0901 - Aibons Hexenfalle
mir Brian nicht zu sagen. Ich sah ihn selbst, wollte ihn fassen und sprang deshalb in die Höhe. Der Faden war zu schnell. Er entwischte mir. Ich sah einen letzten Reflex durch die Luft tanzen, dann war er weg.
Brian wollte den Faden einfangen. Er leuchtete in die Höhe. Der Strahl war breit und kräftig, er bewegte sich hin und her, ein zuckender Arm, der leider ins Leere stach.
»John, er ist weg. - Scheiße!«
»Ja. Und trotzdem sind wir hier richtig.«
Brian drehte sich und breitete die Arme aus. »Hier irgendwo ist das Nest?«
Ich nickte und leuchtete ihn gleichzeitig an, denn mir war der dunkle Fleck auf seiner Wange aufgefallen. »He, was ist das?«
»Wieso? Ach ja, da im Gesicht.« Britton grinste. »Ob du es glaubst oder nicht, dieser Faden hat mich erwischt. Es kam mir vor, als hätte jemand das schmale Blatt einer Laubsäge durch meine Haut gezogen.« Er tupfte mit der Fingerspitze dagegen. »Da, es blutet sogar.«
Das war nicht zu übersehen. Brian wischte seine Finger an einem Taschentuch ab und gab mit kehliger Stimme seine Bedenken preis.
»Ich habe ja schon bei einer flüchtigen Berührung diesen Schmerz verspürt. Stell dir mal vor, du wirst von diesem Zeug eingewickelt. Das brennt dir ja durch bis auf die Knochen.«
»Und löst die Haut ab.«
Brian nickte. »Wie bei den drei Verschwundenen oder bei den Opfern schon gehabt. Eine klebrige Masse wurde gefunden, und wenn ich mich recht erinnere, hat dieses Zeug kurz geklebt.« Er senkte seine Stimme.
»Wir sind nahe dran, John, verdammt nahe sogar.«
Dem wollte ich nicht widersprechen. Aber wo mußten wir suchen? Hinter den Garagen, wo keine Häuser mehr standen und das freie Feld begann? Es war eine Möglichkeit und vielleicht sogar die einzige, die wir im Moment hatten.
Auch Brian hatte gegen diesen Vorschlag nichts einzuwenden. Wir fanden einen schmalen Weg, der an den Garagen entlangführte, so daß wir die Rückseiten der Häuser erreichten. Fäden hatten wir nicht entdeckt, auch nichts gespürt, keine zarte Berührung an Gesicht oder Händen, es blieb normal.
Brians kleine Wunde sprach dagegen. Ihn hatte es erwischt, aber wir erwischten den Übeltäter nicht. Im Schein der Lampen sahen wir nur das flache Feld - und, wenn wir uns drehten, die hinteren Gärten, die zu den Häusern gehörten.
An dieser Seite befanden sich die Wohnräume der Hausbesitzer. Aus deren Fenstern drang der Lichtschein und verteilte sich in den winterlichen kahlen Gärten. Soviel wir erkennen konnten, lag vor uns auch eine kahle Fläche. Das Feld war flach, es gab so gut wie keine Deckung. Hier und da wuchs ein Busch hoch, ansonsten breitete sich das Gras auf dem lehmigen Boden aus.
Da war nichts.
Auch keine dieser Spinnweben, die im leichten Nachtwind schaukelten.
Die Luft war klar, wir erlebten keine Berührung, alles schien ein Spuk zu sein und weit, weit weg.
Ich ließ meine kleine Lampe wieder verschwinden. Nur Brian leuchtete noch, war aber wütend, wie ich seiner brummigen Stimme entnehmen konnte. »Wer immer hier auf uns wartete, John, er ist verdammt raffiniert und hat ein perfektes Versteck.«
»Stimmt.«
»In der Erde, in der Luft?« Er atmete heftig. »Ich komme damit nicht mehr zurecht. Das übersteigt mittlerweile mein Fassungsvermögen. Irgend jemand spielt mit uns.«
Eine Antwort gab ich ihm nicht mehr, denn plötzlich war alles anders. Zugleich hörten wir den Schrei, und wir wußten sofort, wo er aufgeklungen war.
Im letzten Haus in der Reihe!
***
Was war das?
Ted Borner glaubte, irrsinnig zu werden, den Verstand zu verlieren, denn was er da zu Gesicht bekam, das durfte es einfach nicht geben. Das war der reine Wahnsinn, das konnte nicht stimmen, das bildete er sich ein.
Aber die Tür bewegte sich, und das wiederum war keine Einbildung. Sie bewegte sich, sie wurde von innen noch weiter aufgezogen, damit die Gestalt im Flur zu sehen war. War es eine Frau? War es einfach nur eine Erscheinung? Oder war diese Person ein Wesen aus einem Film? Eine Schauspielerin, die sich umgezogen hatte, um für einen Auftritt zu glänzen?
Sosehr sich der Mann mit all diesen Dingen beschäftigte, eines war ihm plötzlich klargeworden. Er wußte, daß er es hier mit einem lebenden Wesen zu tun hatte, und zwar mit jemandem, der nicht zu fassen und zu erklären war.
Eine Spinnenfrau?
Ihm schössen zahlreiche Gedanken durch den Kopf, während er versuchte, sich auf die Person zu konzentrieren. Sie trug keine Kleidung, trotzdem war sie nicht nackt. Ihr
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