0900 - Für Teufel, Gold und Templer
hörst du?«
»Es ist kein Beweis.«
»Doch, doch…«
»Nein, Richard. Sie müssen sich beherrschen und daran denken, daß es viele Menschen gibt, die einen dunklen Mantel zu dieser Jahreszeit tragen. Es kann alles anders sein.«
»Das glaube ich nicht.«
»Doch!«
Menzel drehte sich um. Sein Gesicht war vor Aufregung rot angelaufen.
»Wir müssen in diese Kirche hinein, Suko, und den verdammten Hundesohn stellen. Uns bleibt keine andere Wahl. Der ist gefährlich und räumt alles aus dem Weg, was ihn stören kann. Denk doch daran. Wir können ihn nicht laufenlassen.«
»Warte es ab, bitte.«
»Wie lange denn?«
Suko lächelte, weil er hoffte, daß diese Geste den anderen beruhigte.
»Sie dürfen nicht vergessen, Richard, daß sich auch John Sinclair in der Kirche befindet. Und er weiß schon, was er tut, darauf können Sie sich verlassen. Wir sind beide nicht blauäugig, auch der Abbé sollte Ihnen das gesagt haben.«
Menzel nickte. »Ja, das stimmt schon, ich weiß es ja.« Er deutete auf das Fenster. »Was dahinter passiert, ist alles so neu für mich. Außerdem habe ich bewußt noch nie einen Mörder aus nächster Nähe gesehen. Das müssen Sie verstehen.«
»Ist mir klar.«
»Was tun wir denn?«
»Wir geben John Rückendeckung.«
Damit war der Franzose nicht einverstanden. »Sollen wir denn nur hier draußen warten und durch das Fenster schauen? Was ist, wenn dort drinnen etwas passiert?«
»Greifen wir ein.«
»Von hier aus?«
»Ja!«
»Aber es ist besser, wenn wir hineingehen und…«
»Vergessen Sie nicht, daß die Tür knarrt. Man wird uns hören. Bis jetzt haben wir es noch gut, Richard. Dieser Dacry weiß nicht, daß wir als Rückendeckung mitgekommen sind, und das ist auch gut. Wir sorgen schon für die nötige Überraschung, wenn es sein muß.«
Davon war Menzel nicht überzeugt, er hielt sich aber zurück und sagte nichts.
Sie schauten wieder durch die Scheibe. Suko mußte dem jungen Mann recht geben, viel war nicht zu erkennen, und was sie sahen, das war einfach zu verschwommen, obwohl sie die Scheibe schon dort gesäubert hatten, wo sie standen. Zudem hatten sich beide wegen der Höhe des Fensters auf die Zehenspitzen stellen müssen, um wenigstens über den unteren Rand hinwegschauen zu können.
Richard startete einen letzten Versuch. »Sollen wir es nicht doch wagen?« fragte er.
Suko war überzeugt. Ihr Platz gehörte wirklich nicht zu den besten Beobachtungsposten. »Okay, wagen wir es.«
»Das ist gut.«
Sie mußten ein Stück um das runde Gemäuer der Kirche herumgehen, bevor sie den Eingang erreichten. Beobachtet wurden sie nicht. Der Verkehr lief an diesem Flecken Erde vorbei, und kaum jemand interessierte sich für die alte Kirche. In London gab es genügend geschichtsbelegende Bauten, die für eine Besichtigung interessant waren, die alte Templer-Kirche war längst in Vergessenheit geraten.
Sie blieben vor der Tür stehen. Menzel blickte Suko an, und der Inspektor las die Frage in den Augen. Er gab auch eine Antwort. »Ich werde als erster gehen.«
»Gut, ja, tun Sie das?«
Suko kannte sich aus. Er wußte, daß sich die Tür nicht lautlos öffnen ließ, und der Schall würde die Anwesenden auf ihn aufmerksam machen.
Die Klinke war so kühl, als wollte sie die kalte Botschaft der Toten aus dem Jenseits rüberbringen. Behutsam zog Suko die Tür auf. Noch knarrte sie nicht. Er versuchte es weiter, und das erste Geräusch entstand. Er verzog den Mund - und hörte gleichzeitig ein zweites Geräusch.
Es war ein leiser Schrei. Und der war aus der Kirche gedrungen, wobei der Schrei überging in eine schrille Stimme. Es war die eines gewissen Duc Dacry…
***
»Nein, das stimmt nicht! Das darf nicht wahr sein! Sie sind das nicht, Sinclair!«
Ich hörte gar nicht hin, sondern konzentrierte mich einzig und allein auf den Kopf. Nicht nur Dacry war von der Antwort geschockt worden, auch mich hatte sie hart getroffen. Ich war darauf nicht vorbereitet gewesen, denn das war für mich ein Schock.
Meine Gedanken drehten sich wie im Kreis. Immer wieder blieben sie bei den beiden Namen Hector die Valois und John Sinclair hängen. Wieso kannte er mich unter dem Namen des Mannes, der ich einmal in einem anderen Leben gewesen war?
Darauf konnte es nur eine Antwort geben.
Er kannte das Kreuz. Er wußte, daß es sich einmal im Besitz dieses Hector de Valois befunden hatte. Nun besaß ich es, aber die Ausstrahlung war die gleiche geblieben. Nur deshalb hatte es zu dieser
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