ich irre mich auch nicht, wenn ich sage, daß sie sich in Luft aufgelöst hat. Ich bin nicht verrückt, Carlotta, ich weiß, was ich sage.“
    „Ich glaube dir, Julia.“
    Die Erzieherin führte das Mädchen die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer und bestand darauf, daß sie sich ins Bett legte.
    „Du kannst ja das Licht brennen lassen, wenn du Angst hast, Julia.“
    „Bitte, Carlotta, können Sie nicht bei mir bleiben, bis ich eingeschlafen bin?“
    „Gut, ich bleibe.“
    Sie setzte sich auf einen Stuhl und griff nach einem Buch. Julia legte sich auf die Seite und schloß die Augen. Wider Erwarten dauerte es nicht lange, bis sie eingeschlafen war.
    Carlotta Vespari erhob sich und ging lautlos hinaus.
     

     
    In den Räumen der Marchesa brannte noch Licht.
    Carlotta trat leise an die Tür heran und horchte. Ein unangenehmer Schwefelgeruch stieg ihr in die Nase. Sie überlegte kurz, dann eilte sie zu dem Fenster, das zum Balkon führte, öffnete es, stieg hinaus und schob sich an der Wand entlang.
    Vor einem der Fenster kauerte eine schwarze Katze. Carlotta erschrak, als sie sie miauen hörte.
    „Mussolini“, sagte sie seufzend. „Was treibst du hier?“
    Sie strich der Katze sanft über das Fell und näherte sich dann einem erhellten Fenster. Es war geschlossen, dennoch konnte sie die Stimme von Luisa di Cosimo hören, die mit irgend jemandem zu sprechen schien. Vorsichtig blickte sie in das Zimmer, bereit, sofort zurückzuweichen, falls die Marchesa in ihre Richtung sehen sollte.
    Die Marchesa kauerte auf dem Fußboden. Vor sich hatte sie aus weißen und gelben Bändern einen fünffach gezackten Stern errichtet, der sich vom Boden zur Decke und von Wand zu Wand spannte und so den Raum in zwei gleiche Hälften teilte. Davor schwelte ein Feuer, von dem gelblicher Rauch aufstieg. Carlotta Vespari vermutete, daß davon der penetrante

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