0901 - Aibons Hexenfalle
erreicht und standen vor einem verschlossenen Eingang.
Der Schrei hatte sich nicht wiederholt. Er war plötzlich wie abgeschnitten gewesen, als hätte man einem Menschen brutal die Luft geraubt. Aber wir hatten uns nicht geirrt, und das stand auch fest. In diesem Haus befand sich jemand in großer Not, und diese Not mußte in einem ursächlichen Zusammenhang mit den verdammten Fäden stehen. Für uns gab es da keine andere Möglichkeit, als das Fenster einzuschlagen, denn wir mußten in das Haus.
Ich hatte schon meine Beretta hervorgeholt und wickelte ein Taschentuch um die Waffe, damit der Schall etwas gedämpft wurde.
Beim zweiten Versuch brach die Scheibe. Der Knall war nicht zu überhören. Wir waren in Deckung gespritzt, um nicht von Restsplittern erwischt zu werden. Das meiste Glas segelte sowieso nach innen, in eine Küche hinein, wie wir überblicken konnten.
Ich stieg zuerst in das Haus. Brian folgte mir auf dem Fuß. Ich war schon an der Tür, als er hinter mir stehenblieb, etwas sagte, das ich nicht verstand, dann aber mit mir zusammen in den Flur stürmte, wo ebenfalls das Licht brannte.
Beide schauten wir sofort die Treppe hoch, die im vollen Schein der Lampe lag.
Unsere Augen wurden groß. Für einen Moment waren wir von der Rolle, denn am Ende der Treppe und schon von der letzten Stufe entfernt sahen wir die trampelnden Beine eines auf dem Rücken liegenden Mannes, der von irgendeiner Kraft in den Flur gezerrt wurde.
Für uns gab es kein Halten mehr. Ich drückte den Kollegen zurück, weil ich als erster oben sein wollte. Nicht aus Egoismus, denn ich besaß mein Kreuz, das eventuelle Fallen der Gegner zerstören konnte. Alles andere war jetzt unwichtig.
Ich fegte die Stufen hoch, hörte ein schreckliches Jammern und sah den Mann, der auf dem Boden lag, sich krümmte, aber am Leben war, was mir einen zusätzlichen Pusch gab.
Doch dieses Leben fand in einer Umgebung statt, die ich noch nicht begriff. Wohin ich schaute, sah ich die dünnen Fäden durch die Luft zucken und schwanken. Sie hatten das Haus erobert, sie waren die eigentlichen Herren, sie tanzten vor mir, aber sie griffen nicht nach mir.
Dafür griff ich nach ihnen.
Mein Kreuz zerstörte sie.
Eine Berührung reichte aus. Da die Fäden nicht einzeln agierten, sondern in einem Zusammenhang standen, breitete sich das Licht blitzartig aus.
Es war wie bei einer Wunderkerze, die jemand angezündet hatte.
Urplötzlich waren wir von tanzenden Lichtfunken umsprüht, die aber nicht an einer Stelle blieben, sich blitzartig und immer weiter ausbreiteten und das gesamte Gebilde zerstörten. Sie strahlten es regelrecht ab, und zurück blieb ein scharfer Geruch, den ich nicht einordnen konnte. Auf dem Boden lag ein weinender Mann, völlig mit den Nerven am Ende. Ich wollte mich später um ihn kümmern. Ich eilte mit langen Schritten auf eine offene Tür zu und fand mich in einem Bad wieder. Dort schaltete ich das Licht ein!
Niemand, von mir abgesehen, befand sich im Bad. Trotzdem überkam mich das Gefühl, nicht allein zu sein. Oder war jemand hier gewesen, der sich blitzartig verdrückt hatte, dessen Aura aber noch zu spüren gewesen war? Ich wußte es nicht.
Brian Brittons Stimme hörte ich aus dem unteren Teil des Hauses. Was er sagte, konnte ich nicht verstehen, jedenfalls wollte er nichts von mir.
Er sprach mit einer anderen Person. Ich ging davon aus, daß es Nachbarn waren, die er beruhigte, weil die Leute durch den Lärm der brechenden Scheibe aufgeschreckt worden waren.
Ich schnupperte wie ein Hase, der sich an einem fremden Gegenstand herantraute. Eine ungewöhnliche Luft umgab mich, die eigentlich nicht zu einem Bad paßte. Sie war so rein, aber auch scharf, als hätte jemand seinen Geruch hinterlassen. Jemand, der unser Erscheinen bemerkt hatte und dann schlagartig verschwunden war.
Ich kam mit dieser Luft nicht zurecht, nur war es müßig, nach einer Erklärung zu suchen. Es gab nichts mehr zu sehen, die Sache hatte sich vorläufig erledigt. Brian und ich mußten uns jetzt um die Folgen kümmern, und da gab es zum Glück diesen Mann, der im Flur lag und alles überlebt hatte.
Er hieß Borner, das hatte ich auf dem Klingelbrett an der Tür gelesen.
Ein letztes Mal schaute ich mich im Bad um, vergaß auch den Spiegel nicht, denn des öfteren schon hatte ich erlebt, daß aus Spiegeln irgendwelche Wesen getreten waren. Diesmal tat sich da nichts. Danach ging ich zurück in den Flur.
Brian Britton befand sich noch immer unten und
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