0901 - Aibons Hexenfalle
Körper war mit zahlreichen Fäden oder kleinen Ketten behangen. Die Haut hatte einen dunklen Ton bekommen, schimmerte leicht violett, ohne daß es sich bei der Person jedoch um eine Farbige handelte. Eine wilde Flut aus Haaren umrahmte ihn, ein Stirnband schimmerte dunkel, es mochte aus Metall sein. Auf ihm wuchs eine grazile Krone, von der wiederum zahlreiche Fäden abzweigten.
Ein blasses Gesicht mit grünen Augen und Lippen, die ebenfalls so dunkel waren wie der Körper.
Und der war eingehüllt in das Netz, in die Ketten, war aber auch von den dünnen Spinnweben umgeben, die sogar aus den Enden der gespreizten Finger hervordrangen.
Diese Person konnte es nicht geben. Ted wollte es nicht glauben, aber es war keine Spinnerei, er brauchte nur an seine Frau zu denken, die er tot auf dem Bett liegend und völlig verändert gefunden hatte. Das war ebenfalls keine Halluzination gewesen, sosehr er sich eine solche auch gewünscht hätte.
Und die Frau hier war auch echt!
Er hatte Schwierigkeiten, die Person als Frau anzusehen, trotz ihres perfekten Körpers. Sie war ein Monstrum, das sich durch Spinnennetze wärmte. Die schimmernde Haut, die Netze darüber, die Krone auf dem aschigen Haar. Die Person schien noch recht jung zu sein. Hier kam einiges zum anderen, da addierten sich gewisse Dinge, bis hin zu einer Grenze, die das menschliche Begriffsvermögen überschritt.
Es gelang Ted Borner auch nicht, mit dem Verstand zu arbeiten. Er hockte wie ein Häufchen Elend auf dem Boden und versuchte zunächst einmal, sich zu bewegen.
Es war nicht einfach, den rechten Arm zu heben. Der Körper war mit einer schweren Flüssigkeit gefüllt. Er hatte den Eindruck, als würden ihn bestimmte Gewichte am Boden festhalten, und die feine Schlinge, die seinen Hals umspannte, hatte er vergessen.
Die unheimliche Frau war einen Schritt nach vorn gegangen. Sie hatte das Bad restlos verlassen und stand jetzt im Flur, die linke Hand noch immer gespreizt. Von ihren Fingern strahlten die dünnen Spinnenfäden ab, die sich in alle Richtungen hin verteilten, im Prinzip aber auf den hockenden Mann zielten.
Fäden tanzten in der Luft. Sehr dünn, doch in der Masse wirkten sie beeindruckend. Sie tasteten sich durch die Luft, als wollten Sie feststellen, ob sich ihnen noch ein Widerstand in den Weg stellte.
Da aber war nichts. Leere, und das wußte auch die seltsame Frau, die plötzlich ihre linke Hand bewegte und damit auch die von den Fingern ablaufenden Fäden.
Gleichzeitig bewegte sich auch die feine Schlinge um Teds Hals. Er wußte nicht, ob er lachen sollte, als er bemerkte, daß sie sich von seiner dünnen Haut löste und wie ein roter Faden - rot noch von seinem Blut an der Brust entlang nach unten glitt.
Dieser Faden war weg.
Dafür kamen die anderen.
Sie schwebten näher. Sie bewegten sich über seinem Kopf. Sie waren nach unten gerichtet, und sie zuckten immer dann vor, wenn die geheimnisvolle Frau die Finger der linken Hand bewegte. Sie dirigierte die Fäden!
Überall verteilten sich die anderen hauchdünnen und flattrigen Fäden.
Sie beherrschten den Flur. Sie waren die Hüter, sie hatten das Haus in Besitz genommen, und dirigiert wurden sie einzig und allein von dieser nackten Person.
Ted warf ihr noch einmal einen Blick zu. Im Gegensatz zu ihm atmete sie nicht. Die Lippen lagen zusammen, zeigten aber ein geheimnisvolles und wissendes Lächeln, als wüßte sie genau, was in den folgenden Minuten auf ihr »Opfer« zukam.
Sie ging noch einen Schritt.
Das Licht umspielte ihre nackten Beine. In Höhe der Scham hatte sich das Netz aus Ketten oder Fäden - so genau war das nicht zu unterscheiden - verdichtet. Borner konnte sehen, daß diese Frau nicht eben schlank war. Sie hatte eine kräftige Figur und hätte auch dem Maler Rubens als Vorbild dienen können. Ihre mit Ketten behängten nackten Brüste waren prall und schwer.
Ketten entdeckte Borner auch an den Fußgelenken und an den Händen.
Doch die verfluchten Killerfäden waren noch zahlreicher. Sie durchzogen auch ihre Haare. Vielleicht machten sie die Flut deshalb so ungewöhnlich grau.
Ted Borner wußte nicht, wie lange er in seiner Haltung auf dem Flurboden hockte. Es konnten Stunden sein, das Zeitgefühl war ihm verlorengegangen, selbst die Erinnerung an das Schicksal seiner Frau war in ihm verblaßt. Er sah nur die fremde Frau, und er konzentrierte sich jetzt auf das Gesicht, weil sich der Mund dort bewegt hatte.
Die Unbekannte lächelte.
Es war ein bösartiges
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