0900 - Für Teufel, Gold und Templer
Augenblick ihre spitzen Nägel in eine Beute schlagen. Das war er also!
Ich wandte meinen Blick ab und drehte den Kopf nach rechts, wo der Besitzer stand.
Auch Duc Dacry hatte mich nicht aus den Augen gelassen. Zum erstenmal sah ich ihn richtig aus der Nähe. Er trug einen dunklen Mantel, aber keinen Hut auf dem schwarzen Haar. Seine Haut sah aus wie heller Teig, in dem die dunklen Augen auffielen. Dacrys Kinn wirkte wuchtig, die Nase war relativ lang.
»Zufrieden?« fragte er mich.
»Noch nicht ganz.«
»Was fehlt denn noch?«
Ich deutete auf den Schädel. »Nun ja, ich hörte, daß er sogar sprechen und in die Zukunft schauen kann. Zumindest wird in der Legende davon berichtet.«
»Es ist keine Legende!« bekam ich zur Antwort, »sondern eine Tatsache.«
»Ich kann es kaum glauben.«
»Das glaube ich, Sinclair. Aber wie wäre es, wenn Sie einen Test unternehmen?«
»Und der wäre?«
»Sprechen Sie ihn an.«
»Ist eine Möglichkeit.«
»Sagen Sie ihm, was Sie wollen. Fragen Sie ihn auch, er wird Ihnen antworten.«
Da war ich mir nicht so sicher. Nicht, weil ich nicht daran glauben wollte, sondern weil ich den leichten Druck und auch die Wärme auf meiner Brust spürte, die von meinem Kreuz ausging. Dieser Talisman hatte genau gespürt, daß sich zwischen den Wänden dieser Kirche etwas eingenistet hatte, das zur anderen Seite gehörte und möglicherweise auf der des Teufels stand.
»Hat er Ihnen geantwortet, Dacry?«
»Sicher.«
»Was sagte er?«
Der Anwalt kicherte. »Sie glauben doch nicht im Ernst, daß ich Ihnen gegenüber dieses Geheimnis preisgeben werde. Nein, Sinclair, er wird Ihnen sicherlich andere Dinge sagen als mir, und deshalb sollten Sie schon Ihre eigenen Fragen stellen.«
»Da haben Sie recht.«
»Fangen Sie an! Ich bin wirklich gespannt, denn Sie sind ja nicht unbekannt, was magische Phänomene und deren Aufklärung angeht. Ich warte darauf, wie der sprechende Kopf zu Ihnen steht. Es ist auch für mich ein Test.«
Ich glaubte ihm, daß er es ehrlich meinte. Duc Dacry besaß den Kopf noch nicht lange genug, um all seine Geheimnisse zu entdecken.
Sicherlich setzte er auch auf ihn. Er wollte, daß mich dieser Schädel ablehnte und mir feindlich gegenüberstand.
Ich hoffte, daß uns Suko und auch Richard Menzel im Auge behielten, denn Dacry würde, falls etwas nicht so lief, wie er es sich vorgestellt hatte, durchdrehen.
»Ein Tip noch, Sinclair. Fangen Sie mit einfachen Fragen an. Er antwortet zumeist mit Ja oder Nein.«
»Danke, ich werde mich danach richten.«
»Ich bin gespannt!« flüsterte der Anwalt.
Das war ich auch, und sogar mehr als das. Ich hatte mir die erste Frage schon zurechtgelegt, die sich indirekt allein auf seine beiden roten Augen bezog. »Siehst du mich?«
Schweigen.
Ich starrte ihn an, wiederholte die Frage und sah das leichte Zucken seines Mundes. »Ja!«
Zum erstenmal hatte ich die Stimme gehört und dachte darüber nach.
Sie hatte tatsächlich menschlich geklungen, aber der metallische Unterton war nicht zu überhören gewesen. Das hatte schon maschinell oder roboterhaft geklungen. Auch ich konnte nicht vermeiden, daß mir ein Schauer über den Rücken rann, aber ich riß mich zusammen, auch wegen des Anwalts, denn ich wollte mir keine Blöße geben.
»Weißt du, wer ich bin?«
»Ja!«
Diesmal war die Antwort so plötzlich gekommen, daß ich mich selbst erschreckte.
»Dann kennst du mich also?«
»Ja!«
»Dann bist du auch darüber informiert, wie ich heiße?«
»Ja.«
»Du kennst also meinen Namen?«
»Ja!«
»Sag ihn mir!«
Diesmal folgte die Antwort nicht so prompt. Ich fühlte mich wie auf einem Nadelkissen sitzend. Ein rascher Blick zu Dacry sagte mir, daß auch er wie unter Strom stand. Er konnte seine Hände nicht ruhig halten. Das dünne Leder der Handschuhe schabte übereinander und verursachte leise, quietschende Geräusche.
Diesmal bewegte sich der Mund heftiger. Er zitterte plötzlich, und dann hörte ich die Antwort, die mich fast von den Beinen riß.
»Du bist Hector de Valois!«
Neben mir schrie der Anwalt auf!
***
Suko hatte Mühe, den jungen Mann neben sich zurückzuhalten, der sein Gesicht so hart gegen die Scheibe gepreßt hielt, als wollte er sie jeden Moment durchbrechen. »Verdammt, Suko, das ist der Killer, das ist er! Ich weiß es. Die Zeugen haben ihn beschrieben, und sie haben mich ja auch entlastet. Der Killer hat einen dunklen Mantel getragen - wie dieser verdammte Anwalt auch. Einen dunklen Mantel,
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